Er hat geweint
Ein Geständnis tut wohl. Kurt Obergschwandtner hat das immer wieder erlebt. Auch jener Mehrerauer Pater, der zwischen 1970 und 1982 zehn Burschen sexuell missbraucht hat und nach Tirol versetzt worden ist, saß hier. Eines seiner Opfer hat 2004 Anzeige erstattet. Dann haben wir den Pater vorgeladen. Er kam sofort. Und hat alles gestanden. Obergschwandtner hat ein gutes Gespräch in Erinnerung. Der Mann verschwieg nichts. Er erzählte von seinen sadistischen Neigungen. Und von der Therapie, die ihm geholfen hat. Er hat geweint, sagt Obergschwandtner. Geweint haben hier schon viele. Nebenan haben die vier Mitarbeiter der Dienststelle für Sittlichkeitsdelikte eine rote Sitzgruppe. Der Struwelpeter und Aschenbrödel, Plüschtiere und Spielsachen warten darauf, dass wieder ein Kind einvernommen werden muss. 2009 wurden im ganzen Land 84 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch angezeigt. 69 Täter haben wir identifiziert. Etwa ein Dutzend war nicht zum ersten Mal hier. Sittlichkeitstäter kommen immer wieder. Auch deshalb bedauert Obergschwandtner, dass nach fünf bis sieben Jahren die Akten gelöscht werden.
Verjährung unterschiedlich
Wann verjähren solche Delikte eigentlich? Das lässt sich so nicht beantworten. Es ist von Fall zu Fall verschieden. Die Verjährung hängt von der Straftat ab. Schwerer Missbrauch eines Unmündigen mit Geschlechtsverkehr und Verletzungsfolgen würde mit Haft von fünf bis 15 Jahren bestraft und erst nach 20 Jahren verjähren. Bei sexuellem Missbrauch ohne Geschlechtsverkehr drohen dem Täter sechs Monate bis fünf Jahre Gefängnis. Die Verjährung beträgt dann fünf Jahre. Die Verjährungsfristen beginnen in jedem Fall erst dann zu laufen, wenn das Opfer das 28. Lebensjahr erreicht hat. Wie rührig die Szene ist, erzählt die Statistik. 18 Männer wurden 2009 angezeigt, weil sie Kinder verdächtig ansprachen. Die Beamten haben 23 Spannerfälle bearbeitet. 80 Exhibitionisten wurden angezeigt. 98 bekannten und 17 unbekannten Tätern Vergewaltigungen angelastet. 40 Vorarlberger hatten Kinderpornos zuhause. Rund ein Drittel der insgesamt 200 angezeigten Sexualdelikte erwiesen sich als Falschanzeigen. Sei es, um Mitleid zu erregen oder sexuelle Abenteuer später zu rechtfertigen. Doch zurück zu den wirklichen Fällen und deren Langzeitwirkung. Unglaublich, nennt Obergschwandtner es, wie stark derartige Übergriffe den Opfern auch nach 20, 30 oder 40 Jahren noch zu schaffen machen. Allen sei ein Bedürfnis gemeinsam: Diese Menschen erwarten Genugtuung. Deshalb fordert Obergschwandtner Opfer sexuellen Missbrauchs auch auf, sich bei der Kriminalpolizei zu melden. Der Leiter der Ombudsstelle der Diözese Feldkirch, Peter Rädler, bestätigt auf VN-Anfrage, dass auch er Opfern alle Unterstützung gibt, um mit staatlichen Stellen in Verbindung zu treten. Rädler leitet die mit fünf Fachleuten besetzte Stelle seit 2005. Der Kripo ist bis dato außer den Fällen in der Mehrerau kein anderer Fall sexuellen Missbrauchs aus einem anderen Vorarlberger Internat zugetragen worden.
Die Kripo ist erreichbar unter Tel. 059133 – 803200 oder per Mail Lpk-v-lka-sittlichkeit@polizei.gv.at
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