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"Fekter mehr als rücktrittsreif"

VN Interview: AK-Direktor Rainer Keckeis fordert ein gerechteres Steuersystem – und kritisiert die eigene Bundes-ÖVP
Die AK Vorarlberg hat einen Vorschlag zur steuerlichen Entlastung der Arbeitnehmer erstellt. Wie sieht der aus?

Keckeis: Die Grundsteuersätze müssen stufenweise gesenkt werden. Das ist unsere Hauptforderung. Hat man heute Einkünfte aus Arbeit oder aus einem Gewerbebetrieb von beispielsweise 15.000 Euro im Jahr, zahlt man 36,5 Prozent Lohnsteuer. Hat man dagegen Zinseinkünfte von 100.000 Euro oder einer Million im Jahr, zahlt man immer nur 25 Prozent. Und nachdem die ÖVP immer sagt, Leistung müsse sich lohnen, sehen wir nicht ein, dass die, die am meisten leisten – Arbeitnehmer, Gewerbebetriebe, Unternehmer – auch die sind, die am meisten zahlen sollen.

 

Nun ist der Slogan „Arbeit entlasten, Vermögen belasten“ nicht wirklich neu.

Keckeis: Wir brauchen eine grundsätzliche Änderung im Steuersystem. Wir müssen weg vom Lohnsteuerstaat. Dieses System ist mies, weil es die Leute nicht dem Leistungsprinzip nach besteuert. Eigentlich wäre es ja der Grundgedanke des Steuersystems, dass jeder seiner Leistungsfähigkeit nach etwas zum Steuersystem beiträgt. Das stimmt doch schon lange nicht mehr.

 

Sie kritisieren die eigene Partei.

Keckeis: Ja, massiv. Vor allem Ministerin Fekter, weil ihr in dem Moment, in dem man mehr Gerechtigkeit einfordert, nichts anderes einfällt, als von einer Hetzjagd zu sprechen. Und dieser Nazi-Begriff! Das ist nur noch unglaublich.

 

Ist Fekter für Sie rücktrittsreif?

Keckeis: Fekter ist mehrals rücktrittsreif. Sie steht für eine falsche Politik. Seit Jahren tut die ÖVP nichts anderes, als Bauern und das Großkapital zu unterstützen. Das ist eine Klientelpolitik.

 

Nur sicherheitshalber gefragt: Sie sind ÖVP-Mitglied, oder?

Keckeis: Ja, selbstverständlich und gerne auch noch. Trotzdem muss es erlaubt sein, auf eine verfehlte Klientelpolitik hinzuweisen. Denn die ÖVP besteht eben nicht nur aus Bauern und Unternehmern, sondern auch aus Arbeitnehmern.

 

Die Arbeiterkammer will eine Vermögensteuer.

Keckeis: Selbstverständlich. Eine Möglichkeit ist es, die Einheitswerte hinaufzusetzen. Es ist völlig verfassungswidrig, dass die steuerliche Bemessungsgrundlage für land- und forstwirtschaftliche Unternehmen an einem veralteten Grenzwert festgemacht werden. Eine Finanztransaktionssteuer ist der nächste Punkt. Und die Vermögensbesteuerung. Es geht uns nicht darum, dass man die Steuerbelastung insgesamt erhöht, sondern dass die Lasten insgesamt anders verteilt werden. Und noch etwas: Die ÖVP argumentiert immer, wenn Vermögen besteuert werde, handle es sich ja bereits um versteuertes Geld. Dabei müssen ja die ganze Umsatzsteuer, alle Verbrauchssteuern auch mit besteuertem Einkommen bezahlt werden – egal ob man nun das Auto tankt oder ein Brot kauft. Die verbrauchsabhängigen Steuern sind von der Verteilung her schlecht.

 

Was ist mit der Grundsteuer?

Keckeis: Man muss die Einheitswerte auf eine realistische Höhe anheben.

 

Grundeigentümer müssten damit mehr zahlen. Diese Forderung stößt auf heftigen Widerstand in Vorarlberg.

Keckeis: Wir haben in einer repräsentativen Studie gefragt, wie Vorarlbergs Arbeitnehmer zu einer Vermögensteuer mit einem Freibetrag zwischen 700.000 Euro und einer Million stehen. Ergebnis? 74 Prozent sind dafür. Laut dieser Umfrage haben 54 Prozent der Befragten selber ein Haus, eine Wohnung oder ein Grundstück. Natürlich haben wir auch den Wert abgefragt und kamen darauf, dass bei über 70 Prozent der Immobilienwert unter 500.000 Euro liegt. Also stimmt das Argument, dass eine Vermögensteuer den Mittelstand treffen würde, einfach nicht.

 

AK-Forderungen

Das Modell der Arbeiterkammer Das Steuermodell sieht vor allem deutlich abgesenkte Grenzsteuersätze vor. Demnach wären die ersten 11.000 Euro steuerfrei, der Eingangssteuersatz von derzeit 36,5 Prozent würde auf 20 Prozent abgesenkt (11.001 bis 25.000 Euro). Auch die darüber liegenden Grenzsteuersätze würden neu gestaffelt: zwischen 25.001 und 40.000 Euro 27 Prozent, zwischen 40.001 und 55.000 Euro 34 Prozent, zwischen 55.001 und 70.000 Euro 42 Prozent, ab 70.000 Euro 50 Prozent.

 

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