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Christoph Schönborn wird 65

Gottes Krisenmanager in Österreich wird 65. Der in Vorarlberg aufgewachsene Kardinal galt einst als potenzieller Nachfolger von Papst Johannes Paul II.

Als Kardinal Christoph Schönborn 1995 aufgrund eines Missbrauchs-Vorwurfs gegen Hans-Hermann Groer dessen Amt als Wiener Erzbischof übernahm, konnte er nicht ahnen, dass Kirchenkonflikte seine Amtszeit prägen würden. Bis zur jüngsten Krise, ausgelöst durch die letztendlich missglückte Ernennung des erzkonservativen Gerhard Maria Wagner zum Linzer Weihbischof, meisterte der gebürtige Böhme aber so ziemlich alles – wenn auch meist nach längerer Bedenkzeit. Selbst mit Rom legte sich der Wiener Erzbischof, der am Freitag Geburtstag feiert, an.

Schönborn gilt in Kirchenkreisen als weltoffen, leutselig und sprachgewandt. Seine fast verschämte Art, Glaubenswahrheiten zu verkünden, beeindruckt selbst liberale Kritiker des aus adeligem Hause stammenden Dominikaners, dessen Stammbaum mit mehr als einem Dutzend Bischöfen und Kardinälen aufwarten kann. Beim kritischen Kirchenvolk hat es Schönborn hingegen schwerer. Er greift “heiße Eisen” oft zögerlich an und reagiert dann im vertrackten Kirchensprech. Letztlich fallen ihm aber doch noch – zumindest für hohe Kleriker – deutliche Worte ein. In der Causa Wagner war es etwa ein geharnischter Hirtenbrief der Österreichischen Bischofskonferenz, deren Vorsitzender Schönborn ist – was letztendlich einen “Rapport” bei Papst Benedikt XVI. zur Folge hatte.

Nach dem Tod von Johannes Paul II. firmierte Schönborn im “Papst-Toto” ganz oben. Der immer elegant auftretende Kardinal ist nicht nur einer der profiliertesten Fürsprecher des interreligiösen Dialogs, er hat sich auch die innere Erneuerung des Katholizismus auf seine Fahnen geschrieben. Diesbezüglich prägend für den mit 18 Jahren in ein westfälisches Kloster eingetretenen Dominikaner erwies sich der französische Theologe Yves Congar. Dieser machte Schönborn während seines – mit Auszeichnung abgeschlossenen – Doktoratsstudiums in Paris mit französischen Erneuerungsbewegungen bekannt, die nach einem neuen Platz für die Kirche in einer säkularen Welt suchten.

Der Sohn einer allein erziehenden Mutter hat seine Begeisterung für Erneuerungsbewegungen wie das “Neokatechumenat” bis heute nicht verloren. Beobachter sehen darin die Strategie, die katholische Kirche auf einen “gesunden harten Kern” tief Gläubiger zu konzentrieren statt die große Masse von “Taufscheinchristen” mit Konzessionen an den “Zeitgeist” bei der Stange zu halten. In diesem Licht ist auch die Sympathie Schönborns für das orthodoxe Judentum zu sehen. So bezeichnete er es als “lebenswichtig” für die Zukunft der Kirche, die Bibel “im Lichte ihrer jüdischen Auslegung” zu studieren. Bei einer Jerusalem-Reise der österreichischen Bischöfe, aber auch bei anderen Anlässen fand Schönborn immer wieder deutliche Worte zum Holocaust, was ihm Lob vonseiten der jüdischen Gemeinde einbrachte.

Sehr am Herzen liegt Schönborn auch die Annäherung an die Orthodoxie, zu der er seit seiner Professur für Ostkirchenkunde im Schweizer Fribourg (1975-91) sehr enge Verbindungen hat. 1997 stattete er dem ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., einen vielbeachteten Besuch ab. Aber auch gegenüber dem Islam betätigte sich Schönborn als “Eisbrecher”. Als erster Kardinal traf er 2001 im Iran mit der religiösen und weltlichen Führung des islamischen “Gottesstaates” zusammen.

In gesellschaftspolitischen Bereichen marschiert der Wiener Erzbischof die Vatikan-Linie treu mit, etwa bei der Ablehnung von Abtreibungen oder bei homosexuellen Partnerschaften. Kirchenkritikern, die etwa die Abschaffung des Zölibats und die Priesterweihe für Frauen fordern, begegnet Schönborn zwar freundlich im Ton aber hart in der Sache. In Sachen Kirchenbeitrag zeigte er sich jüngst kompromissbereit. Für Verwirrung sorgte Schönborn im Juli 2005 mit einem evolutionskritischen Text in der “New York Times”, in dem er sich auch für die Theorie des “Intelligent Design” starkmachte. Im “Darwin-Jahr” distanzierte er sich wieder von diesen Aussagen.

Gute Verbindungen hat der am 22. Jänner 1945 im böhmischen Skalsko geborene Schönborn in den Vatikan. Beobachter sagen ihm ein Naheverhältnis zu Benedikt XVI. seit dessen Jahren als Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation nach. Anfang der 1970er Jahre absolvierte Schönborn ein Studienjahr bei ihm an der Universität Regensburg. 1981 berief Ratzinger den begabten Dominikaner, der Französisch, Spanisch, Englisch und Italienisch spricht, in die internationale Theologenkommission des Vatikan und machte ihn zum Redakteur des Weltkatechismus (1992), der die Glaubenslehre der katholischen Kirche festschreibt. Ein Höhepunkt in Schönborns bisheriger Amtszeit war auch der Besuch des Heiligen Vaters 2007 in Österreich.

Den österreichischen Katholiken ist der nach der Vertreibung seiner Familie in Vorarlberg aufgewachsene Schönborn vor allem als Krisenmanager bekannt. Seit 1991 Wiener Weihbischof, verdankte er seinen größten Karrieresprung der schwersten Kirchenkrise Österreichs. Nachdem sein Vorgänger Groer wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs von Zöglingen abtreten musste, wurde Schönborn im September 1995 Wiener Erzbischof. Als solcher betrieb er auch die Demontage des streitbaren St. Pöltner Bischofs Kurt Krenn, der im Herbst 2004 über eine Sexaffäre an seinem Priesterseminar stolperte. Dabei gilt Schönborn als äußerst konfliktscheu. So entließ er im Jahr 1999 seinen Generalvikar Helmut Schüller, indem er ihm kurzerhand den “Blauen Brief” unter der Tür durchschob.

Sein Privatleben hält Schönborn streng unter Verschluss. Der Kardinal, der seine Kindheit in Schruns in Vorarlberg verbrachte, ist leidenschaftlicher Jasser, ein Kartenspiel zu dem er des öfteren ehemalige Landsleute in Wien trifft. Schönborns Bruder ist der Schauspieler Michael Schönborn.

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