Ob sich der Premier damit innenpolitisch durchsetzen kann, war am Donnerstag mehr als unklar. Denn die Folgen eines “oxi” (Nein) wären für das Land verheerend.
WIRTSCHAFTLICHES CHAOS
Entscheiden sich die Griechen gegen die Sparauflagen, die sie im Gegenzug für weitere Milliardenkredite erfüllen müssen, wären ein voller Staatskonkurs und eine tiefe wirtschaftliche Depression kaum zu vermeiden. Denn die Euro-Partner dürften den Geldhahn dann sofort zudrehen. Zurzeit warten die Griechen auf acht Milliarden Euro aus dem ersten Hellas-Rettungspaket. Davon sollen 1,7 Milliarden Euro aus Deutschland kommen.
Fließt das Geld nicht, kann die Regierung binnen Wochen den Staatsdienern keine Gehälter mehr bezahlen und keine Rechnungen mehr begleichen. Vom öffentlichen Gesundheitswesen über die Wasser- und Stromversorgung bis hin zum Flugverkehr – überall droht der Stillstand: Massenweise schlittern Unternehmen in den Konkurs, die Arbeitslosigkeit schnellt rasant nach oben.
ZUSAMMENBRUCH DER BANKEN
Auch für Zins und Tilgung des Schuldenbergs von rund 360 Milliarden Euro wäre kein Geld mehr da. Die Regierung müsste den Schuldendienst einstellen. Am härtesten getroffen wären die griechischen Banken, denen der Staat rund 50 Milliarden Euro schuldet. Die Geldhäuser könnten zudem griechische Anleihen nicht mehr als Sicherheiten für ihre Refinanzierung bei der Europäischen Zentralbank hinterlegen und würden zusammenbrechen.
Die Folge wäre ein Bank Run mit langen Schlangen vor den Banken, die schleunigst verstaatlicht würden. Die Regierung müsste zu Kapitalverkehrsbeschränkungen greifen und Obergrenzen einführen, wie viel die Bürger pro Woche abheben dürfen. Die Ausfuhr von Geld in andere Länder müsste untersagt werden.
Auch ausländische Banken müssten ihre griechischen Anleihen komplett oder zum größten Teil abschreiben. Griechenland würde viele Jahre brauchen, um ihr Vertrauen wiederzugewinnen.
AUSTRITT AUS DER EURO-ZONE
Die Regierung könnte versuchen, ihr Heil in einem Austritt aus der Euro-Zone zu suchen und die Drachme wieder einzuführen. Die neue-alte Währung würde Experten zufolge um mindestens 50 Prozent zum Euro abwerten. Das würde die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft schlagartig verbessern, weil sich griechische Produkte im Ausland massiv verbilligen würden. Allerdings würde auch die Schuldenlast relativ betrachtet stark steigen: Denn der Staat und große Unternehmen haben sich in Euro verschuldet.
RECHTLICHE PROBLEME
Aber könnte Griechenland überhaupt aus der Euro-Zone austreten? Die Rechtslage ist mehr als verzwickt. So sagt der Währungsexperte Helmut Siekmann von der Uni Frankfurt, ein selbstständiger Austritt sei nicht möglich. Ein solcher Schritt sei europarechtlich ausgeschlossen, um die Stabilität der Währung zu garantieren. Sollte Griechenland zur Drachme zurückkehren wollen, müsste der EU-Vertrag geändert werden – unter Zustimmung aller 27 EU-Länder: Dazu sind gegebenenfalls Volksabstimmungen notwendig, der Prozess würde sich hinziehen.
Alternativ besteht für Griechenland Siekmann zufolge nur die Möglichkeit, aus der EU insgesamt auszutreten. Das würde den Verzicht auf alle Regionalhilfen und Subventionen bedeuten.
Bereits 2009 hat sich auch die EZB in einem Arbeitspapier mit dem Austrittsproblem befasst. Der Autor Phoebus Athanassiou meint, ein EU-Austritt sei möglich und müsse auch nicht endgültig sein. Nach der Sanierung könnte das Land erneut ein Aufnahmeverfahren durchlaufen. Aber auch dieses Arbeitspapier macht deutlich, dass ein Ausstieg aus der Euro-Zone ohne einen parallelen Austritt aus der EU definitiv undenkbar wäre.
Auch die Möglichkeit zu einem Zwangsausschluss tendiert dem Papier zufolge gegen Null. Insofern entbehren solche Drohungen aus anderen Euro-Regierungen einer echten Grundlage. (APA)
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