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"Marodeure und Terroristen": Die russische Seite der Krim-Krise

Es sind primär Bilder wie dieses von einer pro-russischen Demo in der östlichen Ukraine, die in Russland gezeigt werden.
Es sind primär Bilder wie dieses von einer pro-russischen Demo in der östlichen Ukraine, die in Russland gezeigt werden. ©AP
Mit einer beispiellosen Propagandakampagne wirbt Russland dieser Tage für sein Vorgehen im Krim-Konflikt - und trifft damit vor allem den Nerv jener, die der Sowjetunion noch immer hinterhertrauern.

Am Ende wurde sogar die Live-Übertragung der Oscarverleihung im letzten Moment den Berichten zur Krise in der Ukraine geopfert. Der Journalist Juri Gladilschtschikow, der eigentlich die Oscars für das russische Fernsehen kommentieren sollte, wurde mit den Worten abgespeist, im Morgenprogramm würden stattdessen “Politiker eingeladen”.

Über bezahlte Söldner in der Ukraine

Die Staatsmedien zeichnen ein Bild bewaffneter Marodeure, die in der Ukraine Terror verbreiten und das Schicksal der russisch verwurzelten Bevölkerung gefährden. Die Proteste im Land stellen sie als vom Westen unterstützt dar.

So präsentierte der Nachrichtensender Russland 24 etwa einen jungen Russen vor die Kamera, der angibt, für Geld der ukrainischen Opposition als Scharfschütze gedient zu haben. “Es sind Söldner dort aus verschiedenen Ländern, aus den USA, aus Deutschland”, sagt er, “und sie tragen alle dieselben Uniformen”.

Ex-Minister: “Propaganda außer Kontrolle”

Und nun seien diese Söldner eben auf dem Weg zur Krim, sagt daraufhin ein Moderator des Senders. Ihr Ziel sei dabei klar: “Sie wollen eine neue Welle der Krise provozieren und die Menschen heimlich ausrauben.” Der frühere Wirtschaftsminister Andrej Netschajew kommentierte die Medienmaschine auf Twitter mit den Worten: “Unsere Propaganda in den Staatsmedien ist wahrlich außer Kontrolle geraten.”

Keine Spur von ukrainischen Deserteuren

Einigermaßen entsetzt beobachtet die Welt derzeit, wie prorussische Paramilitärs Teile der Krim unter ihre Kontrolle bringen und Moskau tausende Soldaten auf die Halbinsel verlegt. Um das zu verteidigen, greifen die Medien offenbar auch in die Trickkiste: So verbreiteten russische Nachrichtenagenturen am Sonntag die Info, ukrainische Militärs auf der Krim seien “in Massen” desertiert und hätten ihre Einheiten im Stich gelassen. Das ukrainische Verteidigungsministerium dementierte.

Flüchtlinge standen vor “falscher” Grenze an

Sogar handfeste Patzer leistete sich die russische Kampagnenmaschine. Der Erste Kanal berichtete ebenfalls am Sonntag von tausenden Ukrainern, die angeblich Zuflucht in Russland suchten – und zeigte dazu deutlich Autos, die an einem Grenzübergang zu Polen standen. Ein Senator sprach seinerseits von 143.000 Ukrainern, die allein in den letzten beiden Februarwochen nach Russland geflohen sein sollen. Eine überraschende Zahl, die so zuvor noch nie aufgetaucht war.

Beschwörung der nationalen Einheit Russlands

Russlands Politiker tun ihr Übriges, um in der eigenen Bevölkerung für den harten Kurs gegenüber der früheren Sowjetrepublik zu werben. Hinter Präsident Wladimir Putin müsse eine nationale Einheit stehen, um die “Sicherheit” der Schwarzmeerflotte auf der Krim und natürlich der “russischen Bürger” dort zu gewährleisten, lautet die offizielle Version der Regierungspartei Vereintes Russland.

“Die Lage in der Ukraine schweißt die russische Gesellschaft zusammen” ließ dazu der Duma-Abgeordnete Leonid Sluzki über RIA Nowosti verlauten. “Alle sind einverstanden, dass wir unsere Mitbürger in der Ukraine beschützen.” Die russische Sprache und die Russen überhaupt dürften in der Ukraine nicht “ausgemerzt” werden. Auf der Krim spricht die Mehrheit der zwei Millionen Bewohner Russisch und viele beziehen ihre Informationen aus russischen Medien.

Vereintes Russland rief am Sonntag zu einer Unterstützungskundgebung für das “Brudervolk” in der Ukraine auf – laut Polizei kamen zu der Demonstration in Moskau 27.000 Menschen. Das Staatsfernsehen zeigte fleißig Protestierende, die russische und nationalistische Flaggen schwenkten. Eine nicht genehmigte Demonstration gegen eine russische Militärintervention in der Ukraine endete mit mehr als 300 Festnahmen. (APA/AFP)

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