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Zwangsheirat wirkungsvoll bekämpfen!

"Die Zwangsheirat ist eine nicht zu tolerierende Menschenrechtsverletzung. Den Opfern – meist jungen Mädchen – wird ihr Selbstbe-stimmungsrecht genommen".

“Sie werden in ihrer Menschenwürde beraubt, ihre Arbeitskraft wird ausgebeutet und sie werden in ihren Bildungschancen beschnitten. Deshalb müssen wir mit einem wirkungsvollen Gesetz versuchen, den Opfern zu helfen und deshalb den Straftatbestand der Zwangsheirat in das Strafrecht aufnehmen. Ich möchte den Unrechtscharakter von Zwangsverheiratung klar und eindeutig herausstellen, mit einem eigenständigen Straftatbestand im Strafgesetzbuch würden wir ein klares Zeichen für potentielle Täter setzen. Jeder muss wissen, dass solche Praktiken in Österreich nicht geduldet werden, dass hier Spielregeln gelten, die auf Grundprinzipien unserer Rechtsordnung basieren. Wer diese Spielregeln verletzt, muss mit Strafe rechnen“, fordert der Obmann der Vorarlberger Freiheitlichen Landesrat Dieter Egger eine Gesetzesinitiative.

Leider liegen uns für Vorarlberg keine verlässlichen Zahlen vor, wie viel Personen von Zwangsverheiratungen betroffen sind. Eine Studie aus Baden-Württemberg kann uns aber Aufschluss über die Wirklichkeit geben. Von Januar bis Oktober 2005 haben in Baden-Württemberg 213 Frauen und 2 Männer um Hilfe wegen drohender oder erfolgter Zwangsverheiratung nachgesucht. 105 Betroffene wurden zwangsverheiratet, 110 Betroffene sind von Zwangsheirat bedroht. 40 % der Betroffenen war bei der Zwangsheirat minderjährig und 95 % der Betroffenen gehören dem Islam an. Bei den Formen der vollzogenen und drohenden Zwangsverheiratungen wurde mit 44 Angaben, die so genannte Ferienverheiratung genannt. In den meisten Fällen, nämlich bei 66 % der Fälle, wurden die eigenen Eltern als die für Zwangsheirat Verantwortlichen benannt. Deshalb wird es nun eine Gesetzesinitiative in Baden-Württemberg geben und der Straftatbestand der Zwangsheirat im Strafgesetzbuch verankert. “Diesem Beispiel sollten wir folgen und ebenfalls ein klares politisches Signal setzen, dass Zwangsheiraten bei uns nicht geduldet sind und unseren Werten nicht entsprechen. Die Situation in Österreich bzw in Vorarlberg dürfte sich nicht viel anders darstellen als in Baden-Württemberg. Deshalb dürfen wir nicht länger die Augen vor dieser menschenverachtenden Praxis verschließen und endlich handeln.“

Zwangsehen werden oft unter massivem Druck geschlossen. Die dabei zum Einsatz kommenden Mittel reichen von psychischem Druck und emotionaler Erpressung bis hin zu physischer Gewalt und expliziten Morddrohungen. Widersetze sich die Tochter den Heiratsplänen, werde des häufigen eine Verletzung der Familienehre interpretiert. Die Formen der Zwangsheirat reichen von den so genannten Importbräuten über die Heiratsverschleppung vor allem während der Schulferien im Heimatland, der Verheiratung für ein Einwanderungsticket eines Mannes aus dem Ausland bis hin zur Zwangsheirat unter in Österreich lebenden Migranten, skizziert Egger sehr deutlich die Problematik der Zwangsheirat.

Auch seien die Gründe für Zwangsheirat sehr vielfältig. An die Eltern werde Brautgeld bezahlt, Söhne sollten durch die Heirat mit einer noch „echten Muslima“ diszipliniert werden, Angst vor weiterer Verwestlichung oder der Wunsch nach einem Aufenthaltsticket für Österreich spielen hierbei wichtige Rollen. Andere berufen sich auf vermeintliche Traditionen oder den Islam. „Auch komme der Familienehre vor allem bei Familien aus patriarchalischen und archaischen Gesellschaften eine große Bedeutung zu. Immer geht es dabei um eine kollektive Ehre der Familie, des Clans aber vor allem der männlichen Mitglieder. Die Folgen der Zwangsheirat sind für die Opfer drastisch. Es besteht eine absolute Abhängigkeit von Ehemann, Überwachung, Demütigung, seelische Schäden sind dabei an der Tagsordnung. Die jungen Frauen werden dabei im Lebensstil eingeschränkt, in ihrer Ausbildung- und Berufswahl sind sie nicht mehr frei. Durch den Straftatbestand der Zwangsehe senden wir nicht nur ein klares Signal der Nichtduldung, sondern ermuntern wir auch Frauen, endlich aufzustehen und diese Unterdrückung nicht zu akzeptieren. Die baden-württembergische Gesetzesinitiative könnte uns ein Vorbild sein“, fordert Landesrat Dieter Egger ein rasches Handeln.

Schwerpunkte der baden-württembergischen Gesetzesinitiative:

1. Neuer Strafbestand „Zwangsheirat“

Vorgesehen ist die Einführung eines eigenen Straftatbestandes Zwangsheirat im Strafgesetzbuch. Wer einen anderen mit Gewalt oder durch Drohung zur Ehe nötigt, soll mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft werden. Erfasst sind alle Formen der Zwangsehen, auch wenn sie im Ausland geschlossen wurden.

2. Verlängerung der Antragsfrist für die Eheaufhebung

Der Gesetzentwurf sieht die Verlängerung der Antragsfrist für die Aufhebung einer durch Drohung geschlossenen Ehe von bislang einem Jahr auf drei Jahre vor. Nach bisheriger Rechtslage hat ein Opfer von Zwangsheirat nur ein Jahr Zeit, die Aufhebung der Ehe zu beantragen. Die Frist beginnt grundsätzlich nach Ende der Zwangslage, also z.B., wenn die Frau vom Zwangspartner an einen sicheren Ort fliehen konnte.

3. Unterhaltsrecht

Opfern von Zwangsheirat sollen keine Nachteile beim Unterhaltsanspruch befürchten müssen, wenn sie statt der Scheidung die Aufhebung der Zwangsehe beantragen. Es kann nicht sein, dass zwangsverheiratete Frauen bei der späteren Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen noch einmal bestraft werden. Nach bislang geltendem Recht hat der genötigte Ehegatte nur dann einen Unterhaltsanspruch, wenn die Drohung vom Ehepartner selbst oder zumindest mit dessen Wissen erfolgt ist. Diese Regelung wird den Opfern von einer Zwangsheirat nicht gerecht. Denn nicht selten werde die Drohung von der Familie des genötigten Ehepartners ausgehen. Der Nachweis, dass dies dem anderen Ehegatten bekannt gewesen sei, könne aber kaum geführt werden. Deshalb soll eine Frau bereits dann unterhaltsberechtigt sein, wenn sie zur Eingehung der Ehe widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist. Ob der Ehegatte davon wusste wäre ohne Bedeutung.

4. Erbrecht

Schließlich soll beim Tod des genötigten Ehegatten das gesetzliche Erbrecht des anderen Ehegatten auch dann ausgeschlossen sein, wenn noch kein Antrag auf Aufhebung der Ehe rechtshängig ist.

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