Der Möchtegern-Reformer musste am Dienstag sogar von vier Sponsorenpartnern der FIFA Prügel einstecken. “Emirates ist wie alle Fußball-Fans in der Welt enttäuscht über die Vorfälle, die um die Führung des Sports kreisen”, erklärte die Fluggesellschaft am Dienstag in einer Pressemitteilung. Das Kreditkartenunternehmen Visa forderte in seiner Aussendung eine lückenlose Aufklärung: “Die gegenwärtige Lage ist eindeutig nicht gut für das Spiel. Wir rufen die FIFA auf, alle nötigen Schritte zu unternehmen, um die aufgekommenen Bedenken zu klären.”
Ein Sprecher des US-Getränkegiganten Coca-Cola nannte das Führungschaos “beunruhigend und schlecht für den Sport”. Der Konzern wolle der FIFA als Sponsor aber weiter die Treue halten. Auch der deutsche Sportartikel-Hersteller adidas verurteilte die jüngsten Entwicklungen in der FIFA. “Der negative Tenor der öffentlichen Debatte um die FIFA ist weder gut für das Image des Fußballs, noch der FIFA und seiner Partner”, sagte Firmensprecher Jan Runau. Er bestätigte zugleich jedoch eine Fortsetzung der “langjährigen und erfolgreichen Partnerschaft”.
Der englische Fußball-Verband (FA) drängte, “die Wahl aufzuschieben, dass ein alternativer Reformkandidat die Möglichkeit bekommt, zur Präsidentenwahl anzutreten”, erklärte Verbandschef David Berstein, der auf Unterstützung durch weitere Verbände hoffte. UEFA-Präsident Michel Platini zeigte sich vom Vorpreschen der Engländer “überrascht”. Bei einer Sitzung der Europäischen Fußball-Union (UEFA) am Montag sei es kein Thema gewesen.
Wie die Zukunft nach diesen turbulenten Tagen im Tollhaus FIFA aussehen wird? Blatter‘sche Lippenbekenntnisse wie “Null Toleranz bei Korruption” oder “Wir stecken in Schwierigkeiten, lösen diese aber innerhalb der Familie” werden nicht mehr ausreichen, wenn der krisengeschüttelte Verband eine Zukunft haben will. Blatter muss seinen ganzen Laden auseinandernehmen und schleunigst strukturelle Reformen mit einer unabhängigen Ad-hoc-Kommission vorantreiben. Dass er dazu in der Lage ist, bezweifeln viele.
Hartnäckig halten sich Gerüchte, dass Blatter nach einer erfolgreichen Wiederwahl nach zwei Jahren abtritt und den Weg für einen Neubeginn freimacht – unter einem Präsidenten Michel Platini. Der Franzose gilt als einzig möglicher Blatter-Nachfolger. Die Frage ist nur, ob erst 2015 oder schon früher.
Blatter selbst ging am Dienstagvormittag nochmals auf Werbetour in eigener Sache. Doch sein Auftritt um 9.30 Uhr im Züricher Nobelhotel “Renaissance” bei den Vertretern der Asiatischen Konföderation AFC “muss schlimm gewesen sein”, wie ein FIFA-Insider später berichtete. Nach bisher unbestätigten Angaben sollen Delegierte von “neun oder zehn” AFC-Verbänden bereits abgereist sein – aus Protest gegen die Suspendierung des einstigen Präsidentschaftskandidaten Mohammed bin Hammam.
Der 62-Jährige war am Sonntag von der FIFA-Ethikkommission wegen Korruptionsvorwürfen vorläufig suspendiert worden. Er bestreitet alle Vorwürfe, auch die einer gekauften WM 2022 in Katar, und hat Einspruch gegen seinen Ausschluss eingelegt.
Trotz des verheerenden Gesamtbildes hielt die FIFA an dem absurd anmutenden Wahltermin fest, obwohl auch am Dienstag neue, teilweise absurd anmutende Details bekanntwurden. So soll der paraguayische Spitzenfunktionär Nicolas Leoz als Gegenleistung für seine Unterstützung der WM-Bewerbung Englands gefordert haben, dass der traditionsreiche englische Pokalwettbewerb nach ihm benannt werde.
Leoz, seit 1986 Präsident des südamerikanischen Fußball-Verbandes (CONMEBOL), bestreitet alle Vorwürfe. Ex-FA-Chef David Triesman hatte vor drei Wochen sogar behauptet, der 82-Jährige habe einen Ehrenrittertitel für seine Stimme gefordert.
Immerhin droht sämtlichen beschuldigten Spitzenfunktionären kein juristisches Ungemach von staatlicher Stelle. Die Bestechungsvorwürfe werden in der Schweiz nicht rechtlich verfolgt, erklärte der Informationschef des Bundesamtes für Justiz, Folco Galli. Auch angesichts der jüngsten Ereignisse bei der FIFA habe sich an dieser Sachlage nichts geändert, betonte Galli.
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