Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) hat das Vorgehen der österreichischen Behörden im Mordfall des Tschetschenen Umar Israilov am Mittwoch scharf kritisiert. Politische und rechtliche Konsequenzen nach der Ermordung des Verfolgten würden fehlen, hieß es in einer Aussendung.
“Diese Vorgänge sind inakzeptabel für einen Rechtsstaat”, kritisierte ECCHR-Generalsekretär Wolfgang Kaleck die ablehnende Haltung der Justiz beim Ansuchen um einen Haftbefehl gegen Kadyrow. Dieser wollte während der Fußball-EM im Juni 2008 nach Salzburg reisen. “Österreich ist durch die UN-Folterkonvention zum Einschreiten in solchen Fällen verpflichtet.” Israilov habe keine Schutzbehauptungen erhoben, sondern präzise, schwerwiegende Aussagen mit vielen Details – Namen, Daten und örtlichen Beschreibungen – abgegeben, sagte Kaleck zur APA. “Die Justiz hat sich dafür nicht interessiert.” Die Lage sei offenbar völlig falsch eingeschätzt worden.
Noch viel schwerer wiege, die von den Behörden heruntergespielte Lebensgefahr für Israilov: Trotz Anhaltspunkten für einen politischen Auftragsmord habe die Polizei selbst wenige Tage vor dessen Erschießung auf offener Straße in Wien Personenschutz abgelehnt. Das Versagen der Behörden müsse lückenlos aufgeklärt werden.
Laut ECCHR hätte wegen Folter, Mord und Hinrichtungen rechtlich gegen Kadyrow vorgegangen werden sollen. Die Menschenrechtler wiederholten dabei bereits durch die Familie erhobenen Vorwürfe gegen den Präsidenten: Israilov wurde demnach von April bis Juli 2003 widerrechtlich gefangen gehalten, vom Präsidenten mehrfach persönlich gefoltert und für dessen Sicherheitsdienst zwangsrekrutiert. Währenddessen sei das Mordopfer Zeuge von Misshandlungen und Exekutionen durch Kadyrow und seine Gefolgsleute geworden.
Am 13. Juni 2008 habe man in Österreich gemäß dem Weltstrafrechtsprinzip und der UN-Antifolter-Konvention Anzeige gegen Kadyrow erstattet – mit Israilov als Kronzeugen. Gemeinsam mit österreichischen Anwälten habe man danach vergeblich versucht bei der Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen den Präsidenten der russischen Teilrepublik zu erwirken.
Der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl räumt am 22. Jänner bei einer Pressekonferenz eine Fehleinschätzung der Polizei ein: Die Behörden hätten Schutzmaßnahmen abgelehnt, weil sie kein konkretes Bedrohungsszenario erkannten. Ein politischer Hintergrund wurde bisher nicht bestätigt. Laut Staatsanwaltschaft ist das Motiv “in alle Richtungen hin offen”.
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