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Nordkorea feuerte Dutzende Granaten auf südkoreanische Insel

Die Spannungen zwischen Süd- und Nordkorea haben sich am Dienstag gefährlich zugespitzt. Das nordkoreanische Militär feuerte nach Angaben aus Seoul Artilleriegranaten auf die südkoreanische Insel Yeongpyeong.
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Das südkoreanische Militär habe das Feuer “zur Selbstverteidigung” sofort erwidert, Kampfjets nahmen Kurs auf die Insel im Gelben Meer, wie der Generalstab der südkoreanischen Streitkräfte mitteilte. Die südkoreanische Armee sei in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden.

Mindestens vier südkoreanische Soldaten seien verletzt worden, hieß es weiter. Nach Medienberichten wurde aber sogar ein Soldat getötet. Das südkoreanische Fernsehen berichtete, bei dem Angriff seien auch Bewohner der Insel verletzt worden. Dem Sender YTN zufolge leben auf der Insel zwischen 1.200 und 1.300 Menschen. Die Bevölkerung sei in Bunkern in Sicherheit gebracht worden. Einige Bewohner seien in Fischerbooten von der Insel geflohen, hieß es.

Mehrere Häuser auf der Insel gerieten in Brand. Das Fernsehen zeigte Bilder, wie Rauch von den Gebäuden aufstieg. Das genaue Ausmaß der Schäden war zunächst unklar. Laut einem Augenzeugen soll sich das Feuer, das 60 bis 70 Häuser erfasst habe, aber rasch ausbreiten.

Der südkoreanische Präsident Lee Myung-bak hielt eine Dringlichkeitssitzung mit seinen Sekretären in einem unterirdischen Bunker ab. Der Beschuss sei vermutlich eine Reaktion auf eine südkoreanische Militärübung, ließ er mitteilen. Nach Angaben eines Sprechers wies er an, Maßnahmen zu ergreifen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden. Der Sender YTN berichtete, die Regierung in Seoul habe mit einer entschiedenen Reaktion gedroht, sollte der kommunistische Nachbar seine Provokationen fortsetzen. Das Außenministerium wies unterdessen Berichte zurück, wonach man den Angriff vor die Vereinten Nationen tragen wolle.

Das südkoreanische Verteidigungsministerium teilte mit, das stalinistisch geführte Nordkorea habe am frühen Nachmittag (Ortszeit) begonnen, Dutzende von Artilleriegranaten über dem Gelben Meer Richtung Südkorea abzufeuern. Die meisten Geschoße sollen auf einem Militärstützpunkt auf Yeongpyeong niedergegangen sein. Das südkoreanische Militär habe daraufhin Artilleriestützpunkte an der nordkoreanischen Küste unter Beschuss genommen. Der Zwischenfall dauerte rund eine Stunde.

Das Militär erklärte, es sei der höchste Alarmzustand seit dem Ende des Korea-Kriegs von 1950 bis 1953 ausgerufen worden. Seitdem befinden sich die Länder offiziell noch im Kriegszustand, denn es wurde lediglich ein Waffenstillstandsabkommen aber kein Friedensvertrag geschlossen.

Aus dem Finanzministerium hieß es, man werde am Mittwoch eine Dringlichkeitssitzung abhalten. Auf die Finanzmärkte ausgewirkt hat sich die Eskalation schon: Deutsche Anleger kauften als sicher geltende Staatsanleihen. Der deutsche Bund-Future stieg um 35 Ticks auf 128,29 Punkte und folgte damit den US-Futures nach oben.

Die Lage auf der koreanischen Halbinsel war bereits vor dem neuerlichen Zwischenfall äußerst angespannt. Südkorea macht Nordkorea für die Versenkung eines seiner Kriegsschiffe im Gelben Meer verantwortlich. Bei dem Vorfall kamen im März 46 Soldaten ums Leben. Nordkorea bestreitet eine Verwicklung.

Die Regierung in Pjöngjang erkennt die von den Vereinten Nationen zum Ende des Korea-Krieges 1953 einseitig gezogene Seegrenze nicht an. Die Beziehungen zwischen Seoul und Pjöngjang waren in den vergangenen Jahren insbesondere wegen des nordkoreanischen Atomprogramms gespannt. Nordkorea hatte erstmals im Oktober 2006 und dann erneut im Mai 2009 Atomwaffen getestet. Kurz vor dem zweiten Test war Nordkorea aus den sogenannten Sechser-Gesprächen mit Südkorea, China, den USA, Russland und Japan über das Atomprogramm ausgestiegen. In den vergangenen Monaten signalisierte Pjöngjang allerdings wiederholt seine Bereitschaft, unter bestimmten Bedingungen an den Verhandlungstisch zurückzukehren. hatte vor wenigen Tagen einem amerikanischen Atomexperten zufolge die Fertigstellung einer neuen Anlage zur Urananreicherung verkündet. Der frühere Leiter des US National Laboratory in Los Alamo, Siegfried Hecker, erklärte am Samstag, er habe das Werk im Kernforschungszentrum in Yongbyon kürzlich besichtigt. In der Anlage seien erst vor kurzem 2.000 Zentrifugen installiert worden. Nordkorea produziere dort nach eigenen Angaben auf niedrigem Niveau angereichertes Uran für einen neuen Reaktor.

Nordkorea

Nordkoreas engster Verbündeter China äußerte sich besorgt. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking forderte beide Seiten auf, den Frieden zu wahren und zu den Sechs-Parteien-Gesprächen zurückzukehren. Auch Russland rief Nord- und Südkorea zu Besonnenheit auf: “Es ist wichtig, dass es nicht zur Eskalation kommt”, sagte ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter des Außenministeriums in Moskau am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax. “Die Lage darf sich nicht weiter verschärfen.” Wegen der zunehmenden Spannungen in der Region hatte Russland bereits vor Monaten seine militärische Präsenz im Grenzgebiet zu Nordkorea erheblich verstärkt.

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