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Akif Pirincci: Hetz-Rede auf Pegida-Demo spaltet selbst Anhänger - Anzeige wegen KZ-Äußerung wird geprüft

Nach Pegida-Demo: Staatsanwaltschaft prüft Anzeige wegen KZ-Äußerung.
Nach Pegida-Demo: Staatsanwaltschaft prüft Anzeige wegen KZ-Äußerung. ©EPA
Die islam- und fremdenfeindliche Rede des deutsch-türkischen Autors und Rechtspopulisten Akif Pirincci bei der Pegida-Demonstration in Dresden spaltet selbst die Anhänger des fremdenfeindlichen Bündnisses. Gegen Pirincci ist inzwischen Strafanzeige wegen Volksverhetzung eingegangen.
Pegida-Jahrestag in Dresden

“Viele Leute waren entsetzt”, sagte Pegida-Mitbegründer Rene Jahn am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Viele hätten auch das Gelände verlassen wollen, wären aber wegen der dicht stehenden Menge gar nicht weggekommen. Pirincci hatte in übelster Weise Flüchtlinge beleidigt und diffamiert. Sein Abgang war nicht freiwillig, Pirincci war in Sprechchören dazu aufgefordert worden.

Staatsanwaltschaft prüft Anzeige wegen KZ-Äußerung

Nach der Kundgebung am Montagabend prüft die Staatsanwaltschaft wegen einer KZ-Äußerung rechtliche Schritte gegen den Autor Akif Pirincci wegen dem Satz “aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb”. Gegen ihn sei Strafanzeige wegen Volksverhetzung eingegangen, sagte Oberstaatsanwalt Lorenz Haase am Dienstag. “Wir prüfen den Vorgang.” Wann mit der Entscheidung über ein mögliches Strafverfahren zu rechnen sei, könne er noch nicht sagen.

Pirincci: “Aber die KZ sind ja leider derzeit außer Betrieb”

Der zu den Hauptrednern der Kundgebung zählende Pirincci hatte in seiner Rede einen angeblichen Vorfall in Hessen geschildert, wo ein CDU-Politiker einem Kritiker einer Flüchtlingseinrichtung gesagt haben soll, er könne Deutschland jederzeit verlassen. Pirincci sagte, offenbar habe die Politik die Angst und den Respekt vor dem eigenen Volk so restlos abgelegt, dass ihm schulterzuckend die Ausreise empfohlen werden könne, wenn es nicht pariere. Danach sagte er den Satz: “Es gäbe natürlich andere Alternativen. Aber die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb.”

Akif Pirinccis unglücklicher Abgang

Rede durchsetzt von verbalen Ausfällen und Anfeindungen

Pirincci bekam zumindest von einem Teil der etwa 20.000 Teilnehmer der Pegida-Kundgebung Applaus. Die Pegida-Verantwortlichen um Gründer Lutz Bachmann ließen Pirincci nach diesen Äußerungen gewähren. Die gesamte Rede war durchsetzt von verbalen Ausfällen und Anfeindungen, so sprach Pirincci von einer “Moslem-Müllhalde” in Deutschland, warnte vor einer “Umvolkung”, bezeichnete die Flüchtlinge als “Invasoren” und nannte Politiker “Gauleiter gegen das eigene Volk”. Bachmann beendete die Pirincci-Rede zwar vorzeitig, dies aber mit Hinweis auf die fortschreitende Zeit.

Internationale Pressestimmen zum Pegida-Jahrestag

Die Pegida-Kundgebung und die Gegendemonstrationen in Dresden sind am Dienstag auch von der Presse außerhalb Deutschlands aufgegriffen worden. Betont wird vielfach ein Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise:

SCHWEIZ

Die “Neue Zürcher Zeitung” etwa schreibt: “Die Unzufriedenheit über Merkels Politik in der Flüchtlingskrise hat Pegida pünktlich zum Jahrestag zu neuer Aufmerksamkeit verholfen. Die Parolen und Gesten – etwa die symbolischen Galgen für Merkel und Gabriel, die kürzlich mitgeführt worden waren – sind noch aggressiver geworden. Die große Aufregung darüber dürfte, der Verachtung für die Medien zum Trotz, Pegida gerade recht gewesen sein.”

Die “Berner Zeitung” sieht tiefe Gräben in der deutschen Gesellschaft “Gestern zeigte sich in Dresden exemplarisch, wie tief Deutschland gespalten ist. Das Ein-Jahr-Jubiläum der Bewegung Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes, Pegida, trieb in Dresden Zehntausende auf die Straße. Sowohl Befürworter wie Gegner von Pegida.”

Der “Tages-Anzeiger” kommentiert das gleiche Thema: “Bei allen Versuchen, Pegida über ganz Deutschland zu verbreiten, ist die Bewegung im Grunde ja immer ein Dresdner Phänomen geblieben. (…) Historiker glauben, im stark ausgeprägten Heimat- und Traditionsbewusstsein der Dresdner und dem “sächsischen Chauvinismus” die Wurzel des Pegida-Konservatismus zu erkennen. Zudem fremdeln hier auch 25 Jahre nach der Wiedervereinigung noch viele erkennbar mit der Demokratie und lehnen das geltende gesellschaftliche und politische System heftig ab.”

ÖSTERREICH

Der “Kurier” kommentiert: “Dass die Bewegung sich deutlich nach rechts verschoben hat, scheint vielen egal zu sein. Statt “Flüchtlinge” skandiert man jetzt “Invasoren”, zeigt Angela Merkel in Nazi-Uniform oder klebt ihren Namen an einen Galgen. Die wieder zu den Demos kommenden Massen johlen dabei.”

“Die Presse” wirft auch einen Blick ins Netz: “Dass Pegida überhaupt so erfolgreich werden konnte, schreiben manche Experten der mangelnden Abgrenzung der in Sachsen seit mehr als zwei Jahrzehnten regierenden CDU zu, die als sehr konservativ gilt. (…) Im sozialen Netzwerk Facebook gefällt Pegida inzwischen mehr als 170 000 Menschen.”

FRANKREICH

Die französische Regionalzeitung “Dernières Nouvelles d’Alsace” (Straßburg) schreibt: “Die aktuelle Flüchtlingskrise hat Pegida Auftrieb gegeben. Noch im Frühjahr schien die Bewegung am Ende, durch interne Querelen zerrissen und behindert durch die Eskapaden ihres Leiters Lutz Bachmann, der gern mit einem Hitler-Schnauzer die Menschen zum Lachen bringt. Doch dieses neue Pegida-Bündnis ist nicht mehr “kritisch”, sondern zeigt jetzt sein aggressives Gesicht. Es gibt keine allgemeine “Besorgnis über den Islam” mehr. Jetzt werden Journalisten verprügelt, und Ausländer müssen raus. Die populistische Bewegung profitiert auch von den Differenzen zwischen der Politik der Öffnung der Bundeskanzlerin und den Einwanderer-feindlichen Äußerungen ihres Verbündeten, des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU).”

NIEDERLANDE

Auch die Tageszeitung “Trouw” befürchtet eine mögliche Spaltung im Nachbarland: “Deutschland droht immer mehr, zu einem gespaltenen Land zu werden. Von den Gutmenschen – die Bürger, die Flüchtlinge willkommen heißen – waren 14 000 in Dresden erschienen. Sie stehen frontal gegenüber denjenigen, die die großzügige Flüchtlingspolitik der Bundesregierung in Berlin infrage stellen. Die letzteren werden immer zahlreicher.”

“De Volkskrant” meint dazu: “Pegida treibt die etablierten Parteien in Deutschland in die Defensive. (…) Populisten gibt es in Europa in verschiedenen Formen. Aber sie haben alle gemeinsam, dass sie gegen Immigration sind und gegen die europäische Integration. Da diese zwei Streitpunkte nun in der Flüchtlingskrise zusammenkommen, ist für die Europäische Union die Stunde der Wahrheit gekommen.”

SPANIEN

Auf den auf den Auslandsseiten der spanischen Presse ist Pegida eines der Hauptthemen, etwa im linksliberalen Madrider Blatt “El País”: “Auf den Straßen von Dresden standen sich zwei Seiten Deutschlands gegenüber. Zwei Tage nach dem Attentat eines Rechtsradikalen in Köln forderten 20 000 Demonstranten zum Jahrestag der antiislamischen Bewegung Pegida eine massive Abschiebung von Ausländern. Sie wurden von etwa 1000 Polizisten von einer Gegenkundgebung getrennt, bei der 15 000 Menschen gegen Ausländerfeindlichkeit demonstrierten.”

Die liberale Konkurrenzzeitung “El Mundo” schrieb: “Die einsetzende Kälte und die Ausländerfeindlichkeit setzen den Flüchtlingen zu. In Dresden verlangten Tausende Demonstranten massive Abschiebungen. Das rechte “Gift” feierte sein einjähriges Bestehen.”

ITALIEN

Die Turiner Tageszeitung “La Stampa” berichtet eher klein und nüchtern: “Die deutschen Islamgegner, die den Revolutionären von 1989 die Montagsdemonstrationen entrissen haben und heute montags in Dresden und anderen deutschen Städten auf die Straße gehen, um gegen eine mutmaßliche Islamisierung Deutschland zu protestieren, haben gestern den ersten Jahrestag begangen.”

(APA, DPA, Red.)

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