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"Bankrotterklärung" und "Abgehobenheit des Monopolfunks"

Die österreichischen Privatsender reagieren erwartungsgemäß empfindlich auf das von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz vorgelegte Konzept zur Wiederbewerbung.

Vor allem die von ihm geforderte Ausweitung der Werbezeiten sowie die Forderung nach einer unbefristeten Gebührenrefundierung stoßen auf Kritik, wie aus einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme des Verbandes Österreichischer Privatsender (VÖP) hervorgeht. Dort ist die Rede von einer drohenden “Bankrotterklärung”, VÖP-Präsident Klaus Schweighofer ortet außerdem eine “Abgehobenheit des Monopolfunks”.

Dass der ORF auf weitere Einsparungen verzichten solle “und gleichzeitig von allen Seiten – vom Staat, von den Gebührenzahlern und vom Mitbewerb – mehr Geld erhalten soll”, ist aus Sicht des VÖP “völlig inakzeptabel”. Die Gebührenrefundierung werde außerdem vom Steuerzahler finanziert, wurde betont.

Auch die von Wrabetz geforderte Ausweitung der Werbezeiten stößt beim Privatsenderverband auf null Sympathie. Schweighofer, der als Vorstand der Styria Media Group fungiert, argumentiert vielmehr in die entgegengesetzte Richtung: “Ziel muss es sein, den ORF unabhängig zu machen, insbesondere auch von Werbung”, so der Medienmanager. Eine Gebührenerhöhung sei nur dann denkbar, “wenn gleichzeitig die fast grenzenlosen Werbemöglichkeiten eingeschränkt werden und mittelfristig der ORF werbefrei gestellt wird”.

Im Programm sei “endlich der gesetzliche Auftrag umzusetzen”, fordert Schweighofer: “Österreich muss in den Mittelpunkt gestellt werden und der journalistischen Qualität im Haus deutlich mehr Sendeplatz eingeräumt werden. Das ist es, was ein verantwortungsvolles ORF-Management in den nächsten Jahren zu tun hätte”, findet er.

Die bisherigen Einsparungen im ORF seien im Vergleich zu den Rationalisierungsnotwendigkeiten privater Medien in den letzten Jahren “bestenfalls ambitioniert, aber keinesfalls einschneidend”, wie es in der VÖP-Stellungnahme heißt. Verbands-Geschäftsführerin Corinna Drumm verweist darauf, dass die privaten Medienunternehmen allein darauf angewiesen seien, sich über den Werbemarkt zu finanzieren, weshalb “in den letzten Jahren vielerorts schmerzhafte Rationalisierungsmaßnahmen” gesetzt worden seien. “Es ist völlig untragbar, dass der ORF sich diesen Entwicklungen entzieht, indem er vom Staat einfach noch mehr Geld fordert”, so Drumm.

Auch Verleger befürchten “Schlimmstes”

Auch die Verleger haben am Montag mit Kritik auf das Bewerbungskonzept von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz reagiert. Die darin enthaltenen Forderungen lassen nach Ansicht des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) “für den österreichischen Gebühren- und Steuerzahler wie auch für die gesamte Medienbranche Schlimmstes befürchten”, wie es in einer Mitteilung hieß.

Die von Wrabetz aufgestellten Forderungen über eine Ausdehnung der Werbezeiten, eine Lockerung der Werbebeschränkungen, eine Steigerung der Programmentgelte, eine Lockerung der Onlinebeschränkungen und eine dauerhafte Gebührenrefundierung “bedeuten nichts anderes als das Infragestellen des dualen Mediensystems in Österreich”, kritisierte VÖZ-Präsident und “WirtschaftsBlatt”-Vorstandschef Hans Gasser. “Zehn Jahre nach Einführung des Privatfernsehens, 13 Jahre nach der österreichweiten Zulassung von privatem Hörfunk sollte man meinen, dass eine faire Koexistenz von öffentlich-rechtlichen Anbietern und privaten Anbietern möglich sein sollte. Dies wird durch den neuen Kurs der ORF-Führung infrage gestellt”, sagte er.

Der europaweite Trend in der Medienbranche und beim Öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Speziellen verläuft aus Sicht des VÖZ “völlig diametral” zu den Forderungen Wrabetz‘. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten seien geringere Budgets, Einsparungen, sowie der Verzicht auf Werbeeinnahmen der Öffentlich-rechtlichen ein Gebot der Stunde.

“Nicht nur, dass das ganze Prozedere rund um die ORF-Wahl zur politischen Farce mutiert, so ist der ORF-Generaldirektor offensichtlich bemüht, einen weiteren absurden Kontrapunkt zu setzen”, wetterte Gasser. “Vor allem die Onlinebeschränkungen, denen er selbst zugestimmt hat, wieder auszuweiten, stellt eine nicht nachvollziehbare Handlung dar.”

Die Bewerbung enthalte “faktisch keinerlei Programmideen”, der Gebührenzahler werde jedoch zur Kasse gebeten, so der VÖZ-Präsident. “Ich darf Generaldirektor Wrabetz empfehlen, sich bei seiner Bewerbung an das ORF-Gesetz zu halten und sich nicht als Gesetzloser zu üben.”

 

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