“Hören Sie mir zu. Wenn Sie noch weiter gehen, werden die Grenzen geöffnet, merken Sie sich das”, sagte Erdogan am Freitag in einer Rede in Istanbul an die Adresse der EU.
Brüssel und Ankara hatten im März ein Abkommen geschlossen, um die Flüchtlingsbewegung Richtung Europa einzudämmen. Nach der Vereinbarung machten sich deutlich weniger Menschen auf den gefährlichen Weg aus der Türkei über die Ägäis, um auf diese Weise die griechischen Inseln und damit die EU zu erreichen.
EU fordert Einfrieren der Beitrittgsgespräche
Am Donnerstag hatte das Europaparlament ein “vorläufiges Einfrieren” der Beitrittsgespräche mit der Türkei gefordert. Die Kommission und die EU-Staaten müssten eine entsprechende Initiative ergreifen, verlangte das Parlament in einer Entschließung. Es begründete diesen Schritt mit den “unverhältnismäßigen Repressionen”, die seit dem gescheiterten Militärputsch Mitte Juli in der Türkei gegen Regierungsgegner ergriffen worden seien.
Die verabschiedete Resolution des Europaparlaments zur Türkei ist nach Meinung des FPÖ-Delegationsleiters im Europäischen Parlament, Harald Vilimsky, nur eine “Light-Version gegenüber Ankara”. “Anscheinend traut sich die EU nicht, die Beitrittsverhandlungen und die Heranführungshilfe komplett abzubrechen. Stattdessen wird alles nur eingefroren und man hofft, dass sich Erdogan doch noch besinnt, damit die EU Beitrittsverhandlungen und Zahlungen fortführen kann”, meinte Vilimsky am Freitag in einer Aussendung.
Die FPÖ brachte im Rahmen ihrer Fraktion “Europa der Nationen und der Freiheit” (ENF) Anträge auf Abbruch der Verhandlungen und sofortigen Stopp der Heranführungshilfen an die Türkei ein. Dagegen stimmten laut Vilimsky vor allem Abgeordnete der Europäischen Volkspartei. “Die ganze Aufregung, dass die EU die Beitrittsverhandlungen einstellen wird, war nur Show”, meinte er. Vilimsky fordert daher einen endgültigen Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.
Kurz weist Drohung Erdogans zurück
Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Freitag die jüngste Drohung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zurückgewiesen, nach dem Votum des EU-Parlaments für ein Einfrieren der Beitrittsgespräche mit der Türkei die Grenzen für Flüchtlinge Richtung Europa zu öffnen.
Wien. “Europa darf sich nicht erpressen lassen und muss eigenständig seine Grenze schützen”, erklärte Kurz in einer Aussendung. Wer sich nur auf den Flüchtlings-Deal verlasse, werde bald selbst verlassen sein. Es wäre falsch von der EU-Spitze, “wenn sie die klare Stellungnahme des EU-Parlaments gegen die gedankenlose Fortsetzung der Beitrittsgespräche wegen solcher Drohungen ignorieren würde”, so der Außenminister.
Türkei-Deal für Kurz nur Plan B
Für den Deal mit der Türkei habe es zwei Bedingungen gegeben: die Visa-Liberalisierung und eine Beschleunigung der Beitrittsgespräche. “Es war immer klar, dass wir das nicht erfüllen können”, betonte Kurz
Er habe immer gesagt, dass der Türkei-Deal nur Plan B sein könne, Plan A müsse ein eigener Schutz der Außengrenze nach australischem Vorbild sein. “Nicht eins zu eins das Australien-Modell, aber vom Grundprinzip her”, fügte der Minister hinzu. “Nämlich, dass die illegale Einreise nicht mehr mit einem Ticket nach Mitteleuropa verbunden ist.”
Es müsse jedem klar sein: Wer sich illegal auf den Weg mache, werde gestoppt und in einem Auffangzentrum an der EU-Außengrenze angehalten, wo er menschenwürdig versorgt und seine Rückführung organisiert werde.
Gleichzeitig plädierte Kurz für mehr Hilfe vor Ort und für legale Resettlement-Programme, also die Betreibung von Asylzentren vor Ort, aus denen die EU-Länder freiwillig, auf legalem Weg und gut organisiert die Ärmsten der Armen holen könnten. Er wies auch darauf hin, dass Österreich die bilaterale Entwicklungshilfe ab 2017 verdoppele.
(APA/ag.)
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