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„Ein schräger Typ nackt im Wald“

W&W traf den Ländle Schauspieler bei den Sunset-Steps in Bregenz.
W&W traf den Ländle Schauspieler bei den Sunset-Steps in Bregenz. ©MiK
Schauspieler Michael-Joachim Heiss im W&W-Talk über Jugendsünden, seinen Werdegang und aktuelle Projekte.

WANN & WO: Warum bist du momentan im Ländle?

Michael-Joachim Heiss: Ich drehe mit Reinhold Bilgeri einen Beitrag für „Universum History – Die Geschichte Vorarlbergs“. Dabei spiele ich Willi Juen, der in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg der Überlieferung nach ein Schmuggler war. Auch in Reinholds Kinoprojekt, „Erik. Weltmeisterin“, habe ich einen Auftritt als Krankenpfleger.

WANN & WO: Ein interessantes Projekt ist dein Nibelungen-Film. Was ist daran so besonders?

Michael-Joachim Heiss: Die Story hat eine besondere Note: Es gibt diese verklärte Überlieferung der Nibelungen, die Siegfried als positive Heldenfigur glorifiziert. Das ist aber nicht richtig, sondern entstammt der Feder des Autors dieser kitschigen Version. In der wahren Überlieferung ist Siegfried ein Vagabund, der von Hof zu Hof herumsandelt und ein Lotterleben führt. Kriemhild verfällt ihm in unserem Film, weil er eben dieser „Rocker-Typ“ ist. Ich als Hagen von Tronje mache da nicht mit, denn ich will das Familienimperium schützen. Und dann müssen halt alle der Reihe nach sterben (schmunzelt).

WANN & WO: Spielst du sonst nicht eher den „Bad-Boy“?

Michael-Joachim Heiss: Hagen ist im Film auch nicht unbedingt ein „Good-Boy“ – schließlich bringe ich ja ein paar Leute um. Die Geschichte wird aber aus meiner Sicht erzählt und so wird nachvollziehbar, warum Hagen das macht, was er macht.

WANN & WO: Wie gehst du privat mit diesem Image um?

Michael-Joachim Heiss: Ich glaube, privat bin ich eher das Gegenteil. Wenn du im Theater den Bösen spielst, bist du bei den Proben vier bis sechs Stunden täglich böse. Es färbt ab, wenn man lange in der negativen Emotion ist. Das zieht einen mitunter richtig runter.

WANN & WO: Wie gehst du an eine Figur heran?

Michael-Joachim Heiss: Ich sage mir, wenn er z.B. eine Frau vergewaltigt, gibt es einen Grund dafür. Natürlich würde ich so etwas nie machen, aber in der Rolle muss es aus der Sicht der Figur eine klare Rechtfertigung dafür geben. Der Böse sieht sich selbst ja nicht als solchen, sondern er tut für sich das Richtige. Danach muss man aber wieder aussteigen können.

WANN & WO: Wie war deine Jugend in Bregenz und Hard?

Michael-Joachim Heiss: Ganz brav: Kindergarten, Volksschule, Hauptschule, Polytechnischer Lehrgang, Lehre als Gas-Wasser-Heizungs-Installateur – damals sagte man noch klassisch „Gas, Wasser, Scheiße“, heute heißt es offenbar Ökoenergietechniker (lacht). Danach habe ich ein paar Jahre in verschiedenen Berufen gearbeitet. Dabei war ich irgendwie immer unzufrieden und dachte, ich muss jetzt mal was machen, das mir taugt. Ich habe immer Spaß, wenn ich die Leute mit dem was ich mache, unterhalten kann. Egal, ob ich etwas spiele, oder singe. Ich habe dann beschlossen, dass ich nach Wien gehe, um Musik zu studieren. Dort habe ich zweieinhalb Jahre Gesang und gleichzeitig auch schon Schauspiel studiert. In Letzterem fühlte ich mich damals wohler und entschied, mich voll darauf zu konzentrieren.

WANN & WO: Bist du ein braves Kind gewesen?

Michael-Joachim Heiss: Ui, meine Eltern haben mit mir viel mitgemacht. Ich war ein richtig miserabler Schüler und hatte immer andere Interessen (lacht). Blödsinn machen war sehr wichtig für mich. In der Pubertät, mit „kleinen Jugendgangs“. Zwei, drei Mal war dann schon die Polizei im Haus – Jugendsünden eben (lacht).

WANN & WO: Wie ist das heute?

Michael-Joachim Heiss: Keine Jugendsünden mehr – ich bin ja nicht mehr jugendlich, mit 42. Nein, ich lebe eigentlich ganz normal, ohne gröbere Ausreißer.

WANN & WO: Spielt Musik noch immer eine Rolle in deinem Leben?

Michael-Joachim Heiss: Ich bin Musiker im Ruhestand, aber ohne geht es nicht. Ich würde gerne wieder ein Musikvideo machen. Was Freakiges, Abgefucktes wäre cool – Darf ich das hier sagen? – abgefuckt, abgefuckt (lacht). Mir schwebt was Psychomäßiges vor, ein schräger Typ, der nackt im Wald rumrennt. Musikvideos reizen mich, weil es kleine, kreative und richtig abgefahrene Sachen sein können.

WANN & WO: Wie gefällt dir das Leben in Wien?

Michael-Joachim Heiss: Nach 18 Jahren muss ich schon sagen, dass ich langsam mit dem Gedanken spiele, von Wien wegzugehen. Die Stadt hat einfach ein Ablaufdatum. Mittlerweile sind viele aus meiner Community „geflüchtet“ und mir kommt fast vor, dass ich alleine übriggeblieben bin. Ich fühle mich nicht einsam, aber ich kann auch die verstehen, die wieder gegangen sind.

WANN & WO: Warst du 18 Jahre lang durchgehend in Wien?

Michael-Joachim Heiss: Ich bin acht Monate auf gut Glück nach Berlin, ohne Kohle, ohne Freunde und ohne Arbeit. Und ich bin komplett eingefahren! Da hat es mich echt auf die Fresse gehauen. Das Einzige, das ich da gerissen habe, war meine „Mittäterschaft“ bei GZSZ.

WANN & WO: Wie gehst du mit solchen Rückschlägen um?

Michael-Joachim Heiss: Im ersten Moment tut es weh, aber im zweiten lache ich darüber. Früher hat mich das extrem gekränkt, aber heute denke ich mir, es kommt wahrscheinlich noch was Besseres.

WANN & WO: Was für Filme oder Serien siehst du privat gerne?

Michael-Joachim Heiss: Ich bin nicht an Blockbustern interessiert, mehr am menschlichen Drama. Wenn die Story zu weit hergeholt wird und die Logik nicht stimmt, ist die Illusion zerstört und der Film kaputt. Darum sehe ich nur gezielt und mag mich nicht zumüllen lassen vom TV-Programm. Ich sehe sehr gerne „My Name is Earl“ – Spitzen-Humor mit unerwarteten Pointen, skurrile Geschichten, ähnlich wie bei den Simpsons.

WANN & WO: Mit wem würdest du gerne mal drehen?

Michael-Joachim Heiss: Bei den Nibelungen habe ich mit David Schütter gespielt, der ein aufstrebender Star in Deutschland ist. Der war super, vor allem menschlich. Ich könnte mit De Niro und anderen daherkommen, aber David ist ein Freund von mir. Das war ein tolles Team und mich würde es von Herzen freuen, wenn ich wieder mit ihm oder mit Verena Altenberger drehen dürfte. Das ist mir viel lieber als Filmcrews, die nur in den „Backstage-Videos“ gut miteinander auskommen, und wo in Wirklichkeit viel Neid und andere Befindlichkeiten die Hauptrollen spielen.

WANN & WO: Kann man einen Schauspieler fragen, wo er sich in zehn Jahren sieht?

Michael-Joachim Heiss: Das ist schwierig, denn als Schauspieler gibt man sein Schicksal ja komplett aus der Hand. Regisseure, Produzenten entscheiden da ja das meiste.

WANN & WO: Muss man mit den wichtigen Leuten auf die richtigen Partys gehen?

Michael-Joachim Heiss: Viele sagen mir, ich müsse das Spiel mitspielen. Ich möchte aber, dass man mich wegen der Qualität holt und nicht, weil ich mich auf irgendeinem Event vorgestellt und angebiedert habe. Da fühle ich mich, als würde ich im Minirock an der Rheinstraße stehen. Das ist nicht mein Ding. Ich verlasse mich lieber auf meine Sterne und darauf, dass die mal günstig stehen.

Die gesamte Ausgabe der WANN & WO lesen Sie hier!

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