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Grüne: "ÖVP ist sozial kalt" - Frühstück: "Fehlinterpretation"

Disput um Mindestsicherung.
Disput um Mindestsicherung. ©VOL.AT/Lerch
Die Ländle-Grünen haben mit einer geharnischten Aussendung aufhorchen lassen: Sie unterstellen dem Koalitionspartner ÖVP "soziale Kälte" in der Mindestsicherungs-Debatte. Die Volkspartei spricht von einer Fehlinterpretation.

Reichlich Staub hat das VN-Interview von ÖAAB-Generalsekretär August Wöginger aufgewirbelt. Er rechnet vor, dass die Mindestsicherung teilweise eine Höhe erreiche, für die man 4.000 Euro brutto verdienen müsste. Deshalb der Vorschlag, bei 1.500 Euro plus Familienbeihilfe einen Deckel einzuziehen. Dem Argument, dass hier Kindern etwas weggenommen werde, widerspricht er vehement: Die Familienleistungen, die Pflegeleistungen würden bleiben. Es gelte, das “System” aufrecht zu erhalten.

Grüne: “Deckelung erzeugt Armut”

Die Reaktion der Grünen fällt via Aussendung geharnischt aus. Der Vorwurf von Sozialsprecherin Sandra Schoch: Die ÖVP arbeite mit bewussten (sic!) Falschinformationen und betreibe Sozialabbau. Betitelt ist das Ganze mit “Die soziale Kälte der ÖVP”. Die Fakten aus Sicht der Grünen stellen sich wie folgt dar: In Vorarlberg gebe es laut Armutsbericht 14,7 Prozent Armutsgefährdete – 60.000 Menschen. Hauptbetroffen seien Alleinerziehende, Mehrkindfamilien, schlecht Qualifizierte und Pensionisten. Eine Deckelung mit 1.500 Euro für Lebensunterhalt und Wohnkosten treffe genau diese Gruppen. Durch eine Deckelung würde noch mehr Armut erzeugt. Die Mindestsicherung sei eine “Überbrückungshilfe”, die Familien in Not helfe, nicht obdachlos zu werden. Eine Deckelung würde zudem die Teilhabemöglichkeit von arbeitslosen Eltern am sozialen Leben weiter einschränken.

Eine Kürzung der Mindestsicherung nur für Flüchtlinge – dies steht derzeit in der ÖVP zur Diskussion – sei verfassungsrechtlich “einfach nicht zulässig”, argumentiert Schoch. Die ÖVP benutze Flüchtlinge, um Sozialabbau für alle zu betreiben. Die ÖVP wäre besser beraten, sich für existenzsichernde Löhne stark zu machen.

Frühstück: “Fehlinterpretation”

Im Gespräch mit VOL.AT spricht ÖVP-Klubobmann Roland Frühstück von “Fehlinterpretationen” der Grünen. Die Mindestsicherung sei ein Instrument zur Armutsvermeidung. Frühstück will die ursprüngliche Funktion der Mindestsicherung in den Fokus rücken:”Diese Sozialleistung war immer als Überbrückungshilfe für Menschen in einer Krisensituation gedacht. Fakt ist, dass nur rund ein Viertel der Mindestsicherungsempfänger überhaupt arbeitsfähig ist. Unser Anliegen ist deshalb, den Charakter der Überbrückungshilfe wieder stärker in den Fokus zu rücken”. Als Beispiel führt Klubobmann Frühstück eine vierköpfige Familie an, die auf Grund verschiedener Sozialleistungen auf ein Familieneinkommen von rund 2200 Euro kommt. “Werden von arbeitsfähigen Familienmitgliedern Arbeitsangebote abgelehnt, dann muss das finanzielle Konsequenzen haben.” Frühstück verweist in diesem Zusammenhang auch auf die aktuelle Flüchtlingssituation: “Aus der Vergangenheit wissen wir, dass nach 10 Jahren rund 60 Prozent der Flüchtlinge im Arbeitsmarkt Fuß gefasst haben. Unser Ziel ist es, diesen Prozess deutlich zu beschleunigen. Dafür braucht es allerdings auch Sanktionsmechanismen für die Menschen, die ihre Chance am Arbeitsmarkt nicht ergreifen wollen”. Frühstück gibt zu bedenken, dass ein anerkannter Flüchtling in Österreich, dank der Mindestsicherung – über ein höheres Einkommen verfügt – wie etwa in Deutschland oder der Schweiz.

Flüchtlinge: Frühstück sieht “Sondersituation”

Er sei jedenfalls der Ansicht, dass eine reduzierte Mindestsicherung auch hier ein Anreiz wäre, aktiv auf Jobsuche zu gehen. Am Ende, so der ÖVP-Klubobmann, müsse alles von jemandem bezahlt werden. Ob er sich vorstellen kann, dass Bleibeberechtigten – analog zu der Situation in der Schweiz, Dänemark und in Deutschland – auch in Österreich Wertsachen beziehungsweise größere Geldbeträge abgenommen werden könnten? Frühstück: Wenn ein Vermögen vorhanden sei, müsse man Flüchtlinge ebenso gleich behandeln – bei der Mindestsicherung könne ein Bleibeberechtigter nur dann einen Anspruch haben, wenn er kein großes Vermögen besitze.

Angriffe nicht überbewerten

Was generell den Ton in der Schwarz-Grünen Landeskoaltion anbelangt – in letzter Zeit häuften sich die Angriffe der Grünen auf die Landes-ÖVP; Stichwort Roma, Flüchtlinge und jetzt eben Mindestsicherung – so glaubt Frühstück, dass man sich “so nicht begegnen müsse”. Überbewerten würde er die Thematik aber nicht: “Wir sind uns inhaltlich nicht immer einig, das war es dann schon auch”.

(VOL.AT/Red.)

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