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„Ich lag stundenlang im Sarg in einer heißen, milchigen Brühe“

Erfolgreich in Hollywood unterwegs: Laura Bilgeri.
Erfolgreich in Hollywood unterwegs: Laura Bilgeri. ©W&W/Bertsch
Jungschauspielerin Laura Bilgeri (21) ist auf dem besten Weg, in Hollywood den Durchbruch zu schaffen.

WANN & WO: Du hast kürzlich mit deiner Hauptrolle im Sci-Fi-Thriller „The Recall“ neben Wesley Snipes und RJ Mitte in ganz Österreich Schlagzeilen gemacht. Wie fühlt sich das an, es „geschafft“ zu haben – gerade angesichts vieler Zweifler?

Laura Bilgeri: Ich habe meine erste Hauptrolle an der Seite von zwei Topstars gespielt. Das ist ein erster Schritt, der sehr stolz macht. Aber „geschafft“ hat man‘s erst, wenn man in der „A-List“ ist. Ein harter Weg bis dort hin! Was die Zweifler so alles denken, ist mir ziemlich egal.

WANN & WO: Verrate uns dein Rezept: Wie setzt man sich in Hollywood als Mädchen aus dem Ländle durch?

Laura Bilgeri: Indem man hart an sich arbeitet, das Handwerk ordentlich lernt und den großen Traum nie aus den Augen verliert. Und: Brav zu allen Castings geht und einen guten Job abliefert.

WANN & WO: Wie konkret hast du die Rolle in „The Recall“ bekommen – was hat deiner Meinung nach den Ausschlag gegeben, dass du genommen wurdest?

Laura Bilgeri: Zuerst gab es eine Audition, die mir mein Manager vermittelt hatte. Regisseur, Produzenten und Casting-Leute waren anwesend und ich musste vier Szenen aus dem Drehbuch vorspielen. Dann kam es zum Callback, das heißt, man darf sich ein zweites Mal vorstellen – das alleine ist schon ein großer Erfolg. Der nächste Schritt war der Chemistry Read. Dabei spielt man die Szenen mit verschiedenen Partnern durch, um zu prüfen, ob die Chemie zwischen den Schauspielern stimmt. Das Ganze war ein dreiwöchiger, nervenaufreibender Prozess, der sich schließlich sehr gelohnt hat. Das Gefühl ist unbeschreiblich.

WANN & WO: Wen spielst du? Ist deine Filmfigur eine „Scream Queen“?

Laura Bilgeri: Ich spiele die weibliche Hauptrolle Annie. Ein Sweetheart, das sehr abenteuerlustig und neugierig ist. Gegen Ende des Films eskaliert jedoch alles, da wird Annie dann tatsächlich ein bisschen zur „Scream Queen“.

WANN & WO: Du hast vier Wochen lang gedreht, der Film ist jetzt im Kasten – wie läuft ein typischer Tag, falls es den gibt, am Set ab?

Laura Bilgeri: In unserem Fall waren die ersten drei Wochen Nachtdrehs, das geht von 4 Uhr nachmittags bis 5 oder 6 Uhr morgens durch. Zuerst geht‘s immer zu Hair & MakeUp. Danach folgen Kostümproben und die ersten Proben am Set mit Kamera. Dann werden die Einstellungen gedreht, aus verschiedenen Winkeln, bis der Regisseur für den Schnitt genug im Kasten hat. Dabei wird auch sehr viel gelacht, gegessen und geblödelt. Müdigkeit stellt sich selten ein, insbesondere bei so einer tollen Besetzung.

WANN & WO: Apropos Besetzung: Wesley Snipes („Blade“) und RJ Mitte („Breaking Bad“) kennt man aus dem Kino bzw. TV. Wie verhalten sich die beiden Stars gegenüber einer Newcomerin?

Laura Bilgeri: Es war ein sehr professionelles Verhältnis. Beide haben sich sehr kollegial verhalten und keine Spur von Arroganz gezeigt. Ganz im Gegenteil – sie verhielten sich wie Kumpels!

WANN & WO: Welches lustige Ereignis am Set wird dir in Erinnerung bleiben?

Laura Bilgeri: In einer besonders stressigen Situation, es war etwa fünf Uhr morgens, hat unser Regisseur Mauro Borrelli in einer kurzen Drehpause nach einer lauten Schießszene statt vermeintlicher Gummibärchen seine Ohrenstöpsel gegessen.

WANN & WO: Welche Szenen hast du gemeinsam mit Wesley Snipes?

Laura Bilgeri: Ich bin in vielen Dialogszenen in seiner Jägerhütte dabei – und vor allem auf der Flucht vor den Aliens. Da braucht man einen starken Mann. (lacht)

WANN & WO: Ist der Action-Held Snipes so hart und kühl wie in seinen Filmen?

Laura Bilgeri: Vor der Kamera und am Set schon, privat ist er ein netter Gentleman.

WANN & WO: Was war die schwierigste Szene des Films für dich?

Laura Bilgeri: Ich musste stundenlang in einer heißen, milchigen Brühe liegen, einer Art Sarg, in dem mich die Aliens gefangen hielten. Auf Grund der hohen Temperaturen war ich kurz vor dem Kollaps!

WANN & WO: Der Film ist technisch außergewöhnlich, konzipiert für eine Dreifach-Kinoleinwand, teilweise VR(Virtual Reality)-tauglich ge­­dreht. Wie wirkt sich das auf deine Arbeit vor der Kamera aus?

Laura Bilgeri: Vieles wird mehrfach wiederholt, da die komplexe Kameratechnik alle Winkel abdecken will. Vor allem bei VR mussten wir immer mindestens vier Stunden nur proben, bevor es „Action“ hieß.

WANN & WO: Wann kommt der Film in unsere Kinos?

Laura Bilgeri: Im Februar/März 2017 in den USA und kurz danach in Europa.

WANN & WO: Wer wird dich zur Premiere begleiten, wer wird bei der Vorstellung des Films in Cannes dabei sein?

Laura Bilgeri: Mein Manager ist immer dabei. Ansonsten ist alles noch offen.

WANN & WO: Vielleicht ja deine Eltern? Apropos: Zu gerne wird Kindern bekannter Eltern vorgeworfen, dass sie‘s nur dank der Familienunterstützung geschafft haben. Welchen Anteil haben deine Eltern an deinem Erfolg? Was nutzt der Name Bilgeri in Hollywood?

Laura Bilgeri: Das Einzige was in Hollywood auf Dauer zählt, ist die Qualität der Arbeit, die man abliefert. Ich habe mich beim Casting gegen 750 Konkurrentinnen beweisen müssen. Da können Eltern nicht weiterhelfen.

WANN & WO: Deine Familie ist gemeinsam mit dir nach L.A. gezogen – nach einem Jahr haben sie dich dann in die Selbständigkeit entlassen und sind heimgekehrt. Wie sieht so einjähriger „Hollywood-Crashkurs“ im Hause Bilgeri aus, was musstest du lernen?

Laura Bilgeri: Ich bin schon früh selbständig gewesen, ich habe schon mit 16 ein Jahr lang alleine in München gelebt. Für Hollywood muss man sich zuerst einmal eine gewisse Niederlagen-Toleranz anerziehen. Die Konkurrenz ist sehr groß. Absagen zu bekommen gehört zum Alltag. Ansonsten gilt „Dream big and work hard“.

WANN & WO: Die Tochter im „sündigen“ Los Angeles – sicher nicht leicht für Eltern. Wie schwer fiel es, loszulassen bzw. wie haltet ihr Kontakt?

Laura Bilgeri: Dank der neuen Technologien wie Skype und FaceTime ist L.A. in Vorarlberg und Vorarlberg in L.A. Meine Eltern vertrauen mir – von wegen „sündiges“ Los Angeles.

WANN & WO: Will das Kind Künstler werden, sind viele Eltern erst mal skeptisch. Bei den Bilgeris stelle ich mir das eher umgekehrt vor: Was hätten Reinhold und Beatrix gesagt, wenn dein Traumberuf Buchhalterin oder Anlagenelektrikerin gewesen wäre?

Laura Bilgeri: Dann hätten sie mich auf entsprechende Schulen geschickt, ohne zu zögern. Ich habe nie Druck gespürt, sondern meine eigenen Träume gelebt.

WANN & WO: Du bist groß geworden, seit wir uns das erste Mal vor sieben Jahren am Set von „Der Atem des Himmels“ getroffen haben. Hast du damals schon daran geglaubt, dass die Schauspielerei deine berufliche Zukunft wird?

Laura Bilgeri: Nach dem ersten Take wusste ich, was mein Beruf und meine Berufung sein wird. Am Set zu sein und vor der Kamera in verschiedene Charaktere zu schlüpfen, macht mich am glücklichsten.

WANN & WO: Was, wenn dir der Job doch nicht gefallen hätte?

Laura Bilgeri: Die Frage stellt sich bei mir nicht.

WANN & WO: Wer ist – außer deiner Mutter – dein schauspielerisches Vorbild und mit wem würdest du gerne mal gemeinsam spielen?

Laura Bilgeri: Ich bewundere Vera Farmiga („Bates Motel“, „Up In The Air“), Meryl Streep und natürlich mein Idol Barbra Streisand, die alles kann – Spielen, Singen, Schreiben, Regie führen.

WANN & WO: Nacktheit, Sexszenen – was würdest du nicht für eine Rolle tun?

Laura Bilgeri: Wenn ein seriöser Regisseur Nacktheit für eine Szene voraussetzt, warum nicht. Mein Job ist es, Charaktere und das Leben darzustellen – da gehört Nacktheit dazu.

WANN & WO: Wie wohl fühlst du dich in Liebesszenen?

Laura Bilgeri: Ich habe noch in keiner wirklichen Liebesszene gespielt. Aber ich denke mir, dass es das Unromantischste ist, was man sich vorstellen kann, da immer ungefähr 20 Leute um das Bett herum stehen und ihren Senf dazugeben.

WANN & WO: Wo wir beim Thema Liebe sind, bist du derzeit verliebt bzw. in festen Händen?

Laura Bilgeri: Nope.

WANN & WO: Was muss dein Partner fürs Leben haben? Darf bzw. muss er auch im Showbiz sein?

Laura Bilgeri: Er darf sich nicht zu ernst nehmen, und wenn er ein Filmmensch ist, ist es nur ein Vorteil. Die haben alle etwas sehr Inspirierendes.

WANN & WO: Du triffst immer wieder Stars – wer hat den größten Eindruck bei dir hinterlassen?

Laura Bilgeri: Reese Witherspoon und Laura Dern waren besonders reizend.

WANN & WO: Du lebst seit zwei Jahren in Los Angeles. Wo siehst du deine Zukunft?

Laura Bilgeri: In Los Angeles.

WANN & WO: Was war die schwierigste Veränderung vom Leben im Ländle zum Leben in L.A.?

Laura Bilgeri: Der Verkehr und das schlechte Brot.

WANN & WO: Kochst du auch mal selbst?

Laura Bilgeri: Ja, alles was mir meine Mama beigebracht hat. Sie ist eine unglaublich grandiose Köchin. Am liebsten koche ich Risotto Marinara.

WANN & WO: Wie bleibt man im Showgeschäft bodenständig?

Laura Bilgeri: Indem man Selbstdistanz bewahrt und nicht alles zu ernst nimmt.

WANN & WO: Du hast einige spannende Rollen ergattert, aber sicher auch einige Absagen erhalten. Wie gehst du mit solchen Rückschlägen um?

Laura Bilgeri: Man gewöhnt sich daran und wird ein Stück härter.

WANN & WO: Hast du auch unmoralische Angebote bekommen?

Laura Bilgeri: Nein.

WANN & WO: Du hast deinen Manager selbst im Internet gefunden, volles Risiko und letztendlich ein Glücksgriff. Hast du daran geglaubt, dass du‘s nach bzw. in Hollywood schaffst?

Laura Bilgeri: Ja, das habe ich. Wenn man nicht an sich selbst glaubt, klappt gar nichts.

WANN & WO: Was ist die wichtigste Lektion, die du bisher in der Traumfabrik Hollywood gelernt hast, von der wir alle profitieren könnten?

Laura Bilgeri: Egal wo man ist, wenn man einen guten Job macht, hat man immer eine Chance, auch als Mädel aus dem Ländle. Menschenkenntnis ist eine gute Voraussetzung fürs Überleben.

Wordrap:

Hollywood: Traum

Liebe: Zukunft

Vorarlberg: Heimat

Familie: Alles

Erfolg: Wichtig

Angst: Kaum

Schönheit: Vergänglich

Fast Food: Verführung

Zur Person

Laura Bilgeri
Geboren: 12. Juli 1995
Wohnort: Los Angeles – geboren in Wien
Aufgewachsen in Italien und Vorarlberg

 

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