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Zwölf Jahre Haft für tschetschenischen Messerstecher

Der 40-Jährige muss dem Opfer 5.000 Euro Schmerzensgeld bezahlen.
Der 40-Jährige muss dem Opfer 5.000 Euro Schmerzensgeld bezahlen. ©VOL.at
Feldkirch - Der Schwurgerichtsprozess gegen jenen 40-jährigen Tschetschenen, der am Freitag am Landesgericht Feldkirch wegen Mordversuches vor Gericht stand, endete mit einem Schuldspruch.
"Mein Bruder ist wie ein Panzer"
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Prozess um Bruderstreit vertagt
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Die Geschworenen hielten den Mann mit 6:2 Stimmen für schuldig. Er hatte im Dezember 2010 seinen heute 31-jährigen Bruder bei einem Familienstreit durch eine Messerattacke lebensgefährlich verletzt, vor Gericht stritt er jedoch jegliche Tötungsabsicht ab und sprach von Notwehr. Der 40-Jährige und sein Verteidiger Thomas Raneburger kündigten an, das Urteil zu bekämpfen, es ist daher nicht rechtskräftig.

Blutige Auseinandersetzung

Zu der blutigen Auseinandersetzung kam es am Abend des 19. Dezember 2010 im Bereich der Wohnung des 31-jährigen Bruders in Bregenz. Der 40-Jährige bedrohte seinen Bruder zunächst mit einer Gaspistole, bei anschließenden Handgreiflichkeiten erlitt der 31-Jährige zwei Messerstiche im Bauchbereich. Weitere anwesende Personen – die Lebensgefährtin des 31-Jährigen sowie ihre drei Kinder – wurden nicht verletzt. Der 40-Jährige flüchtete zunächst zu Fuß, stellte sich wenig später aber der Polizei.

Zunächst hatte sich der 40-Jährige im Herbst 2011 in der Sache wegen versuchten Totschlags (Strafmaß: fünf bis zehn Jahre) vor Gericht verantworten müssen. Da der Richter jedoch zu dem Schluss gelangte, dass die Tat möglicherweise nicht in der im Gesetz dafür beschriebenen “allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung” begangen wurde, kam es im Dezember 2011 zu einem Geschworenenprozess wegen Mordversuchs. Dieser musste vertagt werden, um das Fragenschema für die Geschworenen zu überarbeiten.

In der Fortsetzung der Verhandlung am Freitag wurde ein ergänzendes gerichtsmedizinisches Gutachten vorgelegt, zudem wurden den Geschworenen 14 Fragen gestellt, die sie beantworten mussten. Staatsanwalt Markus Fußenegger erklärte in seinem Plädoyer, die Geschworenen müssten sich zwischen zwei Varianten des Tathergangs entscheiden. Laut der Anklage stach der 40-Jährige bereits im Wohnzimmer erstmals auf seinen Bruder ein, ein zweiter Stich erfolgte im Stiegenhaus der Wohnung in Bregenz. Diese Version werde von Zeugenaussagen unterstützt, so der Staatsanwalt. Der Angeklagte habe ein Messer dabeigehabt, daraus leite sich ein Tatplan und damit ein bedingter Vorsatz ab. Notwehr komme daher nicht infrage.

“Wollte meinen Bruder nicht töten”

Verteidiger Raneburger sah die Sache anders. Zu den beiden Messerstichen sei es erst im Stiegenhaus gekommen, sie seien in Notwehr geschehen. Die beiden Männer, beide Nahkampfsportler, seien wie zwei Dampfwalzen aufeinandergeprallt. Der Angeklagte bestritt einen Tötungsvorsatz. “Ich wollte meinen Bruder nicht töten. Mein Bruder ist wie ein Panzer”, versuchte der Mann die Messerstiche zu relativieren. “Hätte er auf mich gehört, wäre das alles nicht passiert”, betonte er. Er habe diesem nur eine Lektion erteilen wollen. Der Staatsanwalt sprach daraufhin von “Nebelgranaten” der Verteidigung. Man versuche, das Opfer zum Täter zu machen.

5.000 Euro Schmerzensgeld

Nach stundenlanger Beratung hielten die Geschworenen den Angeklagten mehrheitlich für schuldig. Das Gericht verurteilte ihn zu zwölf Jahren Gefängnis und zur Zahlung von 5.000 Euro Schmerzensgeld an seinen Bruder. Mildernde Umstände wurden unter anderem erkannt in der Unbescholtenheit des Mannes und auch darin, dass der 40-jährige Tschetschene die Stiche im Affekt ausübte und sich der Polizei stellte. Erschwerend wurde gewertet, dass der Angeklagte zweimal zugestochen hatte. “Es geht nicht an, dass jemand in einem Land lebt und seine Gastfreundschaft genießt, aber nicht die Gesetze des Landes respektiert”, sagte Richter Peter Mück in der Urteilsverkündung.

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