Vor kurzem wurde bekannt, dass Vorarlberg österreichweit im Bundesländervergleich pro 100.000 Einwohnern die zweitmeisten Abhängigen von Opioiden hat. W&W hat bei der Suchtberatungsstelle Clean, die heuer 25-jähriges Bestehen feiert, nach der allgemeinen Situation gefragt. „Cannabis ist für viele eine selbstverständliche Droge geworden, leider auch für Jugendliche. Da gibt es zwischen den Probierkonsumenten und jenen zu unterscheiden, die wirklich täglich konsumieren. Das kann gravierende Auswirkungen auf die psychosoziale Entwicklung haben“, erklärt Christine Köhlmeier im Gespräch mit WANN & WO. „Opiate (Anm. d. Red.: z.B. Heroin, Morphin) haben sich in einem hohen Bereich eingependelt und viele erreichen wir durch Substitution. Das führt zu einer Entkriminalisierung und Stabilisierung.“
„Multipler Missbrauch“
Als sehr besorgniserregend empfindet die Expertin die Zunahme, die insbesondere im multiplen Substanzmissbrauch festzustellen ist: „Es wird alles Mögliche nebeneinander konsumiert: Kokain, Heroin, Alkohol und auch synthetische Drogen. Es gibt also nicht mehr die eine Hauptdroge, sondern man nimmt, was man gerade bekommt. Oder man nimmt z.B. auch eine andere Droge, um sich wieder in einen ganz anderen psychischen Zustand zu bringen. Hier sieht man sehr gut, dass mit dem wachsenden Angebot auch die Zahl jener wächst, die Probleme bekommen, bis zur Sucht.“ Die Frage nach eventuellen „Hotspots“ in Vorarlberg könne Köhlmeier nicht beantworten, sie erklärt jedoch: „Unsere Klienten sagen, dass wer welche will, die Drogen überall bekommt. Mir ist aber kein besonderer Hotspot bekannt.“
„Heroin, Kokain, LSD, …“
30 bis 40 Prozent der jungen Österreicher haben bereits Konsumerfahrungen mit Cannabis, bei Heroin oder anderen Substanzen liegt dieser Satz bei unter fünf Prozent. „Ich würde Konsumerfahrung bei bestimmten Substanzen schon als besorgniserregend bezeichnen. Darunter zähle ich Heroin, Kokain, LSD und viele synthetische Drogen, also jene, die ein hohes Suchtpotenzial haben bzw. starke psychische Auswirkungen haben“, führt Köhlmeier weiter aus. „Bei anderen, wie Alkohol und Cannabis ist Konsumerfahrung selbst noch nicht besorgniserregend.“ Trotzdem sei Alkohol nicht auf die leichte Schulter zu nehmen: „Alkohol ist leicht verfügbar, gesellschaftlich toleriert und somit kann eine Sucht sich lange offen entwickeln“, warnt die Beraterin.
45 Prozent unter 30!
Betrachtet man die Altersstruktur der im Arbeitsbereich von Clean betreuten Vorarlberger, so ist auffällig, dass rund 45 Prozent unter 30 Jahre alt sind. „Unsere Aufgabe liegt in der Beratung und Psychotherapie, also arbeiten wir mit Betroffenen und Angehörigen, die zu uns kommen. Wenn sie kommen ist meist eine Bereitschaft, ein Wunsch zur Veränderung da. Wenn dies noch nicht gelingt, reden wir über Möglichkeiten der Begrenzung, Konsumpausen und Alternativen.“
3 Fragen an Dr. Reinhard Haller
Hat sich die letzten Jahre etwas geändert?
Die Drogensituation ist einem ständigen Wandel unterworfen. Es ist heute eine andere Szene zu beobachten. Manche Drogen verschwinden, manche kommen neu hinzu, speziell süchtige Verhaltensweisen aben zugenommen. Insgesamt hat die Zahl der Süchtigen zugenommen, allerdings nicht in allen Bereichen.
Was sind Gründe für diese Entwicklung?
Offensichtlich ist das Angebot ein viel Größeres geworden, Drogenprobleme haben immer auch mit der Griffnähe und Verfügbarkeit zu tun. Drogen sind zwischenzeitlich – auch durch die Gloablisierung – eines der wichtigsten Handeslsgüter weltweit geworden. Vorarlberg hat traditionell eine große Drogenszene, was durch die Lage zur Schweiz bzw. durch das Dreiländereck begünstigt wird.
Welche Drogen nehmen bei uns zu?
Beim Alkohol ist eine Stagnation auf hohem Niveau zu beobachten, auch der Heroinkonsum hat abgenommen. Andere Drogen, wie beispielsweise Amphetamine, Ecstasy, Kokain und vor allem Cannabis, sind dagegen viel häufiger geworden.
„Prävention und Aufklärung weiter forcieren“
Andreas Prenn, Leiter Supro: „Laut Drogenbericht gibt es einen starken Rückgang des Opioidkonsums bei jungen Menschen. Die Zahl der Einsteiger ist rückläufig, die Präventionsmaß nahmen greifen. Aus Sicht der Supro ist der seit Jahren in Vorarlberg verfolgte Weg in der Sucht und Drogenpolitik richtig. Es gilt Prävention und Aufklärung sowie die Zusammenarbeit mit unseren kompetenten Beratungs und Therapieeinrichtungen weiter zu forcieren.“
25 Jahre Clean
Seit 25 Jahren finden Betroffene bei Clean in Feldkirch, Bregenz (seit 1993) und Bludenz (seit 2005) Hilfe. Informationen zu ambulanter Beratung, Psychotherapie, Subsitutionsbehandlung und Kontakt zu Clean gibt es online auf www.clean.mariaebene.at.
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