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Zinggl schlägt Neuordnung der Bundesmuseen-Sammlungen vor

Grünen-Kultursprecher Wolfgang Zinggl präsentierte seine Vorschläge
Grünen-Kultursprecher Wolfgang Zinggl präsentierte seine Vorschläge
Im Sommer hat Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) im Zuge der Kalamitäten rund um Belvedere-Chefin Agnes Husslein einen Reformprozess für alle Bundeskultureinrichtungen angekündigt. Noch bevor das geplante "Weißbuch" im Ministerium erarbeitet wird, hat Grünen-Kultursprecher Wolfgang Zinggl am Donnerstag seine "Vorschläge zu den Bundesmuseen" präsentiert.


“Wir wollen unsere Vorschläge unterbreiten, bevor das Weißbuch heraußen ist, da es sonst schwierig wird, im Nachhinein weitere Aspekte einzubringen”, so Zinggl vor Journalisten. Sein bereits 2005 erarbeitetes und nunmehr redigiertes Konzept sieht neben Ideen zu neuen Strukturen in der Finanzierung, gemeinsamen Aufgaben, Reformen im Bereich der Geschäftsführungen sowie den Kuratorien auch ein umfassendes inhaltliches Konzept zu einer Neuorientierung der Bundesmuseen vor. Unter dem Titel “Zusammenführen was zusammengehört” kritisiert Zinggl herrschende Redundanzen und “Konzeptlosigkeit” in den Sammlungen, regt eine grundlegende Neuordnung an und stellt die Frage: “Welches Museum wäre eigentlich wofür zuständig?”

So schieße etwa die Albertina mit der Sammlung Batliner “über ihren Kernauftrag hinaus”, sagt der Grünen-Kultursprecher. Auch dass das Kunsthistorische Museum (KHM) eine “kleine Kulturgeschichte der frühen ‘Hochkulturen’ Ägyptens und Griechenlands” zeigt, während sich das Naturhistorische Museum (NHM) der menschlichen Frühgeschichte widmet, “als wäre die mehr Natur noch als Kultur”, sei zu hinterfragen. Darüber hinaus widme sich das Weltmuseum außereuropäischen Kulturen und das Volkskundemuseum der mittelalterlichen “Volkskultur”. Der Vorschlag: “Wäre es nicht angebracht, mit einem einzigen ‘Museum der Kulturen’ die Dokumente aller Kulturen der Vergangenheit bis heute zu sammeln, zu ordnen und mit Themenausstellungen in Beziehung zueinander zu bringen?”

Auch Doppelgleisigkeiten sollten demnach im Rahmen einer Neustrukturierung aufgehoben werden. So finde sich beispielsweise der Wiener Aktionismus sowohl im Museum für Angewandte Kunst (MAK), im Museum Moderner Kunst (mumok) als auch in der Österreichischen Galerie Belvedere. Auch deren Überschneidungen mit der Sammlung Leopold oder die Schiele- und Klimt-Sammlungen verschiedener Häuser (etwa auch dem Wien Museum und der Albertina) seien mehrgleisig. Waffen finden sich im KHM und im Heeresgeschichtlichen Museum, Musikinstrumente im KHM und im Technischen Museum. Dem Bereich der zeitgenössischen Kunst widmen sich darüber hinaus die Albertina, das MAK, das Belvedere (im 21er Haus) und das mumok.

Konkret schlägt Zinggl die Zusammenfassung der Sammlungen in drei großen Kunstmuseum vor: Das KHM solle “klassische Bildwerke, Grafiken und Gemälde von der Renaissance bis Ende des 19. Jahrhunderts” beheimaten. Zu diesem Zwecke solle das KHM alle Bestände an barocker Kunst und Kunst aus dem 18. und 19. Jahrhundert vom Belvedere, der Sammlung Leopold und der Gemäldesammlung der Akademie der bildenden Künste übernehmen. “Davor war alles, was im Nachhinein als Kunst bezeichnet wurde, kulturelles Handwerk. Und im 20. Jahrhundert wurde genau dieser traditionelle Kunstbegriff wieder infrage gestellt”, argumentiert Zinggl.

Ein anderes Haus solle sich “Österreich um 1900” widmen, wozu Bestände aus der Sammlung Leopold genauso zählen wie aus dem mumok, dem MAK, der Albertina, dem Belvedere und der Universität für angewandte Kunst. Das dritte Haus solle die Aufgaben des mumok verfolgen und die Sammlung der Moderne und der zeitgenössischen Kunst zeigen, wozu eine Eingliederung aus Beständen des Ambrosi-Museums (Belvedere), des MAK, des Belvederes und der Albertina nötig wären.

Der Rest könnte in zwei “Kulturhäusern” gezeigt werden. Einerseits in einem neu einzurichtenden “Haus der Kulturen”, das Dokumente unterschiedlichster Kulturen der Vergangenheit und Gegenwart ordne und miteinander in Beziehung setzt. “Ein Haus der Kulturen vermittelt kulturanthropologisches Wissen zu identitätsstiftenden und identitätskritischen Phänomenen”, so Zinggl. Gespeist würde dieses Haus aus Beständen von Weltmuseum, Volkskundemuseum, der Sammlung der Frühgeschichte des NHM, der ägyptisch-orientalischen Sammlung, der Antikensammlung und der mittelalterlichen Sammlung des KHM sowie der Sammlungsteile Ozeanien und Afrika aus der Sammlung Leopold.

Ein zweites Kulturhaus wäre der Angewandten Kunst gewidmet und würde aus beständen der Architektursammlungen aus der Albertina und des mumok, Möbeln aus dem Mobiliendepot, Musikinstrumenten aus dem Technischen Museum und dem MAK, der Gläsersammlung des KHM etc. bestehen. Zwei naturwissenschaftliche Museen (NHM und Technisches Museum) würden mehr oder minder bestehen bleiben.

Den zweiten großen Teil von Zinggls Vorschlagskatalog umfassen künftige Strukturmaßnahmen. Ein Vergleich mit der fiktiven Valorisierung der Basisabgeltung seit 2003 mit der realen Erhöhung der Subventionen (von 68,7 Mio. auf 85,1 Mio. bis heuer) zeige, “dass die Republik seit der vollständigen Ausgliederung eine zur Inflation ‘gleichlaufende Mehrbelastung’ in Kauf genommen hat”. Es könne also davon ausgegangen werden, “dass die Bundesmuseen stillschweigend über die Jahre valorisiert worden sind”. Somit gehe die Schwere zwischen den Ausgaben für die großen Bundesinstitutionen und allen anderen Kultureinrichtungen “laufend auseinander”. Eine Valorisierung der Bundesinstitutionen müsste daher an eine Valorisierung des gesamten Kulturbudgets gebunden sein, das in den vergangenen Jahren mehr oder minder gleich geblieben sei, während das Gesamtbudget der Regierung gestiegen sei.

Geld sparen könne man künftig durch effizientere Strukturen: So schlägt Zinggl etwa eine zentrale Stelle für die Meldung von Verstößen gegen Compliance-Richtlinien vor. Auch die Erfassung der Besucherzahlen solle nach einheitlichen Richtlinien erfolgen und zentral durchgeführt werden. Ebenso schlägt er einen Pool an Aufsichtspersonal vor, um eine Reduktion der Kosten zu ermöglichen. Eine übergreifende Zusammenarbeit wird auch bei der Internen Revision sowie im IT-Bereich vorgeschlagen. Ein weiterer Punkt sind die Gehälter der Geschäftsführer: So sei der Durchschnittsverdienst im Museumsbereich mit jährlich 228.000 Euro “auffällig hoch und mehr als das 6-fache des durchschnittlichen Gehalts der eigenen Mitarbeiter”.

Bei Bestellungen fordert Zinggl eine stärkere Einbindung der Kuratorien weg von der Entscheidungsmacht des Kulturministers allein. Auch die Dauer der Amtsperioden solle auf maximal zwei Vertragsverlängerungen reduziert werden. Abschließend schlägt Zinggl für eine effektive Kontrolle die Aufwertung der Aufsichtsräte vor und plädiert für mehr Transparenz: Prüfberichte, Evaluierungen oder Beschlussprotokolle müssten dem Parlament zugänglich gemacht werden. “Wenn Aufsichtsräte mit dem Wissen prüfen, dass ihre Arbeit unter Beobachtung steht, ist das unreflektierte Durchwinken so gut wie ausgeschlossen”, hofft der Grüne Kultursprecher, der auch betont, dass es sich bei den genannten Maßnahmen um Vorschläge handelt, die auch ganz anders aussehen könnten. Wichtig sei es, einen Diskussionsprozess zu starten.

(S E R V I C E – “Vorschläge zu den Bundesmuseen” online abrufbar:)

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