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"Es gibt nach wie vor große Lücken"

Ja sagen und dieselben Ehe-Rechte genießen, ist ein großer Wunsch vieler Homosexueller.
Ja sagen und dieselben Ehe-Rechte genießen, ist ein großer Wunsch vieler Homosexueller. ©APN
Bregenz - Der „Internationale Tag gegen Homophobie“ soll ganz im Zeichen der Toleranz stehen.

Dass er homosexuell ist, wusste er schon immer. Sogenannte „Schein-Freundinnen“ hatte er trotzdem. Bis zum 18. Lebensjahr. Dann war genug. „Ich bin schwul“, verkündete er seinen Freunden eines Abends im kollektiven Zusammensein. „Sie reagierten aber nicht auf meine Neuigkeiten“, lacht Jogy Wolfmeyer heute. „Das wussten wir doch schon längst“, antworteten sie auf das Outing und ließen sich davon nicht länger beirren. Wolfmeyer ist bekennender Schwuler und Obmann des seit 1998 bestehenden Vereins „Homosexuelle Aktion Vorarlberg“. Mehr offene Leute wie seine Freunde wünscht er sich. Denn auch im Jahr 2012 muss er sich noch hie und da Kommentare wie „Schau mal, da ist wieder diese Schwuchtel!“ anhören. „Solche Sätze versuche ich zu ignorieren“, sagt der Dornbirner.

Keine finanziellen Mittel

Was ihn viel mehr ärgert, sind die fehlenden finanziellen Zuschüsse von der Politik. „Wir können gar nicht so viel machen, wie wir wollen, da uns das Geld dazu fehlt“, sagt der 44-Jährige. So betreut Wolfmeyer regelmäßig Fälle wie Mobbing am Arbeitsplatz tatkräftig – wenn es sein muss auch vor Gericht. „Im vergangenen Jahr hatten wir zwei Fälle“, resümiert er. Doch es wäre bei Weitem mehr zu tun, die Nachfrage ist da. So steht der Dornbirner Homosexuellen in verschiedenen Lebenssituationen auch beratend zur Verfügung – etwa beim Thema Eingetragene Partnerschaft. „Viele, die zu uns kommen, wollen heiraten. Aber es gibt nach wie vor große Lücken zur ‚traditionellen‘ Ehe“, pocht er auf mehr Rechte. So kann ein homosexuelles Paar weder Kinder adoptieren noch sich künstlich befruchten lassen. „Theoretisch könnte ein in Österreich lebendes lesbisches Paar nach Deutschland fahren, um sich künstlich befruchten zu lassen, wo es gesetzlich erlaubt ist – das ist doch paradox“, zeigt er auf. „Die Gleichstellung der Homo-Ehe scheitert an der ÖVP“, ist Wolfmeyer überzeugt. „Für alles wird in Vorarlberg Geld ausgegeben, nur nicht für Institutionen, die Homosexuelle unterstützen.“ Dabei sei es doch so wichtig, für die Aufklärung einen finanziellen Zuschuss zu bekommen. „Auch die AIDS-Hilfe wird permanent gekürzt. Wenn die Zahl der Erkrankungen wieder in die Höhe schnellt, darf man sich einfach nicht wundern. Ich halte das für hinterwäldlerisch.“ Die Toleranz in der Vorarlberger Gesellschaft sei in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Mit Diskriminierungen sei man im Alltag dennoch immer wieder konfrontiert. „Leider fehlt es oft an Zivilcourage. Wenn ein anderer geärgert wird, greift man schließlich auch ein“, bringt es der 44-Jährige auf den Punkt.

Flashmobs in Vorarlberg

Am heutigen „Internationalen Tag gegen Homophobie“ wird der Dornbirner zwei Flashmobs beiwohnen: Um 13 bzw. 16 Uhr ist jeder herzlich eingeladen, in der Europapassage in Dornbirn bzw. in der Marktgasse in Feldkirch zum gleichgeschlechtlichen Händchenhalten zu kommen und so ein Zeichen für mehr Toleranz und Akzeptanz zu setzen. Seit sieben Jahren wird am 17. Mai weltweit gegen Homophobie aufmerksam gemacht. Das Datum markiert den Tag, an dem 1992 die Weltgesundheitsorganisation WHO Homosexualität von der Liste der Krankheiten genommen hat. Ein großes Vorbild in Sachen Homo-Ehe sind die Niederlande – seit 2001 lässt das Land als erstes Land weltweit standesamtliche Eheschließungen von Homosexuellen zu.

Umfrage: Wie stehen Sie zur Homo-Ehe?

Roland Frühstück (Parteichef ÖVP): Lebensgemeinschaften von homosexuellen Paaren befürworten wir. Die Institution Ehe sollte aber ausschließlich Mann und Frau vorbehalten sein. Ob gleichgeschlechtliche Paare Kinder adoptieren dürfen? Auch diesbezüglich gibt es von uns ein klares Nein.

Michael Ritsch (Parteichef SPÖ): Ich bin ein Befürworter aller Lebenspartnerschaften. Vor drei Jahren haben wir ja auch „SPÖ und Homosexualität“ gegründet. Für mich gibt es kein starres Bild der Familie und ich verstehe nicht, wieso nicht auch homosexuelle Paare alle Rechte einer Ehe in Anspruch nehmen dürfen.

Johannes Rauch (Parteichef Grüne):Ich befürworte die Homo-Ehe ganz klar. Es gibt keinen Grund, sich im Jahr 2012 dagegen auszusprechen. Und Kinder zu adoptieren ist dann die logische Folge. Warum sollen Menschen, die sich lieben, nicht auch die Möglichkeit haben, Kinder zu adoptieren?

Kornelia Spiß (Familiensprecherin FPÖ): Mit der Eingetragenen Partnerschaft sind Diskriminierungen aus der Welt geschafft. Eine Ehe hat für mich aber mit Mann und Frau zu tun. Ich habe homosexuelle Freunde – bei Adoptionen bin ich mir aber nicht sicher, ob das richtig ist. Ein Kind sollte Vater und Mutter haben.

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