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Libyen - Trotz Waffenruhe: Heftiges Flugabwehrfeuer in Tripolis

Die Lage in Libyen hat sich am Sonntagabend äußerst unübersichtlich präsentiert. Die Nachrichtenagenturen Reuters und AFP meldeten gegen 21.00 Uhr MEZ (22.00 Uhr Ortszeit) wieder heftige Explosionen und Flugabwehrfeuer aus der Hauptstadt Tripolis.
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Knapp zuvor hatte Libyen aber nach den massiven Angriffen einer internationalen Allianz auf Militäreinrichtungen erneut eine Waffenruhe ausgerufen. Die Waffen würden bereits ab Sonntagabend schweigen, erklärte ein Sprecher der Streitkräfte in Tripolis.

Damit folge man einem Vorschlag der Afrikanischen Union. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon erklärte noch am Abend bei einer Pressekonferenz in Kairo, er hoffe, dass sich Libyen an den Waffenstillstand halten werde. Schon am Freitag hatte Libyen eine Waffenruhe verkündet, die aber nicht umgesetzt wurde.

Bereits zuvor hatte es am Sonntagabend geheißen, dass in Tripolis Geschütze der Luftabwehr abgefeuert wurden. Die Schüsse seien auch in der Nähe der Residenz von Machthaber Muammar al-Gaddafi zu hören gewesen. Eine Bestätigung, dass im Zuge der internationalen Militäraktion gegen Gaddafi auch Ziele in Tripolis angegriffen wurden, gab es vorerst aber nicht. Laut dem Nachrichtensender CNN wurde die Residenz Gaddafis von den Militärs nicht als “Ziel” bezeichnet.

Ein Militärbündnis unter Führung der USA, Frankreichs und Großbritanniens hatte am Samstag mit massiven Luftschlägen gegen die Truppen Gaddafis in den Libyen-Konflikt eingegriffen. Kampfjets und Marschflugkörper zerstörten Flugplätze, Luftabwehrstellungen, Waffendepots, Panzer und Militärlastwagen in den von Gaddafi kontrollierten Landesteilen.

Die Intervention beruht auf der UN-Resolution 1973, die zur Durchsetzung einer Flugverbotszone und zur Beendigung der Angriffe von Gaddafi auf die Aufständischen und die Zivilbevölkerung im Land den Einsatz “aller nötigen Mittel” erlaubt. Die Angriffe sollen vor allem dem Schutz von Zivilisten dienen, allerdings gab es auch Tote unter der Zivilbevölkerung. Das hatte auch den Protest der Arabischen Liga hervorgerufen.

Bei den Luftangriffen wurden nach Angaben des einflussreichen US-Senators John Kerry die wichtigsten Luftabwehr-Stellungen der Truppen von Gaddafi angegriffen. “Was die Luftabwehr betrifft, sind die wichtigsten Ziele bereits ins Visier genommen worden”, sagte der Vorsitzende des Außenausschusses des US-Senats am Sonntag bei einem Besuch in Kairo.

Der arabische Sender Al-Arabija meldeten, die Rebellen hätten wieder die Kontrolle über die Stadt Ajdabija im Osten übernommen. Die Stadt Misrata sei noch von den Truppen Gaddafis umstellt. In Washington und London wurde die erste Angriffswelle als Erfolg bezeichnet. Die Flugverbotszone sei “wirksam eingerichtet”, verkündete US-Generalstabschef Mike Mullen im Fernsehsender CNN. Mehrere Länder, darunter China und Indien, bedauerten dagegen den Einsatz militärischer Gewalt.

Aus Russland kam scharfe Kritik. Es seien auch Brücken und andere nicht rein militärische Ziele angegriffen worden, das sei von der UN-Resolution nicht gedeckt.Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, kritisierte den Einsatz. Mussa hatte die arabischen Staaten gedrängt, die UN-Resolution zu unterstützen. Jetzt erklärte er in Kairo: “Für den Schutz der Zivilisten braucht man keine Militäroperationen.”

Nach Angaben der libyschen Führung wurden bei den Angriffen der westlichen Allianz 64 Menschen getötet und 150 weitere verletzt. Tripolis sprach von zahlreichen getöteten Zivilisten. In Tripolis wurden am Sonntag nach Angaben der Staatsmedien 50 “Märtyrer” zu Grabe getragen, die bei den Angriffen der westlichen Allianz in der Nacht getötet worden waren. Der britische Verteidigungsminister Liam Fox erklärte dagegen, die Angriffe würden mit sehr zielgenauen Waffen geführt, so dass Kollateralschäden minimiert würden.

Die EU-Außenminister – darunter Michael Spindelegger (V) – beraten am Montag in Brüssel über weitere Sanktionen gegen die Herrschenden in Libyen und mehr Hilfe für Flüchtlinge aus dem nordafrikanischen Land. Laut EU-Diplomaten dürften auch über mögliche humanitäre Maßnahmen unter militärischem Schutz angedacht werden. Die EU plant nach dem Beschluss des UN-Sicherheitsrates zum Schutz der Zivilbevölkerung ein stärkeres humanitäres Engagement vor allem in den Nachbarstaaten.

Spindelegger kann sich angesichts der Kämpfe in Libyen einen humanitären Einsatz österreichischer Truppen im Rahmen der EU-Battlegroups vorstellen. Da Flüchtlingsströme aus Libyen an die Grenzen seiner Nachbarstaaten drängten, sei ein Hilfseinsatz der Battlegroups vorstellbar, um zu “schützen und zu bewahren”. Das erklärte Spindelegger in der “Pressestunde” des ORF am Sonntag. (APA)

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