Bei den Bombenangriffen der Alliierten im Zweiten Weltkrieg stürzten mehr als 1.000 Flugzeuge über Österreich ab. Von der Bevölkerung und Angehörigen des NS-Regimes wurden die Besatzungsmitglieder zum Teil brutal behandelt, bis hin zu Lynchmorden.
Website dokumentiert Schicksal abgestürzter Weltkrieg-Flieger
Nicole-Melanie Goll und Georg Hofmann vom Haus der Geschichte Österreich (hdgö) haben mit Kollegen zwei Jahre lang alle auf dem Gebiet des heutigen Österreich abgestürzten amerikanischen und britischen Flugzeuge dokumentiert und die Schicksale der rund 8.300 Besatzungsmitgliedern erforscht. Diese waren mit unterlassener Hilfeleistung, Beschimpfungen, Misshandlung konfrontiert und wurden zum Teil sogar gelyncht.
Eines der bekanntesten Beispiele ist das Schicksal des afroamerikanischen Piloten Walter P. Manning, der am 1. April 1945 bei Linz abgeschossen wurde und in der Nacht auf den 4. April von Unbekannten aus seiner Gefängniszelle geholt, schwer misshandelt und an einem Laternenpfahl erhängt worden war. Der Lynchmord wurde im Nachkriegsösterreich kaum weiterverfolgt, erst im Vorjahr wurde am Fliegerhorst Linz-Hörsching eine Gedenktafel für den Piloten enthüllt.
Verbrechen an abgestürzten Piloten keine Einzelfälle
Und das Verbrechen war kein Einzelfall: "Wir waren selbst vom Ausmaß der Lynchtötungen überrascht, vor allem aber, dass sie mit Mai 1944 im gesamten Deutschen Reich gleichzeitig einsetzten", sagte Goll in einer Aussendung der ÖAW, die das Projekt gefördert hat.
Die Gründe dafür sehen die Historiker u.a. in der NS-Propaganda, die den Luftkrieg - vom Deutschen Reich in den ersten Kriegsjahren nicht minder aggressiv gegen die Zivilbevölkerung etwa in Warschau oder Coventry eingesetzt - als "Verbrechen" titulierte und gegnerische Flugzeugbesatzungen als "Kindermörder" und "Luftgangster" bezeichnete.
Im Mai 1944 rief das NS-Regime in einem Beschluss zum "Lynchen" nach Abstürzen feindlicher Flugzeuge auf. "Die Folge sind die bis heute tabuisierten Fliegermorde, denen in Österreich und Ungarn 101 Flieger und im gesamten Deutschen Reich wohl Tausende zum Opfer fielen", so Goll.
Digitale Landkarte zeigt Forschungsergebnisse
Im Gegensatz zum Luftkrieg der Alliierten sei das Thema noch viel zu wenig im Bewusstsein verankert, meinen die Historiker. Sie haben daher - umgesetzt vom Austrian Centre for Digital Humanities der ÖAW - ihre Forschungsergebnisse auf eine digitale Landkarte übertragen.
Auf der "Downed Allied Air Crew Database Austria" kann man die unterschiedlichen Kriegserfahrungen, Absturzorte und Schicksale der Soldaten nach dem Absturz nachvollziehen.
Das Projekt läuft noch bis Ende 2019, die Forscher wollen es aber fortsetzen. Denn von mindestens 200 Piloten fehlt bis heute jede Spur.
(APA/Red)
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