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Fingerabdrücke des mutmaßlichen Berliner Attentäters am Lkw

Tunesier soll sich als Selbstmordattentäter angeboten haben
Tunesier soll sich als Selbstmordattentäter angeboten haben ©APA
Bei den Ermittlungen zum Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt erhärten sich nach Medienberichten die Hinweise auf den Verdächtigen Anis Amri.
Für Selbstmordanschlag angeboten
Europa fahndet nach Amri
Trauernde in Berlin

Eine Sprecherin der Behörde teilte am Abend in Karlsruhe mit, dass gegen den flüchtigen 24-jährigen Tunesier Haftbefehl erlassen wurde. Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass der europaweit gesuchte Tunesier am Steuer des Tat-Lkw saß.

Fingerabdrücke sichergestellt

Nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtmarkt haben Ermittler Fingerabdrücke des Terrorverdächtigen Anis Amri im Fahrerhaus des Lkw gefunden, mit dem am Montagabend zwölf Menschen getötet und rund 50 verletzt worden waren. Das teilte der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere am Donnerstag bei einem Besuch des Bundeskriminalamtes in Berlin mit.

De Maiziere bestätigte damit entsprechende Medienberichte. Diesen Berichten zufolge wurden Fingerabdrücke auf der Fahrertür und dem Lenkrad entdeckt worden. Schon zuvor hatten die Behörden mitgeteilt, dass im Lastwagen ein Ausweis des flüchtigen Tunesiers gefunden worden war. De Maiziere besuchte gemeinsam mit Justizminister Heiko Maas und Bundeskanzlerin Angela Merkel den Berliner BKA-Standort im Stadtteil Treptow.

Ermittler erhöhen Fahndungsdruck

Unterdessen erhöhten die Ermittler den Fahndungsdruck. So gab es in Nordrhein-Westfalen Polizeieinsätze. Dabei wurden in Dortmund nach WDR-Informationen mehrere Personen – offensichtlich aus der Islamistenszene – mitgenommen, um befragt zu werden. Festnahmen im direkten Zusammenhang mit dem Berliner Anschlag gab es nach Angaben der Bundesanwaltschaft jedoch nicht. Auch durchsuchten Beamte eine Flüchtlingsunterkunft in Emmerich im Kreis Kleve (NRW), wo Amri laut “Spiegel online” offiziell gemeldet war. Neben Ermittlungen in ganz Deutschland wurden auch die Grenzkontrollen zu Belgien und den Niederlanden verstärkt.

Über den dringend Tatverdächtigen, der 2015 ins Land einreiste, werden immer mehr Details bekannt. So hatten die Sicherheitsbehörden nach “Spiegel”-Informationen vor Monaten vage Hinweise darauf, dass er sich im Chat mit einem Hassprediger als möglicher Selbstmordattentäter anbot. Entsprechende abgefangene Äußerungen von Amri seien aber so verklausuliert gewesen, dass sie nicht für eine Festnahme gereicht hätten.

Amri informierte sich über Sprengsätze

Nach dpa-Informationen gibt es bisher keine Hinweise auf enge Kontakte von Amri zu dem kürzlich verhafteten Salafisten-Prediger Abu Walaa. Amri habe zwar in Salafistenkreisen verkehrt und sei auch in entsprechenden Wohnungen gewesen, hieß es aus Sicherheitskreisen. Ein wichtiges Teil eines salafistischen Netzwerkes sei er aber wohl nicht gewesen. Der Salafist habe offenbar vergeblich versucht, an automatische Waffen zu kommen. Nach einem Bericht der “New York Times” soll sich Amri im Internet auch über den Bau von Sprengsätzen informiert haben. Wann das war, wurde nicht genannt. Medienberichten zufolge wurde Amri zudem in Italien und Tunesien bereits zu langen Haftstrafen verurteilt.

Von März bis September war Amri als sogenannter Gefährder – damit sind unter anderem radikale Islamisten gemeint, denen schwere Straftaten zugetraut werden – von den Sicherheitsbehörden überwacht worden. Beweise für konkrete Anschlagspläne konnten die Ermittler aber nicht finden. Eine Abschiebung nach Tunesien scheiterte, weil er keinen Pass hatte. Seit Dezember gilt Amri als untergetaucht. Die Terrormiliz “Islamischer Staat” (IS) hat sich zu dem Berliner Anschlag zwar bekannt, ob der IS tatsächlich Verbindungen zu Amri hatte, ist aber unbewiesen.

Amri setzte Flüchtlingslager in Brand

Amri soll im Jahr 2011 einen Brand in einem Flüchtlingslager auf der Insel Lampedusa verursacht haben, auf der er mit einigen Landsleuten eingetroffen war. Dies geht aus Akten der sizilianischen Justizbehörden hervor.

In dem Lager waren 1.300 tunesische Migranten untergebracht. 800 Migranten flohen wegen des Feuers, 400 wurden von den Carabinieri unweit des Hafens lokalisiert. Die Rauchwolke infolge des Brands war so groß, dass der Flughafen Lampedusas vorübergehend gesperrt werden musste.

Einige Tage später wurden elf Personen festgenommen. Zu ihnen zählte auch der Tunesier. Dieser hatte bei seiner Ankunft auf Lampedusa im Februar 2011 angegeben, 17 Jahre alt zu sein. Dabei sei er 19 Jahre alt gewesen, berichteten die Behörden.

Kritik an Sicherheitsbehörden

CDU-Bundesvizechef Armin Laschet kritisierte die Arbeit der Sicherheitsbehörden. Sie hatten Amri, der mit verschiedenen Namen vor allem in Nordrhein-Westfalen und Berlin agierte, monatelang auf dem Radar, konnten ihm aber nichts nachweisen. “Die Informationen, die wir seit gestern bekommen, die können einen nur erschüttern, wie Behörden hier gearbeitet haben”, sagte Laschet im Deutschlandfunk.

Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) forderte bei einem Besuch der Bundeswehr in Afghanistan einen entschlossenen Kampf gegen den Terror. “Sie stehen dafür ein, dass wir uns nicht unterkriegen lassen vom Terror, dass wir uns wehren, gegen diejenigen, die die Menschen terrorisieren”, sagte sie vor Soldaten auf einem Weihnachtsmarkt im Feldlager von Mazar-i-Sharif. US-Präsident Donald Trump sieht sich indes in seiner Forderung nach einem Einreisestopp für Muslime bestätigt. “Es zeigt sich, dass ich recht hatte, 100 Prozent Recht”, zitierte ihn die “New York Times”.

Amris Brüder zeigen sich schockiert

Auf die Spur von Amri kamen die Ermittler, als sie im Lastwagen seine Duldungspapiere fanden. Das passierte aber erst am Dienstag, weil die Fahrerkabine zunächst versiegelt worden war. Amris Brüder zeigten sich schockiert und beteuerten, dass der 24-Jährige kein Terrorist sei. “Als er Tunesien verließ, war er ein normaler Mensch”, sagte Walid Amri am Donnerstag dem Sender Sky News Arabia. Sein Bruder Abdelkader meinte, dass sich Anis Amri im italienischen Gefängnis verändert haben könnte.

Der Sattelschlepper war am Montagabend auf den Weihnachtsmarkt bei der Gedächtniskirche gerast. Zwölf Menschen wurden getötet, rund 50 teils lebensbedrohlich verletzt.

Am Donnerstag wurde der Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz wieder geöffnet. Zum Schutz der Besucher wurden schwere Betonblöcke aufgestellt.

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