Die internationale Politik und Finanzmärkte reagierten mit großer Sorge auf die Entwicklung in dem hoch verschuldeten Land. Die Griechen straften die beiden Traditionsparteien, die konservative Neue Demokratie (ND) und die sozialistische PASOK, für das drastische Sparprogramm ab, das dem von der Pleite bedrohten Land von den internationalen Kreditgebern auferlegt wurde. Zusammen kamen sie auf gerade einmal 32,1 Prozent – weniger als die Hälfte ihres Ergebnisses von 2009 – und verfehlten knapp eine Mehrheit im Parlament: Sie schafften nur 149 von 300 Sitzen.
Sieben Parteien im Parlament
Neben ND und PASOK erreichten fünf weitere Parteien den Einzug ins Parlament, die allesamt den Sparkurs und die dafür gegenüber EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) eingegangenen Verpflichtungen ablehnen. Unter ihnen sind mehrere Linksparteien und die faschistische Partei Goldene Morgenröte (XA), die sich die Vertreibung aller Einwanderer aus Griechenland zum Ziel gesetzt hat.
Die Stimmung für Koalitionsgespräche war in Athen denkbar schlecht. Am Montag erteilte die “Linke Allianz” (DIMAR) einer Koalition mit Sozialisten und Konservativen eine Absage, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Sie hatte noch am ehesten als Partner für eine Fortsetzung des Sparkurses gegolten, hätte es entsprechende Zugeständnisse gegeben. Die Partei “Unabhängige Griechen” (ANEL), die sich von der Neuen Demokratie abgespalten hatte, und mit mehr als zehn Prozent ins Parlament einzogen, will sich gar nicht erst mit Samaras treffen, berichtete die Zeitung “Kathimerini” unter Berufung auf Parteikreise. Am Montagnachmittag wurde auch ein Treffen mit der nun zweitstärksten Partei SYRIZA erwartet, die allerdings bereits im Vorfeld eine Kooperation mit den Konservativen und Sozialisten kategorisch ausgeschlossen hatte.
Keine Koalition mit Kommunisten
Auch die Kommunisten (KKE) erklärten, auf keinen Fall für eine Koalition zur Verfügung zu stellen. Eine Zusammenarbeit mit den Faschisten hat Samaras nach Angaben aus Kreisen seiner Partei ausgeschlossen.
Nur unter internationalem Druck harrten die seit Jahrzehnten rivalisierenden Parteien ND und PASOK in den vergangenen Monaten in einer Übergangsregierung aus, die sich auf die Sparziele verpflichtete. Samaras kündigte an, seine Bemühungen um eine “Regierung zum nationalen Wohl” fortsetzen zu wollen. Es gehe um zwei Ziele: “Das Land in der Eurozone zu halten und die Maßnahmen zur Umsetzung der Sparvorgaben zu ändern.”
Sollte es Samaras nicht gelingen, binnen drei Tagen eine Regierung zu bilden, wäre die mit 16,5 Prozent zweitplatzierte SYRIZA-Partei unter ihrem Vorsitzenden Alexis Tsipras an der Reihe, der eine Linksregierung und ein Ende des Sparkurses anstrebt. Sollte auch er binnen drei Tagen scheitern, würde die PASOK unter Ex-Finanzminister Evangelos Venizelos den Auftrag erhalten. Schlägt auch dann die Regierungsbildung fehl, schließen Beobachter Neuwahlen nicht aus.
Neuwahlen wahrscheinlich
Der griechische Politologe hatte Dimitri Sotiropoulos bereits am Wahlabend einen neuerlichen Urnengang für wahrscheinlich erklärt. Der Professor der Universität Athen erklärte gegenüber der APA, die unüberbrückbaren Differenzen zwischen der Regierung und den anderen Parlamentsparteien würden zum Ansetzen eines neuen Votum binnen eines Monats führen. Erst die Aussicht auf Neuverhandlungen der Sparmaßnahmen mit der Troika, und eine klare Entscheidung für oder gegen eine abgemildertes Maßnahmenpaket mache eine Neuwahl sinnvoll. Dann sei es möglich, dass linke Parteien, die sich zuvor anders positioniert hätten, doch ein Bündnis mit den Regierungsparteien ND und PASOK eingehen könnten, um den Staatsbankrott Griechenlands abzuwenden.
International wurde am Montag auf eine Einheitsregierung in Griechenland gedrängt. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, es sei von großer Bedeutung, dass die Sparprogramme von Athen eingehalten würden. Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte, die Parteien müssten “Verantwortungsbewusstsein” zeigen und gemeinsam in einer stabilen Regierung zusammenarbeiten. Dann sei auch die weitere Unterstützung Griechenlands in seiner Schuldenkrise durch die EU gewahrt.
Faymann: “Scheitern der etablierten Parteien”
Bundeskanzler Werner Faymann (S) sieht in dem griechischen Wahlergebnis ein Scheitern der etablierten Parteien. Die Politik im Land habe “nicht erreicht, den Menschen zu sagen: ‘Hier ist eine Krise passiert, aber wir haben die Konsequenzen gezogen”. Es obliege nun den Griechen selbst, über das weitere Schicksal ihres Landes und besonders den Verbleib in der Eurozone zu entscheiden. Außenminister Michael Spindelegger (V) appellierte an die griechischen Parteien, den “Realitätssinn” zu wahren und den Sparkurs fortzuführen.
Die österreichische Opposition sieht in dem griechischen Votum einen Protestakt: Die Menschen hätten gegen das von oben oktroyierte Sparpaket revoltiert und der bisherigen griechischen Politik eine massive Abfuhr erteilt, sagte BZÖ-Chef Josef Bucher. Es handle sich um ein Entscheidung zum Ausstieg aus dem Euro. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erklärte, Griechenland sei “endgültig im Chaos” angekommen, das Land müsse nun aus dem Euro entlassen werden.
Börsen reagierten mit Verlusten
Die europäischen Börsen starteten als Reaktion auf die Wahl mit deutlichen Verlusten, in Athen fielen die Kurse kurz nach Öffnung sogar um 8,3 Prozent. Im Kampf gegen den drohenden Staatsbankrott haben EU und IWF Griechenland Kredite über 240 Milliarden Euro zugesagt – die Übergangsregierung hatte im Gegenzug die Einhaltung eines strikten Sparkurses zugesichert.
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