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Johannes Rauch: die Opposition aufgeben

Im Meinungsblog “Farbenblind” analysiert Gerold Riedmann auf VOL.AT kleine und große Begebenheiten vor und nach der Landtagswahl am 21. September 2014.

Im Oktober 1989 hat Johannes Rauch Rankweil auf den Kopf gestellt. Zum ersten Mal knackte er mit der am Nationalfeiertag vorgestellten Liste “Grünes Forum“ bei den damals anstehenden Wahlen die absolute ÖVP-Mehrheit im Gemeindevorstand, errang auf An
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hieb 3 Mandate und blieb bis 1996 Umweltgemeinderat. So einen Erdrutschsieg darf Rauch nun, 25 Jahre später, wieder für sich verbuchen. Heute sind die Regierungsverhandlungen mit der ÖVP abgeschlossen – und Rauch wird samt Katharina Wiesflecker in die Landesregierung einziehen.

Seit 1996 ist er mit den Landes-Grünen in Opposition. Und es ist halt so: Opposition trägt im Wortkern das Entgegensetzen, das Dagegensein in sich.

Doch das Oppositions-Paradigma wechselt heute. Ab heute ist Johannes Rauch nicht mehr Oppositioneller, der die Verantwortlichen in der Regierung anprangern kann, mit Landtags-Anfragen seinen Unmut ausdrücken kann. Rauch wird Landesrat, verantwortlich für das Wohlergehen des Landes Vorarlberg und seiner Bürgerinnen und Bürger aller Coleurs.

Grünes Zerwürfnis

Im parteiinternen Dissens mit der Feldkircher Stadtpartei manifestiert sich das Grüne Zerwürfnis. Die müssen weiter komplett gegen die Tunnelspinne sein. Faktum ist: in einer 17-Prozent-Partei können nicht mehr alle exakt die selbe Meinung haben, mehrere Denkweisen müssen erlaubt sein. Sonst wären nicht 29.193 Vorarlberger, die ihr Kreuzchen bei den Grünen machten, auf einen kleinsten gemeinsamen Nenner zu bringen. Johannes Rauch weiß das und versucht nun mit dem nicht leicht zu kommunizierenden Tunnelspinnen-Kompromiss einen Start auf der Regierungsbank.

Fortschritt im Fokus

Die neue Co-Regierungspartei hat nun die einmalige Chance, auch ihren härtesten Kritikern (zum Beispiel in der Industriellenvereinigung) zu beweisen, dass die Grünen nicht nur mit Isolations-Vorschriften für Werkshallen piesacken, sondern auch moderne Güterbahnhöfe bauen können. Dass diese Grünen Vorarlbergs Fortschritt nicht verhindern, sondern aktiv nach vorne treiben können. Dass Grün sein in Vorarlberg nicht weiter Wollpulli, S18-Demo und Birkenstock – sondern moderner Holzbau, Tesla und LED-Technologie heißt.

Nicht nur für Johannes Rauch ist die neue Rolle ungewohnt. Auch für Landeshauptmann Markus Wallner ist die Kooperation ein Prüfstein. Kann er so die wirtschaftsfreundliche Erfolgsstory seiner Vorgänger fortsetzen, die aus dem ursprünglich bettelarmen Vorarlberg allen Unkenrufen zum Trotz ein Wohlstandsland machte? Die Wirtschaftskammer, angeführt von Manfred Rein, sieht Schwarz-Grün überhaupt nicht als Weltuntergang. Der Wirtschaftsbund steht klar hinter Markus Wallner und das war in den letzten Jahren nicht immer so.

Die Vorstellung des Regierungsprogramms wird maßgeblich dazu beitragen, wie sich die neuen Grünen auf der Regierungsbank machen. Sie werden jedenfalls daran zu messen sein, ob sie Vorarlberg weiter bringen. Um nichts anderes geht es.

Blog „Farbenblind”
Gerold Riedmann (Twitter: @geroldriedmann) ist Vorarlberger Journalist und kommentiert als Geschäftsführer von Russmedia Digital für VOL.AT kleine und größere Episoden aus dem Vorarlberger Landtagswahlkampf. Riedmann war bis 2011 stv. Chefredakteur der VN und arbeitete zuvor in München, unter anderem für den Bayerischen Rundfunk und elektronische Medien der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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