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Grünes Licht für Wasserkraft

(VN) Schwarzach - Die vier Landtagsparteien einigen sich auf zügigen Ausbau der Wasserkraft – die VN zeigen neue Projekte.
Grafik: Neue Projekte in Vorarlberg

Es ist tatsächlich ein Meilenstein auf dem Weg zur Energieautonomie – also bis zu jenem Punkt, an dem Vorarlberg die Energie, die es verbraucht, auch selbst produzieren kann. Bislang sind wir bekanntermaßen von Gas aus Russland oder Öl aus dem mittleren Osten abhängig. Gestern trafen sich die Klub­obleute Rainer Gögele (ÖVP), Dieter Egger (FPÖ), Johannes Rauch (Grüne) und Michael Ritsch (SPÖ) mit Energielandesrat Erich Schwärzler und Illwerke-Vorstandsdirektor Ludwig Summer – und einigten sich auf einen massiven Ausbau der Wasserkraft in Vorarlberg bis zum Jahr 2030. „Nach dem Bekenntnis zur Energieautonomie bis 2050 mussten jetzt Nägel mit Köpfen gemacht werden“, freut sich Johannes Rauch, auf dessen Initiative die Energieautonomie 2009 im Landtag beschlossen wurde.

Landesrat Erich Schwäzler spricht von einem wichtigen Schritt in die Energiezukunft: „Damit rückt die Nutzung des Ausbaupotenziales im Bereich der Wasserkraft von 500 Gigawattstunden unter Berücksichtigung der ökologischen und wirtschaftlichen Vertretbarkeit in greifbare Nähe.“ Konkret geht es um folgende Projekte, die in dem Positionspapier (nach Größe gereiht) festgeschrieben wurden. Die Vorhaben sind mit ihren Nummern in der VN-Grafik verzeichnet.

1. Unterlauf der Bregenzerach: Wie die VN exklusiv berichteten, ließe sich durch ein Kraftwerk zwischen Kennelbach und der Achmündung das größte Potenzial nutzen. Mögliche Varianten sollen nach Grundwasseruntersuchungen einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden. „Bregenz brächte bei Positi­onierung in der Bregenzerach bis zu 140 Gigawattstunden (GWh) – zum Vergleich: das Walgauwerk hat 350 GWh“, sagt Illwerke-Vorstand Ludwig Summer den VN.

2. Kapfkraftwerk. Hier laufen in Feldkirch Grundwasseruntersuchungen bis Ende Jahr, anschließend steht die Detailplanung an. Das Ausleitungskraftwerk „Kapf“ verwendet Wasser der Ill – wie die Stadtwerke Feldkirch mit ihren Kraftwerken. Deshalb sind hier weitere Absprachen zwischen Stadt und Illwerken notwendig.

3. Mengwerk: Dieses Kraftwerksprojekt ist neu. Es soll nach VN-Informationen im Unterlauf der Meng im Gamperdonatal (Gemeindegebiet von Nenzing) entstehen. Das Projekt ist recht frisch und noch nicht ausreichend untersucht. „Wir haben die Flüsse in Vorarlberg bewertet und festgestellt, dass die Meng Ausbaupotenzial hat. Wir müssen erst mit der Gemeinde und der Agrargemeinschaft reden, es gibt hier noch kein konkretes Projekt“, sagt Ludwig Summer den VN. Zu erwarten seien 40 GWh, das wäre in etwa gleich viel wie das zwischenzeitlich geplante Kraftwerk Lech/Warth.

4. Obervermuntwerk II: Dieses PumpspeicherKraftwerk auf dem Gemeindegebiet von Partenen soll das zweitgrößte Kraftwerk der Illwerke werden. Das neue Megakraftwerk, das zur Gänze unterirdisch als KavernenKraftwerk ausgeführt wird, wird über einen 3,4 Kilometer langen Druckstollen mit dem Silvrettastausee verbunden. Schon bis zum Sommer sollte feststehen, welche Variante realisiert wird. Im März oder April wird laut Auskunft der Illwerke das Vorprüfungsverfahren eingeleitet, im Herbst 2011 das UVP-Verfahren. „Nach der Schneeschmelze 2013 würden wir da mit den Bauarbeiten beginnen. Dieses ist das konkreteste Projekt der genannten“, sagt Illwerke-Direktor Summer.

Erich Schwärzler spricht von einem „historischen Moment, dass alle Parteien ,Ja‘ zur Nutzung einer eigenen Zukunfts­energie und nicht nur ,Nein‘ zur Nutzung der Atomkraft sagen“. Doch wirkt es nicht seltsam, wenn die Grünen plötzlich Kraftwerksbauten befürworten? „Man kann nicht die Energieautonomie beschließen und sich dann einem Ausbau der Wasserkraft total verweigern“, kontert Johannes Rauch. Zudem seien Umweltverträglichkeitsprüfungen und ökologischen Kriterien festgeschrieben. FPÖ-Chef Dieter Egger hofft, dass die Grünen zu ihrem Wort stehen: „Ich erwarte mir dann, dass diejenige, die jetzt Ja sagen, auch dann noch Ja sagen und nicht versuchen, über Naturschutzorganisationen oder die Naturschutzanwaltschaft Projekte zu torpedieren.“ Die Klubobleute einigten sich auch darauf, dass sämtliche Bäche der Gewässerklasse 1 (blau in der VN-Grafik), also jenen Gewässern, die ökologisch ,sehr gut‘ sind, nicht verbaut werden sollen.

SPÖ-Klubobmann Michael Ritsch: „Das Kompromisspapier führt immerhin dazu, dass vier Projekte nun näherer Prüfung unterzogen werden.“ Alles, was in Richtung Wasserkraft gemacht werde, sei „das Beste, was wir für Vorarlberg tun können. Denn die Wasserkraft ist unser Erdöl“, so Ritsch.

Für Illwerke-Direktor Ludwig Summer bedeutet der bevorstehende Landtagsbeschluss Rückenwind: „Wenn das so vom Landtag beschlossen wird, haben wir im Alpenraum eine einmalige Situation: ein über alle Parteigrenzen hinausgehender Konsens zur Wasserkraft.“

Lech-Kraftwerk „mausetot“

Keine Zukunft hat das umstrittene Lech-Kraftwerk am Arlberg. Im Positionspapier steht: „Das Kraftwerks­projekt Lech/Warth wird nach vorliegenden Naturschutzkenntnissen derzeit nicht realisiert.“ Wichtig ist das Wort „derzeit“. Denn in einer Nebenabsprache einigten sich die Sitzungsteilnehmer, dass darunter zu verstehen sei, dass sich am Lech in den nächsten zehn Jahren nichts tun dürfe. „Vor allem Naturschutzrat Georg Grabherr hat hier große Bedenken geäußert“, sagt Landesrat Erich Schwärzler den VN. Grünen-Chef Rauch gibt dem Kraftwerk generell keine Chance mehr: „Das Lech-Kraftwerk ist mausetot.“

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