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Franziskus I.: Der erste Papst aus Südamerika

Franziskus gilt als gemäßigter Konservativer innerhalb der Kirche.
Franziskus gilt als gemäßigter Konservativer innerhalb der Kirche. ©AP
Der neue Papst Franziskus I. (Jorge Mario Bergoglio, 76) ist der erste Vertreter Amerikas auf dem Stuhl Petri. Mit dem Argentinier und Jesuiten ist seit mehr als 100 Jahren auch wieder ein Ordensmann Papst.

Als Erzbischof von Buenos Aires benutzte Kardinal Bergoglio bisher öffentliche Verkehrsmittel, bewohnte ein Apartment statt einer Bischofsresidenz und setzte sich für Benachteiligte ein.

Gerüchten zufolge bereits 2005 beinahe Papst

Gerüchten zufolge wäre Franziskus (Franciscus) bereits 2005 fast zum Nachfolger Petri gewählt worden: Er konnte damals beim Konklave bis zu 40 der 115 Stimmen auf sich vereinen, wird gemunkelt, und erst sein Rückzug zugunsten des erstgereihten Kardinals Joseph Ratzinger habe dessen Wahl mit großer Mehrheit möglich gemacht.

 “Kardinal der Armen”

Dass der charismatische Kardinal als “Kardinal der Armen” galt, kommt nicht von ungefähr: Bergoglio stammt aus einer Familie mit fünf Kindern, deren Vater aus Italien eingewandert war und in Argentinien bei der Bahn arbeitete. Wie viele seiner Landsleute besitzt der 1936 geborene neue Papst auch heute neben der argentinischen auch die italienische Staatsbürgerschaft und spricht Spanisch und Italienisch, dazu nach einem Dissertations-Aufenthalt in Deutschland 1985 auch etwas Deutsch.

Der diplomierte Chemiker gilt als Multitalent – guter Koch, Opernliebhaber, Freund der griechischen Klassik, Shakespeares und Dostojewskis, guter Schwimmer und kräftig, obwohl er seit seiner Kindheit mit Lungenproblemen kämpfte. 2010 durchlebte er eine schwere Grippe, von der er sich allerdings wieder erholt hat.

 Als 21-Jähriger in den Jesuitenordner

Bergoglios kirchliche Laufbahn begann mit seinem Eintritt in den Jesuitenorden als 21-Jähriger. Kurz nach seiner Priesterweihe 1969 brachte er es zum Provinzial seiner Ordensgemeinschaft in Argentinien (1973). Später Theologieprofessor, wurde er 1992 zum Erzbischof-Koadjutor von Buenos Aires, 1998 zu dessen Erzbischof ernannt. 2001 machte ihn Papst Johannes Paul II. zum Kardinal, der zuletzt Mitglied in der Lateinamerika-Kommission, des Familienrates, der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung und der Kongregation für die Ordensleute ist.

 Konservativ, aber eher gemäßigt

Theologisch ist der neue Pontifex als eher gemäßigt und dialogbereit einzuordnen, zudem steht er der konservativen und sozial engagierten Bewegung “Communione e Liberazione” nahe. Seine vergleichsweise wenigen Worte haben Gewicht im traditionell katholischen Argentinien, in dem sich 90 Prozent der 40 Millionen Einwohner zum katholischen Glauben bekennen. Zu Weihnachten und Ostern besuchte Bergoglio ein Krankenhaus für arme Kinder oder ein Gefängnis, wusch den Kranken oder Gefangenen die Füße, doch sind öffentliche Auftritte nicht seine Sache: Der neue Papst gilt als wortkarg und medienscheu.

 Schatten aus der argentinischen Diktatur

Zu den Schattenseiten des bescheidenen, asketisch lebenden Kardinals rechnete man vor allem die Anschuldigungen, die auf seine Zeit als Jesuitenprovinzial zurückgehen; Während der Militärdiktatur Argentiniens (1976-1983) soll Bergoglio Ordensbrüder, die im Foltergefängnis inhaftiert waren, nicht ausreichend Rückendeckung gegenüber dem Regime gegeben haben, so der erst vor wenigen Jahren erhobene Vorwurf.

Konfrontationen mit der argentinischen Regierung

Interessant scheint zudem, dass der weithin als kirchenpolitisch gemäßigt und dialogorientiert bekannte Kirchenfürst früher zu politischen Streitereien möglichst Distanz hielt, seither jedoch eine Kehrtwende machte: Immer wieder eskalierten in den Folgejahren Streitigkeiten mit dem damaligen Präsidenten Nestor Kirchner, den Bergoglio öffentlich kritisierte.

Seine Regierung respektiere die demokratischen Institutionen nicht, sie handle konfrontativ und autoritär, warf er ihr vor. Ein Hauptstreitpunkt war die Sozial- und Sexualpolitik: So hatte Kirchner etwa gegen den Wunsch des Vatikans einen argentinischen Militärbischof entlassen, der sich kritisch zur Abtreibungspolitik geäußert hatte.

Seit dem Tod Kirchners 2010 herrschte mit dessen Frau Cristina Fernandez Kirchner – der nunmehrigen Präsidentin Argentiniens – ein freundlicherer Ton. (APA/KAP)

Alle Infos zum neuen Papst im Special.

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