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Aufstieg und Fall des Hubert Gorbach

Hubert Gorbach mit Jörg Haider am Landesparteitag der FPÖ 1998
Hubert Gorbach mit Jörg Haider am Landesparteitag der FPÖ 1998 ©VOL.AT/ Hofmeister
Schwarzach - Ein talentierter Politiker, ein Machtmensch. Hubert Gorbachs langer Weg nach Wien.
Hubert Gorbach: Früher und heute

Kein Vorarlberger Politiker bekleidete in der zweiten Republik ein höheres politisches Amt als Hubert Gorbach. Keiner stieg so hoch. Und keiner fiel tiefer. Auch kein anderer Politiker polarisierte in diesem Ausmaß – auch als Politpensionist, bis zum heutigen Tage. Gorbach war Vizekanzler, er war der Held des freiheitlichen Lagers in Vorarlberg und später der Erzfeind der Blauen. Er war vorderhand Freund und gleichzeitig Feind von Jörg Haider. Gorbach hat Höhen und Tiefen wie kein anderer Vorarlberger Politiker erlebt. In zwei Teilen skizzieren die VN Aufstieg und Fall des Politikers Hubert Gorbach. Teil eins schildert den Werdegang Gorbachs bis zu seinem Wechsel nach Wien.

Gorbachs Anfänge

Am 27. Juli 1956 in Frastanz geboren, maturierte Gorbach erst im Alter von 21 an der Handelsakademie, wo er auch als Schulsprecher in Erscheinung trat. Gorbach arbeitete in der Privatwirtschaft, war beispielsweise zwischen 1987 und 1993 Geschäftsführer der Gastrotechnik-Firma Kolb GmbH in Meiningen. Politisch hatte sich Gorbach, dem eine unbestimmte Aversion gegen Akademiker nachgesagt wird, da bereits engagiert – er war Bundesobmann der Freiheitlichen Jugend, Gemeindevertreter und Gemeinderat und ab 1989 auch Landtagsabgeordneter. Als sein Entdecker galt der legendäre Lustenauer Bürgermeister Robert Bösch, damals einer der Macher der Blauen im Lande. Ende der Achtziger war Jörg Haider bereits der bestimmende Mann in der FPÖ-Bundespartei. Doch Haider und Gorbach wurden nie wirkliche Freunde, hatten erst in späten Jahren – als es 2005 um die Abspaltung des BZÖ von der FPÖ ging – eine Art Zweck­ehe gebildet. Haider mochte Gorbach nicht, hatte sich der Frastner doch am „Putsch“-Parteitag, dem 13. September 1986 in Innsbruck, gegen Jörg Haider und für Norbert Steger als Parteichef entschieden. Haider, so heißt es, soll das nie vergessen haben.

Harte Vorwürfe 1990

Gorbach machte trotzdem Karriere, auch ohne Zustimmung Haiders. Der ehrgeizige Frastner galt als Shootingstar der Ländle-Blauen, als er über einen Skandal stolperte. Im September 1990 wurde publik, dass sich der ehrgeizige Nachwuchspolitiker mit einem ehemaligen Nachtklubbetreiber ein Privatflugzeug gekauft hatte – Gorbach wurde damals der Steuerhinterziehung, auch der illegalen Devisenbeschaffung beschuldigt. Eine FPÖ-Untersuchungskommission wurde eingesetzt, Gorbach von der Partei reingewaschen – Fragen blieben allerdings durchaus offen. Der Nachtklubbesitzer wurde später übrigens wegen Menschenhandels zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.

Ein vorbereiteter Putsch

Der Frastner überstand diesen Skandal politisch unbeschadet. Und wurde im April 1992 Landesparteiobmann der Vorarlberger FPÖ. Gorbachs Vorgänger in dieser Funktion, der spätere Lustenauer Bürgermeister Hans-Dieter Grabher, war am Parteitag von lediglich 70 Prozent der Delegierten gewählt worden. Grabher verzichtete wutentbrannt und völlig überraschend für die Parteispitze ob des niedrigen Votums. Der Parteitag musste kurzfristig unterbrochen werden, um hinter dem geschlossenen Bühnenvorhang das weitere Vorgehen zu diskutieren. Dabei gab es zwei Lager. Klubobmann Ewald Stadler forcierte NR Klara Motter als neue Obfrau. Der Kreis um den Dornbirner Textilunternehmer und Obmann des Rings Freier Wirtschaftstreibender Dr. Helfried Fussenegger machte sich für den bisherigen Stellvertreter von Grabher, Hubert Gorbach, stark. Das Lager um Fussenegger setzte sich letzlich durch – auch, weil der inzwischen auf dem Parteitag eingetroffene Parteiobmann Jörg Haider kein Veto gegen Gorbach einlegte. Ein paar Monate später wurde Gorbach an Grabhers Stelle auch Landesrat, weil dieser nach dem unerwarteten Ausscheiden von Bürgermeister Dieter Alge dort als Spitzenkandidat ins Rennen gehen musste, um die „blaue Bastion Lustenau“ zu verteidigen. Der Machtmensch Gorbach sah sich damit an der Spitze der Ländle-Blauen. „Er wollte an die Spitze, und das schon sehr früh“, sagt ein Weggefährte. Zudem zeigte sich erstmals deutlich, dass Gorbach Macht nicht teilen, sondern selbst der bestimmende Mann sein wollte. Gorbach wollte keine Mitstreiter auf Augenhöhe neben sich – er schickte auch deswegen Ewald Stadler in den Nationalrat nach Wien und manövrierte auch Fritz Amann konsequent aus. Und Gorbach konnte sich immer auf Landesgeschäftsführer Arno Eccher, wie er Frastner, verlassen. Dieser beriet ihn strategisch und hielt ihm den Rücken frei.

Der Politiker Gorbach

Als Politiker, als Volkstribun war Gorbach in seinem Element – und äußerst beliebt in der Bevölkerung, zum Verdruss der ÖVP. Gorbach genoss das Bad in der Menge, war omnipräsent und geschickt, hatte in der Bevölkerung breite Sympathien. Weil er sich, im Gegensatz zu vielen Protagonisten der ÖVP, stets volksnah gab. Er wusste um die richtigen Worte, um das richtige Verhalten. Schlicht gesagt: Er war ein talentierter Politiker. Eine Anekdote aus diesen Jahren beschreibt ihn treffend: Die Politprominenz traf sich in Feldkirch in einem Festzelt und ließ sich Essen und Trinken servieren – während Bürger vor dem Zelt standen und zusahen. Gorbach stand auf, trat aus dem Zelt, stellte sich, wie alle „Normalsterblichen“ auch, in der Schlange um eine Wurst und ein Bier an – und unterhielt sich blendend mit den Bürgern. „Seht euch diesen Populisten an“, soll sich damals ein Schwarzer im Zelt ereifert haben. Gewiss war es auch der von Haider entfachte Bundestrend, der die FPÖ damals puschte, auch mögen andere Begleitumstände eine Rolle gespielt haben. Aber Gorbach und der FPÖ gelang im Oktober 1999 Historisches – mit 27,4 Prozent brachen die Blauen erstmals in der Geschichte die absolute Mehrheit der Volkspartei.

Feindschaften beginnen

Erstmals musste die ÖVP einen Partner in die Regierung holen – ein Umstand, den Landeshauptmann Herbert Sausgruber nie vergaß. Gorbach wurde für Sausgruber in den Folgejahren immer mehr zu einem roten Tuch. Doch auch in der eigenen Partei machte sich der Frast­ner Feinde. Denn Gorbach verzichtete in den Verhandlungen mit der Volkspartei eigenmächtig auf den zweiten Landesrat-Posten, der der FPÖ nach dem Wahlergebnis zugestanden wäre. Gorbach wollte die Macht wieder nicht teilen, auch aus Eitelkeit – weil die VP ihn mit dem Posten des Landesstatthalters köderte. Seine Parteifreunde aber führte er absichtlich in die Irre. Bestehe die FP auf einem zweiten Landesrat, werde sich die Volkspartei die SPÖ zum Partner nehmen, soll Gorbach damals gewarnt haben. Dies hätten ihm die schwarzen Verhandler gesagt. „Er malte die rote Gefahr an die Wand“, erinnert sich ein blauer Funktionär, „dabei wollte die ÖVP nie die SPÖ. Es gab überhaupt keinen Gedanken in diese Richtung. Das haben VP-Politiker später auch bestätigt.“ Gorbachs Verhalten wurde in Teilen der Partei wutentbrannt „als Verrat an der Landesgruppe“ empfunden, als Spiel mit falschen Karten, als unverzeihlicher Egoismus. Gorbach war das egal – er war der Wahlsieger, er gab den Ton an. Und stand auf dem Höhepunkt seiner Macht in Vorarlberg.

Gorbachs Weg nach Wien

Den Statthalter in Händen, liebäugelte Gorbach ab dem Jahr 2000 allerdings auch verstärkt mit einem Wechsel nach Wien. Ein ums andere Mal deponierte er in Bundesgremien seine Ambitionen auf ein Ministeramt. Vorarlberg war dem Frastner wohl schon damals ein wenig „too small“ geworden, sagen Freiheitliche rückblickend. Haider aber blockte zunächst kategorisch ab. Erst als der Einfluss des Kärntner Landeshauptmanns schwand, rückte Gorbach auf. Und wurde schließlich am 28. Februar 2003 Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, ein paar Monate später auch Vizekanzler. Auch das ist humorig. Denn im Jänner 2002 hatte Gorbach, um satte Ausdrücke nie verlegen, dem Kanzler noch Folgendes ausrichten lassen: „Es geht nicht an, dass Schüssel, den die FPÖ vor zwei Jahren aus dem politischen Totenbett geholt hat, sich jetzt wie Napoleon hinstellt und sagt: So wirds gemacht.“ Doch als Vizekanzler – auf dem Höhepunkt seiner Karriere – dokumentierte Gorbach fortan bestes Einvernehmen mit Schüssel.

Ein entscheidender Fehler

Auch das ist durchaus typisch für den Frastner, der seine Entscheidungen in aller Regel den politischen Realitäten ­anpasste – und damit gut fuhr. Denn Gorbach war – vor allem in Vorarlberg – in erster Linie ein Machtpolitiker, einer, der sich seinen Weg bahnte, berechnend, auch ­gegen Widerstände. In der Öffentlichkeit aber wurde sein Weg stets goutiert. Erst mit seinem Übertritt zum BZÖ leistete sich Gorbach, der für viele in Wien ein anderer Mensch wurde, seinen ersten wirklich großen Fehler – damit begann der Fall des Hubert Gorbach.

Hubert Gorbach – Zitiert

  • “Mir ist schon klar, dass die Grünen im Umgang mit Rotstiften ihre Schwierigkeiten haben.” (1994)
  • “Natürlich geht man sehr schnell nach Wien, wenn sich die Natur wieder einmal laut zu Wort gemeldet hat.” (2001)
  • “Ein gutes Gewissen ist das beste Ruhekissen.” (1996)
  • “Die SPÖ soll bei den nächsten Wahlen ruhig Schimpansen aufstellen, denn mehr als verlieren können die Affen auch nicht.” (1999)

(VN/ Andreas Dünser)

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