Fast jeder fünfte Lehrling scheitert an Abschlussprüfung: "Keine verlorene Generation"

83 von 100 jungen Vorarlbergerinnen und Vorarlbergern absolvierten im letzten Turnus ihre Lehrabschlussprüfung. Für sich genommen, hört sich das nach einem beachtlichen Schnitt an. Die Kehrseite der Medaille: Jene 17 Prozent, die vorläufig ohne den Abschluss dastanden. Dahinter verbergen sich Schicksale, oft auch Angst vor drohender Arbeitslosigkeit. Sind die Anforderungen schlicht zu hoch? “Nein”, konstatiert Herbert Motter von der Wirtschaftskammer, und warnt eindringlich vor Alarmismus. In erster Linie wisse man um das hohe Niveau der Lehrlingsausbildung hierzulande. Dieses drücke sich nun eben auch in den Prüfungsergebnissen aus.
Es sei der absolut falsche Ansatz, das Niveau nach unten zu korrigieren. Schließlich würde von allen Lehrlingen im Berufsleben hohe Arbeitsqualität eingefordert. “Das Niveau muss auf diesem Level bleiben”, führt Motter aus. Aber natürlich müsse es das Ziel sein, dass alle Lehrlinge diese Prüfung schaffen. Er verweist aber darauf, dass immerhin 70 Prozent der Prüflinge beim zweiten Antritt erfolgreich wären. Es würde in dieser Hinsicht auch vieles unternommen, um die Lehrlinge zu einem erfolgreichen Abschluss zu geleiten – Stichwort Lehrlings- und Ausbildercoachings.
Verlorene Generation?
Es verbleiben allerdings immer noch junge Menschen, die einen Abschluss auch nach dem zweiten Antritt nicht schaffen. Eine Situation, welche Motter selbst als “schlimm” beschreibt. Eine verlorene Generation? “Das wäre übertrieben”, sagt Motter, denn “wir lassen hier niemanden im Stich”. Mit überbetrieblichen Ausbildungszentren will man diesen Jugendlichen Perspektiven eröffnen. Zudem weisen die Zahlen der erfolgreichen Absolventen keine Sprünge auf – sprich, der Prozentsatz erfolgreicher Lehrabschlüsse bleibe in Vorarlberg in etwa konstant.
Doch warum hat fast jeder fünfte mit Problemen zu kämpfen? Motter nennt zwei Hauptgründe. Zum einen das abfallende Niveau auf den Pflichtschulen. “Was uns, den Ausbildern und den Ausbilderbetrieben zu schaffen macht, sind die seit Jahren sinkenden Kompetenzen der Lehrlinge, welche sie in den Pflichtschulen vermittelt bekommen”. Oft mangele es den Lehrlingen an Basiskompetenzen in den Fächern Mathematik, Lesen und Schreiben. “Einflussfaktoren” hielten vom büffeln ab, die Möglichkeit, sich abzulenken, sei bei den heutigen Jugendlichen noch um einiges höher als bei den Generationen zuvor. “Und auch die Lust am Lernen hat nicht gerade zugenommen.” Hier sind vor allem die Eltern gefordert. Doch die sind in vielen Fällen berufstätig. “Früher war eben noch die Mutter zu Hause”, meint Motter. Doch ein Gehalt reicht nur mehr selten aus. Deshalb plädiert man von Seiten der Wirtschaftskammer auch für Gesamt- und Ganztagesschulen.
Niveau der Lehrberufe steigt
Nicht zuletzt ist das Niveau der Ausbildungen an sich gestiegen. Viele Ausbildungen würden mehr und mehr technisiert, weswegen die Ansprüche wesentlich höher liegen. “Wir werden alle an einem Strang ziehen müssen, um für die kommenden Aufgaben gewappnet zu sein”, meint Motter, und spricht dabei vor allem auf Schulen, Kammern und Ausbilder an.
FPÖ fordert “Systemumbau”
Die FPÖ fordert angesichts der Zahlen der Lehrabschluss-Statistik eine Stärkung der Grundkompetenzen: “Wenn Betriebe nachwievor ein sinkendes Bildungsniveau und Probleme beim Lesen, Schreiben und Rechnen feststellen, dann ist das auch ein weiterer Beweis für den notwendigen Systemumbau im Schulwesen”, sagt FPÖ-Wirtschaftssprecher, LAbg. Hubert F. Kinz.
Nebst Ganztages- und gemeinsamer Schule fordert die FPÖ daher eine “konsequente Begleitung” der Lehrlinge. So sei die “Ausbildungsfortschrittskontrolle” zur Mitte der Lehrzeit nach Ansicht von Kinz wieder einzuführen.
(VOL.AT)
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