Das Innenministerium bestätigte am heutigen Dienstag einen entsprechenden Bericht der “Kronen Zeitung”. Der nach einem Feuergefecht mit der Polizei am Freitag gestorbene Tsarnaev habe an Boxveranstaltungen in Salzburg und Innsbruck teilgenommen. Sein überlebender Bruder Dzhokhar gab indes in Vernehmungen an, dass er und sein Bruder allein gehandelt hätten.
Für Box-Training in Innsbruck und Salzburg
Tamerlan Tsarnaev sei 2007 anlässlich eines Box-Kampfes für ein Wochenende in Innsbruck und 2009 im Rahmen eines internationalen Boxtrainingslagers für eine Woche in Salzburg gewesen, bestätigte Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck der APA. Der damalige Präsident des Salzburger Boxverbandes, Richard Leitner, konnte sich allerdings an ein derartiges Trainingslager nicht erinnern, wie er auf APA-Anfrage mitteilte.
Entfernte Verwandte in Graz
Grundböck unterstrich, dass sich der mutmaßliche Attentäter “sehr kurze Zeit und explizit im Rahmen des Boxsports” in Österreich aufgehalten habe. Daraus lasse sich “nichts ableiten, was Anlass zur Sorge in Österreich gibt”. Laut der “Kronen Zeitung” haben die mutmaßlichen Attentäter auch entfernte Verwandte in Graz.
“Ethnic Profiling” zurückgewiesen
Das Innenministerium hatte der APA zuvor auf Anfrage mitgeteilt, dass es keine Überprüfung aller in Österreich lebenden Tschetschenen geben werde. “Ethnic Profiling” werde ausdrücklich zurückgewiesen, sagte er mit Blick auf Medienberichte, wonach die deutschen Behörden nach dem Boston-Anschlag tschetschenische Flüchtlinge genauer unter die Lupe genommen hätten. In Österreich leben derzeit 25.000 bis 26.000 Tschetschenen.
Nach Schusswechsel mit Polizei gestorben
Tamerlan Tsarnaev wurde am Freitag bei einem Schusswechsel mit der Polizei verletzt und starb später im Krankenhaus. Sein jüngerer Bruder flüchtete zu Fuß und wurde nach einer Großfahndung in der Nacht auf Samstag gestellt. Auch er wurde bei einem Schusswechsel mit Beamten schwer verletzt. Aufgrund einer Schusswunde am Rachen, die er sich Ermittlern zufolge wohl bei einem Selbstmordversuch zufügte, kann er kaum sprechen. Am Montag wurde ihm am Krankenbett die Anklageschrift verlesen. Ihm droht bei einer Verurteilung die Todesstrafe.
Älterer Bruder offenbar Drahtzieher
In der Einvernahme durch die US-Justiz gab Dzhokhar Tsarnaev US-Medienberichten zufolge an, dass sein Bruder Tamerlan die treibende Kraft bei den Anschlagsplänen gewesen sei. Laut der “New York Times” gab der 19-Jährige bereits am Sonntag die Tat zu. Bei den Bombenanschlägen auf den Boston-Marathon wurden drei Menschen getötet und rund 200 verletzt.
Russen stuften Tsarnaev als Islamisten ein
Die russischen Behörden sollen Tsarnaev bereits im Jahr 2011 als mutmaßlichen Islamisten eingestuft haben. Die US-Bundespolizei FBI will ihn daraufhin überprüft, aber keine Anzeichen “terroristischer Aktivität” festgestellt haben. Der republikanische US-Senator Lindsey Graham sagte am Montag (Ortszeit), dass Tamerlan Tsarnaev vermutlich wegen eines Rechtschreibfehlers unbemerkt nach Russland habe reisen können. Es sei aber unklar, ob er selbst seinen Namen falsch buchstabiert habe oder die russische Fluggesellschaft Aeroflot.
Die Ermittlungen konzentrieren sich auf eine knapp sechsmonatige Reise, die Tamerlan Tsarnaev im Jahr 2012 in die russische Kaukasusrepublik Dagestan führte. Dort sei er “mindestens vier Mal ins Visier der Sicherheitskräfte geraten”, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP von örtlichen Behördenvertretern. Grund waren Treffen mit einem jungen Mann, der Verbindungen zur islamistischen Untergrundbewegung unterhielt.
“Selbst-radikalisierte Jihadisten”
Ein US-Regierungsvertreter sagte dem Sender CNN, vorläufige Vernehmungen des schwer verletzten Dzhokhar Tsarnaev am Krankenbett deuteten darauf hin, dass beide Brüder dem Profil “selbst-radikalisierter Jihadisten” entsprächen. Demnach habe der 19-Jährige angegeben, dass sein älterer Bruder Tamerlan “den Islam vor Angriffen schützen wollte”.
Ein FBI-Agent erklärte am Montag unter Eid, dass Videoaufnahmen vom Tatort die zahlreichen Indizien gegen das Bruderpaar weiter erhärten. Darauf seien die beiden elf Minuten vor der ersten Explosion zu sehen, wie sie die Boylston Street entlang der Marathon-Strecke in Boston ablaufen. Die Bilder zeigten zudem, wie Dzhokhar Tsarnaev die zweite Bombe platziere und nach der ersten Detonation seelenruhig den Schauplatz des Anschlags verlasse. (APA)
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