AA

Russland: Kampfjet-Abschuss war "geplante Provokation" und "Hinterhalt"

Empörung in Russland über Abschuss von Kampfjet durch Türkei
Empörung in Russland über Abschuss von Kampfjet durch Türkei ©EPA
Nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei halten die Spannungen zwischen Moskau und Ankara an. Russland wertet den Abschuss als "geplante Provokation".
Spannungen belasten Anti-Terror-Kampf
Putin droht mit Konsequenzen
Türkei schießt russischen Kampfjet ab

Putin bestätigte am Mittwoch, dass einer der Piloten überlebt habe – und schoss scharf in Richtung Ankara. Erdogan plädierte unterdessen für Deeskalation, kritisierte Moskau jedoch im gleichen Atemzug. Andere Staaten zeigten sich am Mittwoch über den Vorfall entrüstet und besorgt.

Lawrow: gezielter “Hinterhalt” der Türkei

“Wir haben ernsthafte Zweifel daran, dass dies unbeabsichtigt war”, sagte indes Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch in Moskau. Russland habe genügend Informationen, dass der Abschuss im türkisch-syrischen Grenzgebiet am Vortag geplant gewesen sei, sagte er nach einem Telefonat mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu. “Dies war ganz offensichtlich ein Hinterhalt: Sie warteten, beobachteten und haben einen Vorwand gesucht”, meinte Lawrow. Die Atommacht Russland werde jetzt nicht mit dem Nato-Land Türkei Krieg führen.

US-Regierungskreise: Jet in syrischem Luftraum abgeschossen

Türkische Kampfjets schossen am Dienstag ein russisches Militärflugzeug an der türkisch-syrischen Grenze ab. Moskau bestreitet die Vorwürfe Ankaras, die russische Maschine habe türkischen Luftraum verletzt. Aus US-Regierungskreisen verlautet nun, das russische Flugzeug sei wohl kurzzeitig über türkischem Territorium gewesen, aber nicht dort getroffen worden. Abgeschossen wurde der Jet vielmehr im syrischen Luftraum, sagte ein nicht namentlich genannter Behördenvertreter der Nachrichtenagentur Reuters.

Zweiter Pilot nach Abschuss in Sicherheit

Indes wurde mehr über das Schicksal der Piloten der russischen Maschine bekannt. Wie bereits am Dienstag bekannt wurde, soll einer der beiden Piloten, die sich per Schleudersitz retteten, von Rebellen getötet worden sein. Putin bestätigte am Mittwoch, dass der zweite Pilot überlebt habe. Der Soldat befinde sich auf der russischen Basis Hamaimim südlich von Latakia in Syrien, sagte der Kremlchef am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge. Libanesische Medien hatten berichtet, die syrische Armee habe den Mann in Sicherheit gebracht.

Russland verlegt S400-Flugabwehrsystem nach Syrien

Auch bestätigte der Kremlchef, dass der zweite Pilot bei dem Zwischenfall am Vortag ums Leben gekommen sei. Er kündigte zum Schutz der Basis die Verlegung des Flugabwehrraketensystems S-400 nach Hamaimim an.

Scharfe Töne zwischen Ankara und Moskau

Auch am Mittwoch gab es harte Töne zwischen Moskau und Ankara. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Mittwoch vor Geschäftsleuten in Istanbul, er wolle keine Konfrontation mit Russland. Allerdings betonte er, die Türkei habe mit dem Abschuss ihre eigene Sicherheit verteidigt und die “Rechte unserer Brüder in Syrien”.

Putin: Türkische Führung unterstützt “Islamisierung ihres Landes”

Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte laut russischen Nachrichtenagenturen, das Problem sei nicht der Abschuss der russischen Maschine – vielmehr sei problematisch, dass die gegenwärtige türkische Führung in den vergangenen Jahren die “Islamisierung ihres Landes” unterstützt habe. Er kündigte auch an, Russland werde seine Luftwaffenbasis in Syrien mit einem S-300-Raketensystem aufrüsten.

Erdogan für Deeskalation – aber…

Nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei hat der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan für eine Entschärfung des Konflikts geworben. “Wir denken definitiv nicht an so etwas wie eine Eskalation dieses Zwischenfalls”, sagte er nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwoch in Istanbul. “Wir verteidigen nur unsere eigene Sicherheit und das Recht unserer Brüder.” Laut Erdogan stellte sich erst nach dem Abschuss des Kampfjets heraus, dass es sich um ein russisches Flugzeug handelte.

Erdogan kritisierte erneut die Luftangriffe der Russen in der von der turkmenischen Minderheit besiedelten syrischen Grenzregion zur Türkei, in der das abgeschossene Kampfflugzeug operierte. “Es wird behauptet, sie würden dort gegen Daesch (die Terrormiliz Islamischer Staat/IS) vorgehen.” Dort sei der IS aber gar nicht vertreten. Die Türkei versteht sich als Schutzmacht der Turkmenen in Syrien.

Türkei “war immer auf der Seite von Frieden und Dialog”

“Die Türkei ist nicht auf der Seite von Spannungen, Krisen und Feindseligkeiten. Sie war immer auf der Seite von Frieden, Dialog und Diplomatie”, sagte Erdogan. “Wir werden diese Haltung auch weiterhin beibehalten.” Niemand könne aber erwarten, dass die Türkei eine fortwährende Verletzung ihrer Grenzen und ihrer Souveränität “stillschweigend und teilnahmslos” hinnehme.

Gemeinsames Militärkommando im Kampf gegen IS?

Vonseiten Russlands gab es aber auch Töne der Entspannung. Der russische Botschafter in Frankreich, Alexandre Orlow, schlug vor, Russland, die Türkei sowie die USA und andere Staaten könnten künftig für ihre Luftschläge auf die Terrormiliz IS ein gemeinsames Militärkommando einrichten.

Iran über Abschuss empört

Russlands Verbündeter Iran zeigte sich über den Abschuss empört. “Mit diesen falschen Signalen und Botschaften werden die Terroristen nur noch mehr ermutigt, ihre Terroroperationen in der Region und weltweit fortzusetzen”, sagte der iranische Außenamtssprecher Jaber Ansari in einer Erklärung.

Stoltenberg spricht von “ernster Situation”

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte nach einer Sondersitzung des Verteidigungsbündnisses am Dienstag vor einer “ernsten Situation”. Er würde weitere Kontakte zwischen Ankara und Moskau begrüßen, sagte er in einem Interview mit der deutschen “Zeit”.

Merkel warnt vor Eskalaktion

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel warnte vor einer weiteren Verschärfung der Spannungen. In einem Gespräch mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu habe sie am Dienstag darum gebeten, “alles zu tun, um die Situation zu deeskalieren”, sagte Merkel am Mittwoch im Bundestag in Berlin. (APA/dpa/red)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Politik
  • Russland: Kampfjet-Abschuss war "geplante Provokation" und "Hinterhalt"