Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi jedoch, der laut Berichten der britischen Zeitung “Guardian” als “inkompetent, aufgeblasen und ineffektive” und mit einer Vorliebe für Partys beschrieben wird, nahm es mit Humor. Er habe “gut gelacht”, meldete die italienische Nachrichtenagentur ANSA am Sonntag unter Berufung auf Vertraute Berlusconis.
Viele Politiker erachteten die Enthüllungen als “widerwärtig” (Finnischer Außenminister Alexander Stubb) und “ganz schlimm und unappetitlich” (Deutscher Finanzminister Wolfgang Schäuble). Weniger scharf urteilte die EU. Eine Sprecherin der EU-Außenpolitikbeauftragten Catherine Ashton sagte am Montag in Brüssel: “Wir nehmen das zur Kenntnis, aber wir haben dazu keinen Kommentar.”
Die israelische Regierung erklärte, die Veröffentlichungen zeigten, dass die arabische Welt ihre Einschätzung des iranischen Atomprogramms teile. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte: “Zum ersten Mal in der Geschichte herrscht Einigkeit in der Region (…), dass die Hauptbedrohung der Iran und seine Aufrüstung sind.” Er bezog sich dabei auf Dokumente, nach denen mehrere arabische Länder den Iran als Gefahr bezeichneten und sogar US-Luftangriffe auf iranische Atomanlagen forderten.
Der iranische Staatspräsident Mahmoud Ahmadinejad seinerseits bezeichnete die veröffentlichten Dokumente als wertlos. “Diese Dokumente verfolgen bestimmte politische Ziele. Sie sind eine gewisse Art von Geheimdienst-Spiel und haben deshalb keine einzige legale Grundlage”, sagte Ahmadinejad bei einer Presse-Konferenz in Teheran.
Der irakische Außenminister Hoshiyar Zebari wollte sich am Montag nicht zu Einzelheiten äußern, sondern bezeichnete die Veröffentlichung lediglich als unpassend und nicht hilfreich. In den Dokumenten äußerten sich US-Vertreter unter anderem besorgt über den iranischen Einfluss im Irak.
Zurückhaltend gab sich auch Russland. Der Kreml betonte am Montagnachmittag, in den Wikileaks-Dokumenten sei “nichts Interessantes” enthalten. “Erfundene Hollywood-Figuren verdienen kaum einen Kommentar”, sagte Natalia Timakowa, Sprecherin des russischen Präsidenten Dmitri Medwedew, laut russischer Nachrichtenagentur RIA Novosti. In den diplomatischen Depeschen wird der russische Regierungschef Wladimir Putin mit Batman und Medwedew mit Robin verglichen.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete die Ernsthaftigkeit von Wikileaks als fragwürdig. Seine Regierung werde die Unterlagen aber prüfen, sagte Erdogan am Montag in Istanbul. Das Urteil der US-Diplomaten über den NATO-Partner mit der zweitgrößten Bündnis-Armee sei insgesamt verheerend, meldete der “Spiegel”. Die türkische Führung sei zerstritten. Außenminister Ahmet Davutoglu würde islamistischen Einfluss auf Erdogan ausüben.
Afghanistan bezeichnete die Veröffentlichung zwar als “unglücklich”, gab sich aber wenig beeindruckt angesichts der Einschätzung von Präsident Hamid Karzai als “schwache Persönlichkeit”, die von “Paranoia” getrieben werde. Derlei Kritik sei “nicht neu”, sagte Präsidentensprecher Wahid Omer. Auf die Beziehungen Kabuls zu Washington hätten die Depeschen keinen Einfluss. Pakistan beurteilte die Enthüllungen als verantwortungslos, wie ein Sprecher des pakistanischen Außenministeriums sagte.
Deutschland sieht die Veröffentlichung der Dokumente mit großer Sorge, fürchtet aber keine Beeinträchtigung der Beziehungen zu den USA. Die Enthüllungen zu bestimmten Weltregionen könnten “zu politischen Verwerfungen führen, die wichtige politische Prozesse stören”, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Aussagen über deutsche Politiker seien indes “nicht sehr interessant”.
Frankreichs Regierungssprecher Francois Baroin bezeichnete die Veröffentlichung als “Bedrohung der demokratischen Autorität und Souveränität”. Frankreich sei “sehr solidarisch” mit der US-Regierung. Die Opposition sieht in den Depeschen, in denen etwa Präsident Nicolas Sarkozy als “empfindlich und autoritär” eingestuft wird, keine Enthüllungen. “Es gibt kein Geheimnis, das man nicht schon kannte,” sagte Grünen-Chef Daniel Cohn-Bendit.
Großbritannien kritisierte die “nicht autorisierte Veröffentlichung” scharf. “Diese können der nationalen Sicherheit schaden, sind nicht im nationalen Interesse und können, wie von den USA angemerkt, lebensbedrohlich sein”, erklärte das Außenministerium. Premierminister David Cameron sicherte den USA weiterhin eine enge Zusammenarbeit zu.
Schwedens Außenminister Carl Bildt griff Wikileaks direkt an. Er befürchtet einen Schaden nicht nur für die US-Diplomatie sondern für die Diplomatie weltweit. Die schwedische Justiz lässt international nach Wikileaks-Gründer Assange fahnden. Gegen ihn wird dort wegen des Verdachts der Vergewaltigung und sexueller Nötigung von zwei Frauen ermittelt.
Die australische Polizei nahm wegen der Veröffentlichungen Ermittlungen gegen den 1971 geborenen Australier Assange auf. “Wir glauben, dass es eine Reihe von Gesetzesverstößen gegeben haben könnte”, sagte Generalstaatsanwalt Robert McClelland am Montag in Canberra. Wo sich Assange derzeit aufhält, ist nicht bekannt.
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