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EU-Gipfel einig bei Sanktionen gegen Russland - Investitionspakt steht

Faymann mit EU-Ratspräsident Tusk
Faymann mit EU-Ratspräsident Tusk
Russland beherrscht den EU-Gipfel in Brüssel. Die 28 "Chefs" halten zusammen, obwohl der Konflikt mit Moskau auch Europas Wirtschaft trifft.  Auch trotz der dramatischen Wirtschaftskrise in Russland hält die EU an den Sanktionen gegen Moskau fest. Gegen die Wirtschaftsschwäche in Europa gibt es ein Wachstumspaket.
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Zunehmend Sorgen bereitet auch der EU die Situation in Russland. Das wegen des Ukraine-Konflikts mit scharfen EU-Wirtschaftssanktionen belegte Riesenreich könnte vor einem finanziellen Kollaps stehen. “Keine guten Neuigkeiten”, kommentierte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bereits zu Beginn des Treffens am Donnerstag. Weder für die Menschen in Russland, noch für Europa und den Rest der Welt.

Doch ungeachtet des Verfalls der russischen Währung und der dramatischen Wirtschaftskrise in Russland vereinbarten die EU-Staats- und Regierungschefs einstimmig, an ihren Sanktionen festzuhalten, bis Moskau sein aggressives Verhalten in der Ukraine beendet. Das sagte der britische Premier David Cameron am späten Donnerstagabend nach Abschluss des EU-Gipfels. “Die Sanktionen sind aus bestimmten Gründen verhängt worden, und sie können nur durch den Wegfall dieser Gründe aufgehoben werden”, resümierte Merkel.

Alternativlos in Sachen Sanktionen?

Viele Alternativen bleiben den EU-Staaten in dieser Frage auch nicht. Entweder sie setzen darauf, dass Putin demnächst unter dem neuen Druck einknickt und sich konstruktiver als bislang für eine Lösung des Konflikts einsetzt. Oder sie suchen nach Möglichkeiten, Sanktionen zu lockern, ohne dabei das Gesicht zu verlieren.

Beide Wege sind riskant. Ein völlige Pleite Russlands könnte für die Weltwirtschaft und damit auch für die EU verheerende Konsequenzen haben. Für manche kleine EU-Staaten wie Finnland ist das Land noch immer einer der wichtigsten Handelspartner.

Zugeständnisse bei Strafmaßnahmen würden hingegen die Gefahr bergen, dass der Ukraine-Konflikt auf absehbare Zeit ungelöst bleibt – inklusive der vom Westen als völkerrechtswidrig bezeichneten Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim durch Russland.

“Strategisches Problem” Russland

Der Gipfel zeigte sich besorgt über die dramatische Wirtschaftskrise in Russland und den Rubel-Verfall. “Russland ist unserer strategisches Problem”, sagte Tusk, der früher Premier in Polen war. Die Wirtschaftskrise in Russland sei keine Angelegenheit von “zwei Tagen oder zwei Wochen”, warnte er. “Wir müssen als Europäer unser Selbstvertrauen wiederfinden und uns unserer eigenen Stärken bewusst werden.”

EU-Gipfel steht hinter Junckers Investitionsplan

Daneben stellten sich die 28 EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstagabend hinter den milliardenschweren Investitionsplan von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Sie begrüßten am Donnerstagabend auf ihrem Gipfel in Brüssel den Aufbau eines neuen europäischen Fonds (EFSI), der zwischen 2015 und 2017 insgesamt 315 Milliarden Euro mobilisieren soll. An den Russland-Sanktionen will die EU festhalten.

Da die “Chefs” die Agenda in sieben Stunden erledigten, verzichtete der neue Gipfelchef Donald Tusk auf den zweiten Gipfeltag. Die EU-Kommission will im Jänner konkrete Vorschläge vorlegen, die dann im Juni abschließend beschlossen werden sollen.

EU-Ratspräsident Tusk und Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel betonten nach der Sitzung, man sei sich darüber einig, mit drei gleichzeitigen Maßnahmen das schwache Wirtschaftswachstum in Europa anzukurbeln: durch den Investitionspakt, weitere Strukturreformen und fortgesetzte Haushaltskonsolidierung. Dies gilt als politischer Kompromiss zwischen Ländern wie Deutschland und Frankreich.

EZB-Chef fordert schnelle Umsetzung

Auch der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, forderte am Abend eine schnelle Umsetzung des Investitionspaktes. Juncker hatte seinen Plan im November präsentiert und dabei betont, dass der EFSI vor allem private Investitionen auslösen solle. Über den Fonds sollen Garantien und Ausfallgarantien für private Investoren übernommen werden.

Unklar ist, wie viele Staaten bereit sind, in den Fonds einzuzahlen, der sich auch aus Beiträgen aus dem EU-Haushalt und der Europäischen Investitionsbank (EIB) speist. Juncker hatte argumentiert, dass noch mehr Investitionen angeschoben werden könnten, wenn die Nationalstaaten genug Geld bereitstellen. Frankreichs Präsident Francois Hollande kündigte in Brüssel bereits eine Beteiligung seines Landes an. Die ersten Projekte des neuen EU-Investitionsprogramms sollten jedoch deutlich früher angeschoben werden. “Ich denke, Juni 2015 ist spät. Es sollte eine Vorfinanzierung für Projekte geben”, so Hollande.

Deutschland will dagegen zunächst die genauen Vorschläge der EU-Kommission über die Verwendung der Mittel abwarten. Bundeskanzlerin Angela Merkel dringt darauf, dass die Investitionen vor allem in den Bereichen gefördert werden sollen, die als zukunftsträchtig gelten. Dabei gehe es um Zukunftsprojekte im Forschungsbereich, in der Digitalwirtschaft oder in der Infrastruktur. “Wir haben heute deutlich gemacht, dass das Paket unter dem Rahmen der EIB laufen soll”, betonte Merkel. “Weil dadurch garantiert ist, dass wirtschaftlich interessante Projekte zum Zuge kommen.

Faymann vorsichtig optimistisch

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) äußerte vorsichtig optimistisch gegenüber dem Investitionspaket. “Der Teufel liegt im Detail – trotzdem soll man die positiven Dinge nicht vergessen”, meinte er. So stehe nun endlich nicht mehr die Austerität im Fokus. “Das Wachstum hat in der Diskussion die Oberhand gewonnen – noch nicht in der Umsetzung.” Faymann stellte zudem klar: “Wir wollen in keiner Weise daran beteiligt sein, dass Kernkraftwerke auf diesem Wege finanziert werden.”

Die Einzahlung in den Fonds wird auch dadurch attraktiver gemacht, dass die EU-Kommission die Einlagen im EFSI nicht bei der Berechnung nationaler Haushaltsdefizite berücksichtigen muss. In der Schlusserklärung des Gipfels heißt es, dass die EU-Kommission dabei aber im Rahmen der bestehenden Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts agieren muss. Vor allem Deutschland hatte auf diesem Zusatz bestanden, damit die Regeln nicht weiter ausgelegt werden. Denn etwa Italien wünscht, dass Investitionen generell aus dem Defizit herausgerechnet werden – also auch direkte staatliche Ausgaben für einzelne Projekte. Das ist nun nicht möglich.

Finanzielle Hilfen für krisengeschüttelte Ukraine

Der Gipfel stellte der pleitebedrohten Ukraine in allgemeiner Form weitere finanzielle Hilfe in Aussicht. Es sei nicht über konkrete Details gesprochen worden sei, sagte Merkel. “Wir wollen der Ukraine helfen, allerdings ist die Voraussetzung, dass die Ukraine wirklich wirtschaftliche Reformen durchführt und die Korruption massiv und energisch bekämpft”, so Merkel.

TTIP: Abschluss der Verhandlungen 2015 gefordert

Der Gipfel forderte zudem, die Verhandlungen über das geplante Freihandelsabkommen TTIP mit den USA im Laufe des kommenden Jahres abzuschließen. “Die EU und die Vereinigten Staaten sollten alles daran setzen, um die Verhandlungen über ein ehrgeiziges, umfassendes und für beide Seiten vorteilhaftes TTIP-Abkommen bis Ende 2015 zum Abschluss zu bringen”, heißt es in der Abschlusserklärung. Die Verhandlungen sind umstritten, da Kritiker das Aufweichen von europäischen Umwelt- und Verbraucherstandards befürchten. (APA/dpa/red)

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