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Demonstranten vertrieben - Klitschko: "Sieg oder Gefängnis"

Klitschko kritisierte den Aufmarsch scharf
Klitschko kritisierte den Aufmarsch scharf ©EPA
Ukrainische Sicherheitskräfte haben die prowestlichen Demonstranten aus dem seit Tagen belagerten Kiewer Regierungsviertel vertrieben. Hunderte Mitglieder der Spezialeinheit "Berkut" (Steinadler) räumten Barrikaden aus Mülltonnen und Stacheldraht.
Ukraine: Demonstranten vertrieben
Ashton vermittelt in Kiew
Parteizentrale gestürmt

Als sich Protestierer mit Reizgas und Stöcken wehrten, seien zwei Beamte verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher der Zeitung “Ukrainskaja Prawda”. Auch Boxweltmeister Wladimir Klitschko habe sich friedlich der Polizei entgegengestellt, teilte die Oppositionspartei Udar (Schlag) seines Bruders Vitali mit. Der Chef der rechtspopulistischen Oppositionspartei Swoboda, Oleg Tjagnibok, sagte, zehn Demonstranten hätten ebenfalls Verletzungen erlitten. Medienberichten zufolge waren insgesamt etwa 6000 Sicherheitskräfte im Einsatz.

“Europäischer Geist” zu spüren

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle rief die ukrainische Regierung unterdessen zum Schutz der pro-europäischen Demonstranten auf. Bei den Protestierenden auf dem Unabhängigkeitsplatz in der Hauptstadt Kiew seien ein “europäischer Geist” und ein “Bekenntnis zu Europa” zu spüren, sagte Westerwelle am Dienstag im ZDF-“Morgenmagazin”. “Das darf nicht unterdrückt werden, das muss entfaltet werden”, fügte er hinzu. Daher richte er einen “dringlichen Appell an alle Sicherheitskräfte und Regierungsinstitutionen, diese friedlichen Proteste und Demonstrationen nicht nur zuzulassen, sondern aktiv zu schützen”.

Ashton soll vermitteln

In der Hauptstadt wurde am Dienstag die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zu Vermittlungen erwartet. Sie zeigte sich beunruhigt über einen angeblichen Sturm von Sicherheitskräften auf das Hauptquartier der Vaterlandspartei der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko. Bisher hat noch keine Behörde die Verantwortung für die Aktion übernommen, bei der Computer beschlagnahmt worden sein sollen. Nach Protestaufrufen der Opposition ermittelt der Geheimdienst wegen versuchten Staatsstreichs.

Auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz (Maidan) demonstrierten den 19. Tag in Folge erneut Hunderte Menschen auch in der Nacht bei klirrend kaltem Wetter friedlich gegen die Regierung von Präsident Viktor Janukowitsch und für einen Westkurs der Ex-Sowjetrepublik.

Dramatische Szenen am Montag

Bereits am Montag haben Sicherheitskräfte im Regierungsviertel von Kiew erste Barrikaden der proeuropäischen Opposition um Boxweltmeister Vitali Klitschko geräumt. Für Aufsehen sorgten Berichte, wonach maskierte Sondereinheiten die Zentrale der Vaterlandspartei der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko gestürmt haben sollen. Polizei und Geheimdienst wiesen dies zurück.Im Stadtzentrum ließen die Behörden Einheiten des Innenministeriums aufmarschieren. Die russische Agentur Itar-Tass meldete, insgesamt seien 6000 Sicherheitskräfte im Einsatz. An diesem Dienstag läuft ein Ultimatum der Behörden ab. Sie fordern, dass Regierungsgegner besetzte Gebäude in der Millionenmetropole räumen.

Unerbitterlicher Stellungskrieg

Demonstranten versperrten Straßen und Gehwege der Hauptstadt mit Stacheldraht, Baumstämmen und Autos. Beobachter in Kiew sprachen am Montag von einem “unerbittlichen Stellungskrieg wie bei Partisanen”. Ihnen standen Hunderte Polizisten mit Helmen, Schutzanzügen und Schilden am Unabhängigkeitsplatz (Maidan) und dem benachbarten Prachtboulevard Kreschtschatik gegenüber.

Klitschko kritisierte den Aufmarsch scharf. Der prorussische Präsident Viktor Janukowitsch versuche vermutlich, die mehreren Tausend Regierungsgegner einzuschüchtern. “Aber wir bleiben. Ich rufe alle Regierungsgegner auf, zum Maidan zu kommen”, sagte Klitschko. Der frühere Innenminister Juri Luzenko sagte in einem Zeitungsinterview, für die Opposition gebe es nur zwei Möglichkeiten: “Gefängnis oder Sieg”. Bei einem der größten Proteste in Kiew seit Jahren hatten am Vortag Hunderttausende den Rücktritt der Regierung gefordert.

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