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Jagdberg: "Fälle unglaublicher Gewalt"

(VN) Schlins - Das Land zahlt den Erziehungsopfern 235.000 Euro. 13 Fälle trugen sich am Jagdberg zu.
Historiker bringen Licht ins Dunkel
Chronologie: Jagdberg Schlins
Tagesordnung von 1884 - 1936
Jagdberg kämpft mit dem Image

Früher drohten Väter ihren unfolgsamen Kindern: „Wenn du nicht brav bist, kommst du auf den Jagdberg!“ Heute sagt Michael Rauch, Kinder- und Jugendanwalt: „Sie hatten ja gar keine Ahnung, womit sie da drohten!“

Noch vier Fälle offen

Rauch berät jene Kommission, die Gewalt- und Missbrauchsopfer aus Einrichtungen des Landes entschädigen soll. „30 Personen haben sich gemeldet. Die Fälle von 17 Betroffenen gingen das Land an. Vier davon müssen wir noch bearbeiten.“ 13 erhalten zusammen nun als Entschädigungszahlung 235.000 Euro. Alle waren sie Zöglinge am Jagdberg bei Schlins. Und was sie zu erzählen wussten, lässt sich kaum beschreiben. Die Rede ist nicht von einzelnen sadistischen Erziehern. „Die Gewalt war System.“ Rauch berichtet von „extrem schweren Formen körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt.“ Und er fügt an: „Alle waren wir völlig unvorbereitet darauf, welche Dimensionen von Gewalt uns da erwarteten.“ Selbst erfahrene Fachpersonen wie die Psychologin Ruth Rüdisser-Rall vom Institut für Sozialdienste seien „extrem gefordert“ gewesen. Deshalb wird das Land laut LR Greti Schmid auch rückwirkend für Therapiekosten aufkommen. Und Rauch fordert abseits der Entschädigung: „Wir müssen zwingend aufarbeiten, wie es möglich war, dass sich ein derart gewaltbereites System etablieren konnte.“

Strafrechtlich verjährt

Rauch ist sich sicher, dass es noch eine Reihe weiterer lebender Betroffener gibt. Sie fordert er auf, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Strafrechtlich sind die Erziehungsverbrechen verjährt. Das hat der ehemalige Leiter der Staatsanwaltschaft Feldkirch, Franz Pflanzner, überprüft. „Den Opfern geht es auch gar nicht um Rache.“ Wiewohl manche ihrer Peiniger noch leben. „Es war der klare Wunsch aller Opfer, dass wir einfach alles unternehmen, dass sich so etwas nicht mehr wiederholt“, sagt Rauch. Von den Tätern ist heute keiner mehr im Dienst. Die Vorfälle sind alle wenigstens 35 Jahre alt oder älter.

Betroffene sollen sich melden

Betroffene, die in der Vergangenheit Gewalt in Landeseinrichtungen erlebt haben, können sich an den Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch wenden:

Michael Rauch
Telefonnummer 05522/84900
E-Mail kija@vorarlberg.at

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