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Zu Fuß durch die Republik

Mit Schirm, Stock, Rucksack und Hut: So pilgerte Heinz Feuerstein vergangenen Mai von Wien bis Innerberg.
Mit Schirm, Stock, Rucksack und Hut: So pilgerte Heinz Feuerstein vergangenen Mai von Wien bis Innerberg. ©est
Heinz Feuerstein erwanderte in 24 Tagen rund 700 Kilometer auf dem Jakobsweg.
Heinz Feuerstein erinnert sich gerne an die Pilgerreise und übt am Klettersteig.

Bartholomäberg/Innerberg Heinz Feuerstein sitzt relaxt auf der Terrasse auf der „Brida“ in Innerberg, wo das Elternhaus seines Vaters stand. Er blättert in seinem Tagebuch, dass ihn auf seiner Tour durch Österreich begleitete. Es ist schon eine Zeit her, seit er von Wien nach Innerberg gepilgert ist. „Ein Bekannter, der selber diese Strecke gelaufen ist, erzählte mir vom Jakobsweg“, erinnert er sich. So wurde der sportliche Gedanke geboren und dieser ließ ihn nicht mehr los. Mit der Zeit wurden die Gedanken ins spirituell. „Wenn ich in Pension bin, möchte ich eine Inventur von meinem Leben machen“.

Heinz war 43 Jahre bei der Firma Liebherr tätig und ging dieses Jahr In Pension. Er findet, dass er auf der Sonnenseite des Lebens geboren wurde. “Ich habe eine wunderbare Familie, meine Frau, meine Kinder und Enkel stehen voll hinter mir. Die Verabschiedung bei der Firma war bleibend schön. Ebenso habe ich eine wunderbare Nachbarschaft hier oben und ich darf gesund sein“, resümiert er. Sein soziales Leben findet nach wie vor in Tschagguns statt, wo er auch aufgewachsen ist. „Ich bin auch 46 Jahre bei der Feuerwehr und erlebe eine gute Kameradschaft.“, ergänzt er. Aus Dankbarkeit unternahm er vorerst einen Probeversuch und erwanderte in 31 Etappen Vorarlberg, das sind auch schon 400 km.

Plötzlich Pilger

Seine Frau Gerda unterstütze ihn bei seinen Plänen. Aber laufen wollte alleine. Im 1. Mai startete die Reise mit dem Nachtzug nach Wien. „Plötzlich war ich Pilger“. Ausgerüstet war er mit Schuhen von der Marke Mammut (die empfand er als bequem), einen neun Kilo schweren Rucksack, einen Regenschirm, einem Reiseführer und etwas Proviant und selbstverständlich einer großen Portion Motivation. „Alles was ich am Körper trug, mal zwei“, erinnert er sich.

Ab 2. Mai ging es los. „War schon etwas nervös als ich beim Stephansdom angekommen bin“. Von hier aus orientierte er sich nach dem Jakobsweg, der teilweise auch als Römerweg galt. Sein erster Weg führte Stadt, übers Tullnerfeld in die Wachau. Von dort ging es der Donau nach Linz. Er passierte das kleine deutsche Eck bis nach Salzburg. Weiter ging es über St. Johann in Tirol, durchs Inntal Richtung Arlberg. Endlich war es soweit. Am 24. Mai kam er auf dem Kristbergsattel an. Nachmittags hießen ihn seine Nachbarn, Emil und Günter mit Applaus und Musik zu Hause herzlich willkommen. Seine Familie schloss ihn in die Arme und ließen dazu gleich mal die Korken knallen. „Es war schon ein starkes Gefühl, wieder bei zu Hause zu sein“, erinnert sich Heinz Feuerstein.

Strapazen gut gemeistert

Für die 700 Kilometer quer durch die Republik benötigte der Vorarlberger Pilger genau 24 Tage. Im Schnitt ist er etwa 30 km täglich gewandert. Heinz Feuerstein hat sich das so eingerichtet, dass er einmal täglich eine warme Mahlzeit zu sich nehmen konnte. Gestartet ist er zwischen 4.30 Uhr und 7.30 Uhr, mit Getränken und Obst als Tagesration. Untertags gab es nur kurze Pausen und gegen Abend hatte er sein Tagesziel erreicht. Um 18 Uhr, rief er täglich seine Familie an. Ein Lebenszeichen. „Die Familie und meine Enkel haben sich immer gefreut“, sagt er. Krank sei er nie gewesen. Anfangs gab es ein paar Wundblasen an den Fersen, doch nach zehn Wundpflastern heilten diese ab. Außer drei Stunden Regen begleitete ihn nur Sonnenschein.

Besondere Erlebnisse

Heinz orientierte sich am Jakobsweg-Führer wo auch Übernachtungsmöglichkeiten angegeben waren. Oft gab es diese nicht mehr oder waren geschlossen. Übernachtet hat er meist in Klöstern, auch bei Bekannten, privat, sowie in Gasthäusern oder Pensionen. Öfters musste er spontan nach einer Übernachtung fragen. Das war für Heinz kein Problem. „Ich kam einfach in den Ort und fragte nach einer Übernachtungsmöglichkeit“, sagt Heinz Feuerstein. Die meisten Leute waren freundlich und wiesen ihm eine Gaststätte zu. Sie fragten ihn „Bauchst was? Woher kommst? Setzt dich her zu uns?“ „Als Pilger ist man einem meist positiv gesinnt und bekommt volle Unterstützung. Die Mitmenschen sind nicht so schlecht, wie man vielleicht glauben mag“.

Manchmal hätten ihm auch ältere Damen angeboten, in ihrem Haus zu übernachten. „Die Frauen lebten alleine und waren froh, jemanden im Haus zu haben“, erinnert sich Heinz. „Sie erzählten mir ihr Leben oder auch ihre Sorgen“, erzählt der Montafoner Pilger, der auch ein guter Zuhörer war, weiter.

In der Wachau vergaß er einmal seine Wanderstöcke. Dafür schenkte ihm bei der nächsten Station eine ältere Dame ihren Pilgerstock mit der Jakobsmuschel. Dieser Wanderstock hatte schon 1000 Kilometer hinter sich. „Diesen halte ich besonders in Ehren“, und zeigt stolz den Stock. Die Dame sei eine Künstlerin und Schriftstellerin. Den Kontakt zu dieser halte er bis heute.

In der Nähe von Salzburg traf er Heidi und Andrea aus Schruns, die entgegengesetzt nach Wien wanderten. Dort traf er auch Max den Pilger. „Ich dachte, Gott persönlich oder Jesus steht vor mir“, beschreibt er die Begegnung und lacht. Max hatte eine lange Mähne und eine besondere Ausstrahlung. In Mauthausen traf er einen Angestellten, der Udo Lindenberg glich. „Unwahrscheinlich, dass es so was gibt“, meint er.

Einmal orientierte er sich am Ziel “Maria Elend“. Das war wirklich nur ein Elend gewesen. Eine einsame Kapelle im Nirgendwo. Dadurch musste er einen Umweg einbauen bei dem ihm das Getränk ausging. Manchmal konnte sich Heinz nur an der Natur orientieren, an kleinen Bachläufen oder am Stand der Sonne. „Am Morgen hat man die Sonne im Rücken, nachmittags an der linken Seite. Oder ich hörte in mich hinein und kam dann wieder auf den richtigen Weg – auch im übertragenen Sinne“, erzählt er. „Anfangs überkamen mich schon Zweifel. Nach langen Etappen, wie etwa einem Zehn-Stunden-Marsch, bin ich schon an Grenzen gekommen. Ans Aufhören habe ich nie gedacht“, das ist sich Heinz heute noch sicher.

Die schönsten Etappen seiner Pilgerreise waren an der Donau entlang, vorbei an den Kukuruz- und Sonnenblumenfelder. Auch hoch über dem Inntal, die Stadt Salzburg, sowie Elmau und der Stangl Wirt seien für ihn unvergesslich. Außer einem bösen Hund erlebte der Pilger keine negativen Erlebnisse.

Neue Pläne

Was er sich wünscht? Nachdem die Reise so glatt verlief, nimmt der als erprobter Pilger neue Etappen wie Kärnten und Osttirol ins Visier. Sein Fernziel ist jedenfalls die Reise nach Santiago de Compostella. „Auf meinem Weg hatte ich manchmal emotionale Selbstgespräch. Die hätte man aufnehmen sollen. Da war alles dabei, auch beten, singen, jodeln, auch fluchen“, erzählt er und schmunzelt. „Ich bin dankbar, dass alles so gut verlief. Ich habe jetzt andere Prioritäten und ich sehe das Leben anders und lebe es bewusster. Geld ist auch nicht das wichtigste im Leben. Die Gesundheit ist wichtig und meine Familie zählt für mich immer mehr“, resümiert er. EST

Zur Person:

Heinz Feuerstein

Geboren: 2. Februar 1960 in Tschagguns

Wohnort: Innerberg, Dälmaweg

Beruf: Lagerkaufmann bei der Firma Liebherr, 43 Jahre

Familie: Verheiratet mit Gerda, zwei Kinder, sechs Enkel

Lieblingsgericht: Gerda’s Milchsuppe

Hobbies: Wandern, Radeln, Klettern

Motto: Spontanität, Wo ein Wille ist da ist auch ein Weg

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