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1,4 Millionen Euro in bar abgehoben

Auszug aus einem Bericht des Landeskriminalamts: „Große Bargeldbeträge von der Hypo persönlich mitgenommen.“
Auszug aus einem Bericht des Landeskriminalamts: „Große Bargeldbeträge von der Hypo persönlich mitgenommen.“ ©VN
Fall Morscher: Republik sichert sich Pfandrecht auf Vermögen. Die Ermittlungen laufen.
Steuerschulden: Staat will 11,5 Millionen von Montfort-Werbung
Hausdurchsuchung bei Montfort Werbung

Das Landeskriminalamt Vorarlberg hatte der Staatsanwaltschaft Feldkirch am 30. August 2010 Brisantes mitzuteilen – in einem Bericht hieß es, dass sich der „Verdacht der Untreue“ gegen Richard Morscher, den Chef der Montfort Werbung, und gegen Rüdiger Kapitza, den Chef des deutschen Maschinenbauers Gildemeister, „erhärtet“ habe.

Den Vorarlberger Nachrichten liegen diese Unterlagen vor, Unterlagen, die in der Tat aufsehenerregend sind. Die Staatsanwaltschaft fand den Bericht jedenfalls so überzeugend, dass sie Ermittlungen wegen des Verdachts auf Untreue einleitete und am 21. Juni 2011 eine Hausdurchsuchung bei der Montfort Werbung in Klaus durchführte.

„Und die Bank verlassen“

In besagtem Bericht des Landeskriminalamts heißt es: „Der Vorstandsvorsitzende des Gildemeister-Konzerns Bielefeld/D, Dr. Kapitza Rüdiger, hat von Morscher Richard direkt in dessen persönlicher Anwesenheit in der Hypobank-Zentrale in Bregenz . . . zumindest von Ende 2003 und 2004 insgesamt 1,4 Millionen Euro quasi in bar erhalten.“ Kapitza, heißt es weiters, habe einen Teil der erhaltenen Gelder auf Wertpapierdepots bei der Hypo angelegt, teilweise „gleich nach der Entgegennahme große Bargeldbeträge von der Hypo mitgenommen“ und die Bank verlassen.

Und am 11. Februar 2005 erschien Kapitza dann in der Hypo, löste die Kundenbeziehung auf und nahm das ehemals eingesetzte Kapital samt Erträgen aus dem Wertpapiergeschäft – 519.481,50 Euro – in bar mit „und verließ“, wie es in dem LKA-Bericht heißt, „mit dem sehr großen Bargeldbetrag die Bank“. Und, der Clou, quasi zum Abschluss: Laut Bericht waren die „mit Selbstanzeige von Richard Morscher dem Finanzamt Feldkirch am 30. März 2005 im Rahmen einer angekündigten Steuerprüfung nachträglich bekanntgegebenen ‚zusätzlichen Einnahmen‘ von 2003/2004 interessanterweise größtenteils die Beträge, die in Wirklichkeit Dr. Kapitza an sich genommen hat.“

Pfandrechte gesichert

Und das wirft Fragen auf. Gravierende Fragen. Jedenfalls soll Morscher – die VN berichteten in ihrer Dienstagausgabe – laut Berechnungen des Finanzamts Feldkirch dem österreichischen Staat 11,5 Millionen Euro Kapitalertragsteuer vorenthalten haben. Und laut aktuellem Grundbuchauszug hat sich die Republik Österreich die Pfandrechte auf das gesamte österreichische Vermögen Morschers gesichert. Der Vorwurf dahinter? Mittels eines Schein- und Stiftungsgeflechts in Liechtenstein und Vorarlberg soll Morscher über Jahre ungerechtfertigte Betriebsausgaben geltend gemacht haben.

Ein Fall für den Staatsanwalt

Seit dem Jahr 2007 beschäftigte sich die deutsche Staatsanwaltschaft mit Sitz in Bielefeld jedenfalls eingehender mit der Causa Kapitza und Morscher. Die Deutschen warfen Kapitza damals Untreue, Bestechung und Steuerhinterziehung vor.

Damit geriet auch Morscher ins Blickfeld – eben wegen der eingangs beschriebenen Barabhebungen bei der Hypo. Der Verdacht wurde gehegt, dass die beiden Gelder aus der Gildemeister AG genommen hatten. Bloß gab es damals auch eine Stellungnahme des Gildemeister-Vorstands, laut der – sinngemäß – die Leistungen der Montfort Werbung alle in Ordnung gewesen seien. „Der Verdacht“, sagt ein mit dem Fall vertrauter Insider, „verlief also im Sand.“ Und dennoch blieb etwas zurück, etwas Schwerwiegendes: „Man stellte fest, dass Morscher Beratungspauschalen kassiert hat, die er eben mit Selbstanzeigen vor den österreichischen Behörden wieder weißgewaschen hat.“

Es wird weiter ermittelt

Die Bielefelder Behörden stellten das Verfahren gegen Kapitza nach einer Diversion im Juni 2011 vorerst ein. Nun aber wird in Deutschland weiter ermittelt – weil die Staatsanwaltschaft Bielefeld von Österreich den Auftrag bekam, bestimmte Ermittlungshandlungen im Wege der Rechtshilfe durchzuführen. Das bestätigte gestern Oberstaatsanwalt Heinrich Rempe auf VN-Anfrage. Und die österreichischen Behörden lassen den Fall ohnehin nicht ruhen.

Ermittlungen auf Hochtouren

Laut Daniel Simma, dem Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Feldkirch, läuft gegen Morscher sowohl ein Finanzstrafverfahren als auch eines wegen des Verdachts der Untreue. Mit den Ermittlungen stünden die Beamten „erst am Anfang“, betonte Simma auf Anfrage der VN. Die Erhebungen würden auf Hochtouren laufen. Was den möglichen Strafrahmen betrifft, der Morscher bei einer rechtskräftigen Verurteilung ins Haus stehen könnte, sollten ihm sowohl Untreue als auch Scheingeschäfte nachgewiesen werden können, sieht es folgendermaßen aus: Im Fall der Untreue mit einer Schadenssumme über 50.000 Euro sieht das Strafgesetzbuch Haftstrafen zwischen ein und zehn Jahren vor. Und bei Finanzstrafverfahren drohen saftige Geldbußen: In der Regel betrage die Geldstrafe „das Doppelte des Hinterziehungsbetrags“; im Fall „gewerbsmäßiger Hinterziehung“ steigt die Geldstrafe auf das Dreifache des Hinterziehungsbetrags.

In Vaduz gemeldet

Morscher scheint derweil in Vorarlberg seine Zelte abgebrochen zu haben – laut Firmenbuch ist er in Vaduz gemeldet – und nach Liechtenstein übersiedelt zu sein. Aus dem öffentlichen Leben im Ländle hat sich Morscher, der ehemalige Festspielsponsor und aktuelle Kunsthaussponsor, schon länger zurückgezogen.

Was sagt Morscher zu der Barbehebung? Sein Anwalt Wilhelm Klagian sagte auf VN-Anfrage: „Zu Details des Ermittlungsverfahrens und damit zu diesem konkreten Punkt will Richard Morscher nicht Stellung nehmen, weil das nicht öffentlich ist. Ich halte aber fest, dass zu allen Vorwürfen der Staatsanwaltschaft Feldkirch im Detail Stellung bezogen und diese entkräftet wurden. Ich bin erstaunt, dass unter Verletzung des Amtsgeheimnisses Ermittlungsunterlagen an die Medien gehen.“ Wenig später fügte Klagian dann noch an, dass durch einen Einstellungsbeschluss die Ermittlungen bis Ende 2007 eingestellt wurden – Vorwürfe für 2003 und 2004 seien daher „gegenstandslos“.

(VN)

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