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Mindestsicherung strafweise halbiert

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Zumindest ein wenig um Arbeit bemüht: Unterstützung für Arbeitslosen von Richter um 50 und nicht um 75 Prozent gekürzt.

Neue/Seff Dünser

Der türkischstämmige Vorarlberger ist seit einigen Jahren arbeitslos und bezieht daher Mindestsicherung. Weil er sich in der Vergangenheit zu wenig um Arbeit bemüht hat, wurde ihm die monatliche finanzielle Unterstützung bereits mehrmals um 25 und später um 50 Prozent gekürzt.

Für November 2017 hat der zuständige Sachbearbeiter der Dornbirner Bezirkshauptmannschaft die Mindestsicherung sogar um 75 Prozent verringert. Demnach sollte der Arbeitslose für seinen Lebensunterhalt nur noch 112,87 Euro erhalten. Zudem wurde von der Behörde für den Wohnbedarf die Miete von 509,06 Euro direkt an den Vermieter überwiesen.

Die Herabsetzung des Lebensunterhalts auf ein Viertel wurde im BH-Bescheid damit begründet, dass der Arbeitslose einen Termin beim Arbeitsmarktservice (AMS) nicht wahrgenommen und sich damit erneut arbeitsunwillig gezeigt habe.

Am Landesverwaltungsgericht Vorarlberg wurde jetzt der Lebensunterhalt für November 2017 nur um die Hälfte herabgesetzt und die Mindestsicherung mit 271,35 Euro bestimmt. Damit wurde der Beschwerde des Arbeitslosen teilweise Folge gegeben. Als Rechtsmittel gegen die zweitinstanzliche Entscheidung ist eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien möglich.

Warum er die Mindestsicherung nicht um 75, sondern lediglich um 50 Prozent gekürzt hat, begründete Richter Manfred Böhler in einem richtungsweisenden Rechtssatz so: „Eine Kürzung der Mindestsicherung um mehr als 50 Prozent ist nur ausnahmsweise und in besonders gravierenden Fällen zulässig. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn der Mindestsicherungsbezieher zumindest in Ansätzen Bemühungen zu einem zumutbaren Einsatz seiner Arbeitskraft gezeigt hat (hier: zumindest ein Bewerbungsgespräch, überwiegende Meldung beim AMS als arbeitssuchend).“

Allerdings ist es nach Ansicht des Verwaltungsrichters „wenig zielführend, wenn lediglich an einem einzigen Tag und unmittelbar vor Stellung des Mindestsicherungsantrages elf Bewerbungsgesuche abgeschickt werden und diese Gesuche teilweise für Stellen abgegeben werden, für die keine entsprechende Qualifikation vorliegt. Vielmehr wäre der Beschwerdeführer angehalten gewesen, sich während des gesamten Oktobers kontinuierlich um eine Stelle zu bemühen und Gesuche nur für solche Arbeitsstellen abzuschicken, für die er die entsprechende Qualifikation hat“. Deshalb sei die Mindestsicherung zu halbieren gewesen.

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