Macron geht am Sonntag als Favorit in die Stichwahl gegen die rechtsextreme Marine Le Pen. Am Freitag, dem letzten Tag eines turbulenten Wahlkampfes, lag der Sozialliberale in mehreren Umfragen 24 Prozentpunkte vor der Kandidatin des Front National. Die Abstimmung ist eine der wichtigsten in Frankreich seit Jahrzehnten. Die Franzosen müssen sich entscheiden zwischen einem pro-europäischen früheren Investmentbanker, der staatliche Regulierung für Unternehmen beschneiden und zugleich Arbeitnehmerrechte schützen will, und einer EU-skeptischen Rechtsextremen, die raus aus der Eurozone und strikte Begrenzungen für Einwanderer will.
Hunderte E-Mails veröffentlicht
Laut früheren Informationen einer IT-Sicherheitsfirma hatten Kriminelle der Gruppe “Pawn Storm” in den vergangenen Wochen versucht, in das Netz der Wahlkämpfer einzudringen. Macrons Mitarbeiter sollten über gefälschte Mails dazu verleitet werden, Schadsoftware auf ihre Computer zu laden sowie Logins und Passwörter zu verraten. “Pawn Storm” ist eine der ältesten Cyberspionagegruppen. Experten bringen die Gruppe, die auch unter den Namen “Fancy Bear”, “Apt 28” und “Strontium” bekannt ist, mit dem russischen Militärgeheimdienst GRU in Verbindung.
Die im Internet veröffentlichten Daten im Umfang von etwa 9 Gigabyte wurden am späten Freitagabend online gestellt, darunter Hunderte Emails. Ein User, der sich EMLEAKS nannte, hatte die Daten auf der Internetseite Pastebin veröffentlicht, wo anonym gepostet werden kann. Wer dahinter steckt war zunächst nicht bekannt.
Das Innenministerium in Paris erklärte, es werde den Vorfall nicht kommentieren. Der offizielle Wahlkampf sei schon beendet, hieß es. Die staatliche Kontrollinstanz zur Überwachung des französischen Präsidentschaftswahlkampfs warnte Medien davor, Inhalte von gehackten Dokumenten zu veröffentlichen. Die Verbreitung falscher Nachrichten könne strafrechtlich geahndet werden, teilte die Nationale Kommission zur Kontrolle des Wahlkampfs auf ihrer Internetseite mit.
Ist Russland an der Attacke schuld?
Daten von Mitarbeitern Macrons wurden nach Angaben seines Wahlkampfteams schon vor einigen Wochen bei einem Hacker-Angriff entwendet. Die näheren Umstände blieben in der Mitteilung von Macrons politischer Bewegung “En Marche!” aus der Nacht auf Samstag offen.
Macrons Einstellung zu Russland gilt als äußerst kritisch. “En Marche!” beschuldigte Moskau zuletzt, über Medien wie RT in den französischen Wahlkampf einzugreifen – der Sender ist bekannt dafür, staatliche Propaganda zu verbreiten. Unterstützt werden diese Äußerungen von Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault. Macron, der ein sehr europäisches Programm vertrete, sei Ziel von Cyberangriffen aus Russland, sagte der Sozialist in einem Interview.
Sicherheitsexperte Feike Hacquebord sagte im April, mit einer ähnlichen Technik wie bei Macrons Team hätten sich Hacker bereits in die Computer der unterlegenen US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und der deutschen Christdemokraten eingeschlichen. Ein Sprecher der französischen Sicherheitsbehörde Anssi bestätigte damals den Angriff auf Macrons Mitarbeiter.
Die französische Regierung hatte wiederholt vor einer russischen Einmischung in den Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich gewarnt. Sie verdächtigte Moskau, die Wahl zugunsten der Rechtspopulistin Marine Le Pen beeinflussen zu wollen, die als russlandfreundlich gilt.
(APA/ag.)
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