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Hat sich Trump Junior strafbar gemacht?

Sohn des US-Präsidenten traf sich im Wahlkampf mit russischer Anwältin
Sohn des US-Präsidenten traf sich im Wahlkampf mit russischer Anwältin ©APA
US-Präsident Donald Trump hat in der Russland-Affäre erneut seinen ältesten Sohn in Schutz genommen. Donald Trump Jr. sei unschuldig, schrieb Trump am Mittwoch auf Twitter. Er habe sich offen und transparent verhalten und einen "guten Job gemacht".
Trump jr. verteidigt sich in Russland-Affäre
Trump jr. heiz Russland Russland-Affäre an
Neue Enthüllungen über Russland-Affäre

Der Präsident bekräftigte frühere Vorwürfe, die sich meist gegen die Berichterstattung in den Medien richtete: “Das ist die größte Hexenjagd in der politischen Geschichte. Traurig!”

Trump Jr. hatte einen Mailwechsel mit dem Publizisten Rob Goldstone vom Juni 2016 veröffentlicht. Darin zeigt er sich erfreut über die Aussicht, von Russland belastendes Material über die demokratische Kandidatin Hillary Clinton erhalten zu können. Rechtsexperten zufolge könnten sich die mit der Russland-Affäre befassten Ermittler nun mit der Frage beschäftigen, ob Trump Jr. gegen US-Wahlgesetze verstoßen hat.

Im Sender Fox News hatte Trump Jr. gesagt, sein Treffen mit der russischen Anwältin Natalia Weselnizkaja sei für ihn “eine Recherche über die Opposition” gewesen. “Im Rückblick hätte ich die Dinge wahrscheinlich etwas anders gemacht.” Er betonte, dass er seinen Vater über das Treffen nicht informiert habe.

Trump Junior und die russische Anwältin

Antworten auf juristische Fragen

Hat sich der älteste Sohn von US-Präsident Donald Trump mit seinem Treffen mit einer russischen Anwältin strafbar gemacht? Muss der 39-jährige Donald Trump Junior mit einer Anklage wegen Landesverrats rechnen? Antworten auf die wichtigsten juristischen Fragen rund um die neuesten Enthüllungen in der Russland-Affäre:

Gegen welches Gesetz könnte Trump Junior verstoßen haben?

Experten stufen die E-Mails, die Trump Junior unter wachsendem öffentlichen Druck im Onlinedienst Twitter veröffentlichte, als durchaus belastend ein: Der Mailwechsel belegt, dass der Publizist Robert Goldstone im Wahlkampf ein Treffen des Trump-Sohns mit der russischen Anwältin Natalia Veselnitskaya arrangierte. Goldstone stellte dabei belastendes Material über die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton in Aussicht. Trump Junior reagierte auf das Angebot mit den Worten: “Wenn es das ist, was Sie sagen, liebe ich es.”

Nach Einschätzung des Jus-Professors Brandon Garrett von der University of Virginia könnte Trump Junior damit gegen das US-Wahlgesetz verstoßen haben, das eine direkte oder indirekte ausländische Unterstützung im Wahlkampf verbietet. Nach Einschätzung von Garrett konnte sich das Verbot von Spenden oder “anderen Dingen von Wert” auch auf Informationen erstrecken.

Nach dieser Auslegung könnte sich Trump Junior also strafbar gemacht haben – zumindest wegen des Straftatbestands der Verschwörung. “Man muss keine Straftat begangen haben, der Versuch genügt”, erklärt Garrett. Allein die Tatsache, dass der Trump-Sohn an einem Treffen teilnahm, um Informationen über Clinton zu erhalten, könnte demzufolge ausreichen, um ihm eine Absicht zu unterstellen.

Der Wahlrechtsexperte Daniel Tokaji von der Ohio State University hält es dagegen für “besorgniserregend”, das Beschaffen von Informationen schon als verbotene Wahlkampfhilfe zu interpretieren. Seiner Meinung nach ist der Mailwechsel des Trump-Sohns zudem durch sein Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.

Auch die Jus-Professorin Susan Klein von der University of Texas glaubt nicht, dass Trump Junior wegen des Treffens strafrechtlich verfolgt werden kann – “außer sie haben vielleicht dafür gezahlt oder eine andere Gegenleistung dafür bekommen”. Dafür gibt es bisher keine Hinweise.

Wer könnte ein Verfahren einleiten?

Wahlrechtsverstöße werden von der US-Wahlbehörde FEC geahndet, der jeweils drei Vertreter von Republikanern und Demokraten angehören. Der Wahlrechtsexperte Tokaji hält es wegen dieses Patts für “sehr unwahrscheinlich, dass sie Klage erheben”.

Theoretisch könnte auch die Staatsanwaltschaft in Manhattan, wo das Treffen stattgefunden hat, ein Verfahren einleiten. Tokaji hält es jedoch für wahrscheinlicher, dass der frühere FBI-Chef Robert Mueller, der als Sonderermittler mögliche illegale Absprachen zwischen Trumps Wahlkampfteam und Moskau untersucht, darüber entscheidet.

Hat Trump Junior Landesverrat begangen?

Abgeordnete der Demokraten sprachen nach den neuesten Enthüllungen bereits von Verrat. Die Experten weisen diesen Vorwurf gegen den Trump-Sohn zurück: Ein bloßer Kontakt zu einem anderen Land oder sogar zu einem feindlichen Land “macht daraus noch nicht Spionage oder Landesverrat”, sagt der Jus-Professor Joshua Dressler von der Ohio State University. In diesem Fall müsse den Beschuldigten nachgewiesen werden, dass “sie ihrem eigenen Land Schaden zufügen wollten”. Seiner Einschätzung nach sind die Anschuldigungen gegen den Trump-Sohn jedoch “weniger gravierend”.

Affäre um die Russland-Kontakte – Chronologie

Die Russland-Affäre um Mitarbeiter des damaligen Präsidentschaftsbewerbers und heutigen Staatschefs Donald Trump beschäftigt die US-Ermittler und hat einen Schatten auf die ersten Monate der Trump-Administration geworfen. Im Folgenden der zeitliche Ablauf der Ereignisse:

2015

16. Juni – Donald Trump gibt seine Präsidentschaftsbewerbung für die Republikanische Partei bekannt.

Dezember – Trumps späterer Nationaler Sicherheitsberater MICHAEL FLYNN, der nach kurzer Amtszeit zurücktrat, weil er über seine Russland-Kontakte gelogen hatte, nimmt gegen Bezahlung an einer Podiumsdiskussion in Moskau teil, danach vermehrt Kontakt zum russischen Botschafter in Washington, SERGEJ KISLJAK. Britische Geheimdienstmitarbeiter stellen verdächtige Kontakte zwischen Russen und Trump-Mitarbeitern fest und geben das an ihre US-Kollegen weiter.

2016

Frühjahr – Trumps Wahlkampfteam nimmt Gestalt an. Mit dabei mehrere Personen mit Beziehungen zu Russland:

  • -der Senator und heutige Justizminister und Generalstaatsanwalt JEFF SESSIONS, der Botschafter Kisljak mehrmals traf
  • der Ölmarktexperte CARTER PAGE, der für russische Energiekonzerne tätig war und in Moskau lebte, als Russland-Berater
  • der über gute Russland-Kontakte – darunter der Oligarch und Putin-Vertraute Oleg Deripaska und der russlandfreundliche ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch – verfügende Politikberater PAUL MANAFORT als Wahlkampfmanager
  • der Politikberater ROGER STONE

Sommer – DONALD TRUMP JR., Trump-Schwiegersohn JARED KUSHNER und Manafort treffen im Trump-Tower in New York die angeblich Kreml-nahe Anwältin NATALIA VESELNITSKAYA (WESELNIZKAJA/WESELNITZKAJA). Im Vorfeld soll dem Trump-Sohn belastendes Material über die demokratische Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton versprochen worden sein. Kushner unterrichtete die Regierung nicht wie vorgeschrieben über das Treffen, als er später als Präsidentenberater in die Administration eintrat.

Der Hacker “Guccifer 2.0” veröffentlicht das Dossier, das die Demokraten über Donald Trump angelegt haben. Medien bringen die Sache mit russischen Hackern in Verbindung. Das FBI startet Ermittlungen über die Verbindungen des Trump-Teams zu Russland. Die Enthüllungsplattform WikiLeaks veröffentlicht E-Mails, die den Demokraten “entwendet” wurden. Auf einer Pressekonferenz ersucht Donald Trump Russland, alle gehackten Mails von Clinton zu veröffentlichen – später sagt er, das sei als Scherz gemeint gewesen.

Manafort wird als Wahlkampfmanager gefeuert. Die “New York Times” hatte zuvor berichtet, dass Manafort jahrelang für den ehemaligen ukrainischen Präsidenten und Kreml-Verbündeten Viktor Janukowitsch gearbeitet hatte und dafür möglicherweise Millionenbeträge kassierte. Stone kommuniziert mit “Guccifer 2.0”, wie er später einräumte, er gilt als Bindeglied zwischen Trump und WikiLeaks.

Herbst – Die Spitzen des Kongresses werden darüber in Kenntnis gesetzt, dass die CIA davon ausgeht, Russland versuche den Präsidentschaftswahlkampf zugunsten Trumps zu beeinflussen. Der Nationale Geheimdienstdirektor und der Heimatschutzminister gehen in einem ungewöhnlichen Schritt an die Öffentlichkeit: Sie warnen vor russischer Einmischung in den Wahlkampf und erklären, Russland hatte bei den WikiLeaks-Veröffentlichungen seine Hand im Spiel. Nach und nach werden Mails vom Account des Clinton-Wahlkampfchefs JOHN PODESTA veröffentlicht. Stone hatte zuvor getwittert, dass Podesta bald Probleme bekommen werde. Für Trump ist nicht erwiesen, wer hinter dem Cyber-Angriff steckt.

8. November – Trump wird zum Präsidenten gewählt.

10. November – Der scheidende Präsident BARACK OBAMA warnt Trump bei einem Treffen im Oval Office davor, Flynn zum Nationalen Sicherheitsberater zu machen.

Dezember – Treffen Flynn-Kushner-Kisljak im Trump-Tower. Kushner trifft den Chef einer staatlichen russischen Bank, die mit US-Sanktionen belegt ist. Die Obama-Regierung verfügt neue Sanktionen gegen Russland wegen Einmischung in den Wahlkampf. Flynn und Kisljak telefonieren mehrmals zu dem Thema. Trump begrüßt, dass der russische Präsident WLADIMIR PUTIN die Sanktionen nicht erwidert.

2017

Ein Geheimdienstbericht begründet den Hacker-Verdacht gegen “allerhöchste Verantwortungsträger” Russlands. FBI-Direktor JAMES COMEY sagt dem gewählten Präsidenten Trump, das nicht gegen ihn persönlich ermittelt wird. Der designierte Justizminister Sessions verneint bei seiner Anhörung im Senat und in der separaten Anfrage eines Senators, dass er russische Regierungsvertreter getroffen habe. Trump sagt nun zum Wahlkampf-Hacking: “Ich glaube, es war Russland.” Der designierte Vizepräsident MIKE PENCE bestreitet, dass Flynn mit Kisljak über die Russland-Sanktionen der USA gesprochen habe. Kushner reicht seine Unterlagen zu seiner Bestellung zum Präsidentenberater bei den Sicherheitsbehörden ein und gibt seine Treffen mit dem Bankenchef und Kisljak im Dezember nicht an.

20. Jänner – Trump wird als neuer US-Präsident vereidigt.

22. Jänner – Flynn wird zum Nationalen Sicherheitsberater ernannt.

24. Jänner – Das FBI befragt Flynn zu seinen Kisljak-Kontakten. Interims-Generalstaatsanwältin SALLY YATES informiert das Weiße Haus über Flynns Aussagen: Sie widersprechen öffentlichen Aussagen von Pence. Flynn könnte zudem kompromittiert werden, sollte Russland Gesprächsinhalte herausgeben, warnt Yates.

13. Februar – Flynn tritt zurück.

14. Februar – Trump legt Comey nahe, die Ermittlungen gegen Flynn fallen zu lassen.

2. März – Sessions zieht sich aus allen Ermittlungen in der Russland-Affäre zurück, nachdem seine Kontakte zu Kisljak aufgedeckt wurden.

22. März – Trump interveniert beim neuen Nationalen Sicherheitsberater Dan Coats und bei CIA-Direktor Mike Pompeo, sie sollen beim FBI erreichen, dass sich der Fokus der Russland-Ermittlungen von Flynn wegbewegt.

30. März – Trump ersucht Comey, er solle öffentlich erklären, dass gegen ihn, Trump, nicht persönlich ermittelt wird.

Das FBI nimmt Kushner in den Russland-Ermittlungen immer stärker ins Visier.

9. Mai – Trump entlässt Comey. Zuvor hatte Comey vor dem Senat ausgesagt, dass Trump ihn gedrängt habe, die Ermittlungen gegen Flynn einzustellen.

10. Mai – Bei einem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow und Kisljak gibt Trump geheime Informationen weiter, die die USA mit einem Verbündeten teilten.

17. Mai – Vizejustizminister Rod Rosenstein setzt Ex-FBI-Direktor ROBERT MUELLER als Sonderermittler ein, der die Russland-Untersuchungen überwacht.

10. Juli – Die “New York Times” enthüllt das Treffen zwischen Donald Trump junior und Veselnitskaya.

11. Juli – Donald Trump jr. veröffentlicht den dem Treffen vorhergehenden Mailverkehr. Die Dokumente belegen, dass er sich auf das Angebot einließ, um belastendes Material über Clinton aus angeblich offizieller russischer Quelle zu erhalten.

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