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Zensurversuche in österreichischen Medien

Österreich/ Russland - Die strenge Zensurpolitik des russischen Präsidenten Wladimir Putin bekommen nun auch etliche österreichischen Medien zu spüren.

Nach einem russischen Interventionsversuch wird ein vom ORF anlässlich des bevorstehenden Putin-Besuches in Österreich geplantes Interview mit dem russischen Präsidenten, das Informationsdirektor Elmar Oberhauser in Moskau hätte führen sollen, nun doch nicht stattfinden. Dies teilte ORF am Freitag in einer Aussendung mit. Abgesagt wurden nach APA-Informationen auch geplante Interviews mit der „Presse“ und dem „profil“.

Begründung der Kreml-Abfuhr in Richtung ORF: „Unfreundliche Berichterstattung des ORF im Vorfeld des Staatsbesuchs.“ Konkret gemeint war damit offenbar ein TV-Promotiontrailer, der über den Programmschwerpunkt anlässlich des Putin-Staatsbesuchs informiert und in dem unter anderem Bilder vom Tschetschenien-Konflikt zu sehen sind. Der Kreml forderte die Absetzung des ORF-Trailers beziehungsweise einen neuen Schnitt. Vom ORF wurde dieser Zensurversuch zurückgewiesen.

„Es ist völlig undenkbar, diesem unverhohlenen Eingriff in die Unabhängigkeit des ORF nachzugeben“, erklärte Informationsdirektor Oberhauser. „Selbst wenn dafür ein hoher Preis – wie das zweifellos höchst spannende Interview mit dem russischen Präsidenten – zu bezahlen ist.“ Man wolle die Glaubwürdigkeit des Senders dafür jedenfalls nicht aufs Spiel setzen. Oberhauser erinnerte auch an die im Vorjahr erfolgte Verhaftung von Russland-Korrespondentin Susanne Scholl in Tschetschenien. Scholl hatte wiederholt kritisch über Putins Kampf gegen die Pressefreiheit berichtet. Mit dem Verzicht auf das Putin-Interview stelle der ORF einmal mehr die die Unabhängigkeit und Objektivität seiner Auslandsberichterstattung – speziell aus Russland – unter Beweis, so Oberhauser.

Ebenfalls abgesagt wurden nach Informationen der APA die Interviews mit der Tageszeitung „Die Presse“ sowie dem Nachrichtenmagazin „profil“. Gar nicht erst zur Interview-Einladung kam es für den „Kurier“. Der von den Kreml-Herren vorab verlangte Interview-Katalog fand keine Gnade, berichtete „Kurier“-Chefredakteur Christoph Kotanko schon vor einigen Tagen. Das „Kurier“-Interview, bei dem es unter anderem um die Großmacht-Ambitionen Moskaus gehen sollte, wurde von den Kreml-Machtabern deshalb ebenfalls abgesagt.

Medienzensur steht in Russland auf der Tagesordnung. Präsident Putin hat die staatlichen Eingriffe in die Arbeit von Fernsehen, Radio, Zeitungen und Zeitschriften in den vergangenen Jahren zur Festigung seiner Macht massiv verstärkt. In westlichen Medien und von internationalen Bürgerrechtsorganisationen werden immer wieder Einschränkungen der Pressefreiheit kritisiert. Alle drei landesweit sendenden TV-Stationen sind entweder direkt in staatlichem Besitz oder unter staatlicher Kontrolle. Verwiesen wird auch auf mehrjährige Gefängnisstrafen von Kritikern und auf Morde an Journalisten, die kaum aufgeklärt werden. Der wohl berühmteste Fall ist die Ermordung der regierungskritischen Journalistin Anna Politkowskaja im Oktober vergangenen Jahres, die für weltweite Empörung gesorgt hatte. Politkowskaja warf Putin unter anderem vor, die Demokratie in Russland nach und nach zu zerstören.

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