Die Ankündigung am Donnerstag kam einen Tag nach den Beratungen einer Anklagejury, die nach dem Recht des Bundesstaates New York über eine formelle Anklageerhebung entscheiden muss.
Strauss-Kahn will auf Kaution frei
Für seine Freilassung will der wegen eines Vergewaltigungsversuchs angeklagte Ex-Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) Dinique Strauss-Kahn bei der New Yorker Justiz eine Kaution in Höhe von einer Million Dollar (700.000 Euro) hinterlegen.
Mit diesem Angebot werde der ehemalige französische Finanzminister am Donnerstag in die Verhandlungen gehen, sagten seine Anwälte wenige Stunden zuvor. Zudem werde er versprechen, New York nicht zu verlassen. Er sei auch bereit, eine elektronische Fußfessel zu tragen.
Am Montag hatte eine New Yorker Richterin eine Freilassung auf Kaution abgelehnt. Bei dem vermögenden und international vernetzten IWF-Chef bestehe Fluchtgefahr. Auch an dem Tag war die Million schon im Gespräch gewesen. Nun sind die Anwälte eine Instanz weiter vor den State Supreme Court in Manhattan gegangen. Die Verhandlung, an der der Beschuldigte nicht teilnehmen muss, sollte am Donnerstagabend europäischer Zeit beginnen. “Wir haben Bedingungen zugesagt, die alle Bedenken zerstreuen können, dass Mr. Strauss–Kahn die Stadt verlässt”, erklärten die Advokaten. “Und wir hoffen, ihn umgehend von Rikers Island zu holen.”
Sollte alles ideal für den Franzosen laufen, könnten sich noch am selben Tag die Zellentüren für ihn öffnen. Bis zu einem Prozess müsste er aber auf jeden Fall in New York bleiben. Strauss–Kahn sitzt seit Montag in einer Einzelzelle auf Rikers Island, einer Gefängnisinsel im New Yorker East River mit 14.000 Insassen. Die “New York Daily News” veröffentlichte unterdessen ein Bild Strauss–Kahns, das angeblich in seiner Zelle aufgenommen wurde. Es zeigt den unrasierten 62-Jährigen, der offenbar völlig übermüdet ist. Er soll am Samstag in einem Hotel versucht haben, ein Zimmermädchen zum Sex zu zwingen. Die 32-Jährige aus Guinea hatte am Mittwoch mehrere Stunden vor der Grand Jury ausgesagt, die letztlich über einen Prozess zu entscheiden hat. Details ihrer Vernehmung wurden nicht bekannt, sie soll ihre früheren Aussagen aber im Wesentlichen bestätigt haben.
Nach einem Medienbericht soll ein weiterer Zeuge aufgetaucht sein. Ein Hotelangestellter habe gerade das Frühstücksgeschirr abgeräumt, als das Zimmermädchen die Sofitel-Suite betreten wollte, berichtete die Pariser Zeitung “Le Figaro” unter Berufung auf Hotelmitarbeiter. Die Tür sei nur angelehnt gewesen. Der Mann habe wohl nicht bemerkt, dass Strauss–Kahn noch im Badezimmer gewesen sei. Er habe der jungen Frau gesagt, dass sie die Suite reinigen könne. Sollte die Informationen stimmen, fällt ein mögliches Beweismittel weg: Die Ermittler hatten gehofft, anhand der Magnetkarten, mit denen sich die Türen öffnen lassen, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem das Zimmermädchen die Suite betreten hatte. Wenn die Tür schon geöffnet gewesen war, hat sie ihre Karte aber gar nicht benutzen müssen.
Berichte über Videoaufnahmen, die das Zimmermädchen und/oder Strauss–Kahn beim Verlassen der Suite zeigen, sind vermutlich falsch. Nach Informationen des “Figaro” sind auf dem Flur keine Kameras installiert, sondern lediglich in der Hotellobby. Nach Informationen des “Figaro” könnte Strauss–Kahn am Donnerstag erstmals Besuch von seiner Frau Anne Sinclair bekommen. An diesem Tag haben die Inhaftierten von M bis Z Besuchstag. Dazu müsse er den Regeln der Haftanstalt entsprechend einen grauen Overall ohne Taschen anziehen, damit sie ihm nichts zustecken könne. Ob tatsächlich Selbstmordgefahr bestehe, ist laut “Figaro” unklar.
In den empörten Reaktionen, die die Behandlung des Ex-IWF-Chefs durch die US-Justiz in Frankreich hervorgerufen hat, sieht der britische Journalist Stephen Clarke einen Ausdruck der Überheblichkeit und Verkommenheit der dortigen Eliten. Deren Mitglieder hielten sich für derart unverzichtbar, dass sie die Festnahme eines der Ihren als Sakrileg empfänden, schreibt Clarke in der Internetzeitung “Courrier international”. In Frankreich verhalte man sich zu der Affäre so, als sei “ein Rennpferd erschossen worden, weil es auf der Wiese gegrast” habe. “Da hat man gefälligst still zu sein und es grasen zu lassen”. Frankreichs politische Klasse sehe in Strauss–Kahn das “Opfer” und nicht das nach Polizeierkenntnissen attackierte und traumatisierte afrikanische Zimmermädchen. “In Paris wäre eine solche Affäre nie ans Licht der Öffentlichkeit gekommen”, ist Clarke überzeugt. Man hätte der Frau schnell begreiflich gemacht, dass es nicht dafür stehe, die Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis aufs Spiel zu setzen. Wer es wage, sich mächtigen und berühmten Persönlichkeiten zu widersetzen, gerate in Frankreich rasch in Gefahr, als “unvernünftig” zu gelten.
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