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Asyl: Ungarn setzt Dublin III aus – EU fordert Aufklärung

Kovacs: "Das Boot ist voll" - Wiener Innenministerium reagiert verärgert.
Kovacs: "Das Boot ist voll" - Wiener Innenministerium reagiert verärgert. ©APA
Ungarn hat ein EU-Asylabkommen einseitig suspendiert und will nun keine weiteren Flüchtlinge aus anderen EU-Staaten zurücknehmen. Die EU-Kommission forderte Ungarn daraufhin auf, seine Pläne zum Aussetzen der Dublin-III-Verordnung zu erklären. Solch ein Schritt sei in den gemeinsamen Asyl-Regeln der EU nicht vorgesehen.

“Wir müssen die ungarischen Interessen wahren und unser Bevölkerung schützen”, sagte Regierungssprecher Zoltan Kovacs am Dienstag der Zeitung “Die Presse”. Das Wiener Innenministerium bestätigte, über den Schritt verständigt worden zu sein und reagierte empört.

Die Dublin-III-Verordnung

Die Dublin-III-Verordnung der EU sieht eine Aufnahme von Asylwerbern im ersten EU-Land vor, in das sie einreisen. Staaten an der EU-Außengrenze wie Bulgarien und Griechenland klagen über den großen Aufwand für die Versorgung von Neuankömmlingen – praktisch reisen viele Flüchtlinge jedoch weiter und bemühen sich um Aufnahme in reicheren Staaten wie Österreich, Deutschland oder Schweden.

Diese dürfen nach der bisherigen Regelung Asylbewerber in den ersten Staat der Einreise, etwa Ungarn, zurückschicken. Österreich kann nun keine am Landweg über Ungarn eingereisten Personen mehr dorthin zurück abschieben.

“Das Boot ist voll”

Die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban will auf unbestimmte Zeit keine Schutzsuchenden zurücknehmen, auch nicht aus Bürgerkriegsstaaten wie Syrien oder dem Irak. Ungarn habe Kapazitäten für 2.500 Flüchtlinge und schon 3.000 untergebracht. “Das Boot ist voll”, erklärte Regierungssprecher Kovacs in Wien. Alle Abschiebungen nach Ungarn müssten abgesagt werden.

Ungarn sieht seine Ressourcen erschöpft

Nach ungarischen Angaben sind seit Beginn des heurigen Jahres mehr als 60.000 Menschen illegal über die Grenze zu Serbien nach Ungarn eingereist. “Ungarn hat seine zur Verfügung stehenden Ressourcen erschöpft”, heißt es in einer Stellungnahme der Regierung in Budapest. Dies habe es notwendig gemacht, “vor einer EU-Entscheidung Schritte zu setzen”.

Mikl-Leitner besteht auf Einhaltung

In Wien reagiert man wenig erfreut. Die Regierung sei zunächst am Dienstagvormittag auf Beamtenebene wie elf andere Länder auch von Budapest über die Entscheidung, Dublin aus “technischen Gründen” zu suspendieren, informiert worden, hieß es. Der ungarische Botschafter wurde daraufhin ins Außenministerium zitiert.

Auch das Innenministerium reagierte frostig. Ministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) betonte gegenüber der APA: “Wer weiterhin ein Europa ohne Grenzen haben will, muss die Schengen-Regeln einhalten. Das heißt natürlich auch an der Dublin-Regel festzuhalten.” Österreich sei bereit, Ungarn in dieser schwierigen Situation zu helfen: “Wir unterstützen Ungarn dabei auch mit 40 Polizisten an der ungarisch-serbischen Grenze. Klar ist jedoch, dass so eine Hilfe keine Einbahnregel sein kann”, so die Innenministerin.

Mikl-Leitner hatte zuletzt angekündigt, in Österreich laufende Asylverfahren derzeit nicht zu behandeln und auch den Nachzug von Familienangehörigen damit zu stoppen.

Vertragsverletzungsverfahren gefordert

Der FPÖ-Landespolitiker Manfred Heimbuchner forderte indes ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die könne die “einzig richtige Antwort” auf den ungarischen Schritt sein, so der oberösterreichische Landesrat in einer Aussendung.

“So ein Schritt ist nicht vorgesehen”: EU fordert Aufklärung

Unterdessen forderte die EU-Kommission von Ungarn Aufklärung über seine Pläne zum Aussetzen der Dublin-III-Verordnung über die Aufnahme von Flüchtlingen aus anderen Unionsstaaten. Ein solcher Schritt sei in den gemeinsamen Asyl-Regeln der EU nicht vorgesehen, hieß es laut der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstagabend von der Brüsseler Behörde.

Ungarn habe gegenüber anderen Staaten angegeben, dass es “technische Gründe” für das Aussetzen der Dublin-Regeln gebe, teilte die EU-Kommission mit. Brüssel fordert nun eine Antwort darüber, was getan wird, um die Frage zu lösen. (APA/red)

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