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Wunschkoalition: "Rot-Grün. Ohne Wenn und Aber"

Schwarzach - Sozialminister Erwin Buchinger will zwar die aktuelle Koalition nicht beenden, denkt aber schon an die Zukunft: "Meine Wunschkoalition? Rot-Grün. Ohne Wenn und Aber." Interview 

VN: Österreich steuert endgültig auf Neuwahlen zu. . .

Buchinger: Der Koalitionspartner hat uns über Wochen hindurch versichert, dass er das Ziel habe, gemeinsam weiterzuarbeiten – und gleichzeitig führt er uns und die Österreicher hinters Licht. Indem ganz konkret Neuwahlpläne, minutiös und generalstabsmäßig, gewälzt werden. Gleichzeitig die Öffentlichkeit und den Koalitionspartner in einer Diskussion zu halten und hinterrücks die Neuwahlplanung als Schwerpunkt zu haben, das ist unlauter – und für das Vertrauen schädlich. Wenn man so einen konkreten Plan ausarbeiten lässt, mit Schaltungs- und Veranstaltungsplänen, dann ist bei der ÖVP der Weg in Neuwahlen offensichtlich bereits beschlossen.

VN: Auch die SPÖ dürfte einen solchen Plan in der Schublade haben.

Buchinger: Wir haben keinen derartigen Plan. Wir haben gearbeitet. Wir haben Pläne für eine Steuerentlastung. Wir haben Pläne für eine Soforthilfe gegen die Inflation. Wir haben Pläne für die Mindestsicherung. Die ÖVP hat auch gearbeitet. An den Neuwahlen. Das ist der Unterschied.

VN: SPÖ und ÖVP haben wohl endgültig gebrochen. War die große Koalition von Anfang an ein Fehler?

Buchinger: Ich würde nicht sagen, dass die Parteien endgültig gebrochen haben. Ich habe noch einen Rest von Hoffnung, dass die ÖVP zur Besinnung kommt. Sie ist ja nicht von 35 Prozent der Menschen gewählt worden, um taktische Spielchen zu spielen; oder um möglichst rasch den Kanzler zu stürzen und Neuwahlen einzuläuten. Sie ist gewählt worden, um wirtschaftliche, soziale, ökologische Fragen anzupacken. Eine Zusammenarbeit ist noch möglich. Es müsste aber eine klare Distanzierung von diesem Neuwahlplan und ein deutliches Bekenntnis zur gemeinsamen Arbeit erfolgen. Das deutlichste Bekenntnis wäre ein Ja zur Soforthilfe in der Inflationsbekämpfung und zur vorgezogenen Steuerentlastung.

VN: Die Umfragewerte von Gusenbauer sind im Keller. Gibt es eine Diskussion um die Führung in der SP?

Buchinger: Die Diskussion wird vom politischen Gegner lanciert und betrieben. Auch das ist ein Zeichen, was der VP wichtig ist – nicht das Arbeiten für das Land, sondern das Arbeiten gegen die SPÖ. In der SPÖ selbst ist klar, dass der Kanzler die Linie vorgibt. Beispiel Steuerentlastung oder Inflationsbekämpfung: Da ist er in der Partei auf allergrößte Zustimmung gestoßen.

VN: Gusenbauer hat intern nicht die Zustimmung, von der Sie da reden. Buchinger: Er hat mit der unglücklichen Aussage vom Gesudere zur Diskussion in der SP beigetragen. Ich halte aber nichts davon, diese Diskussion öffentlich zu führen. Da macht man nur das Geschäft des politischen Gegners. VN: Was müsste die ÖVP Ihrer Ansicht nach tun?

Buchinger: Die ÖVP müsste die Interessen der Menschen wahrnehmen und umsetzen. Die Menschen wollen am wirtschaftlichen Wohlstand teil­haben, sie wollen bei den Einkommen, Löhnen und Pensionen etwas spüren von der besseren wirtschaftlichen Lage. Das kann man tun, indem in der Inflationsbekämpfung die Niedrigsteinkommen entlastet. Der Gusi-Hunderter muss rasch kommen. Das kann man tun, indem die Steuerentlastung vorgezogen wird; das kann man tun, indem im Pensionsrecht, bei der Hacklerregelung oder im Bereich der Mindestsicherung die ambitionierten Projekte umgesetzt werden.

VN: Lässt sich sachlich überhaupt noch etwas bewegen?

Buchinger: Es ließe sich bei gutem Willen im Bereich der Steuerentlastung binnen drei, vier Wochen ein gemeinsames Programm verabschieden, bei dem die Grenze für die Besteuerung nach oben gerückt, der Eingangssteuersatz reduziert und die Steuerprogression bis zu den mittleren Einkommen gemildert wird. Bis zum Herbst ließen sich Grundzüge einer Steuerreform vereinbaren. Es ließe sich im Bereich der Gesundheitsreform, aufbauend auf den Überlegungen der Sozialpartner, ein Programm verabschieden. Bei der Mindestsicherung ließe sich der Einführungszeitraum 1. Jänner 2009 halten, wenn Vorarlberg und Niederösterreich mit Hilfe der Bundes-VP in eine konstruktive Diskussion miteinbezogen würden. Wer kann den Weg zurück zur Arbeit besser unterstützen? Die Bezirkshauptmannschaften? Oder das AMS? Wer die BH zur Abwicklung heranziehen will, entscheidet sich in Richtung eines arbeitsmarktfernen Grundeinkommens. Und das wollen wir nicht.

VN: Die SPÖ flirtete zuletzt ungeniert mit den Blauen.

Buchinger: Es wird auch künftig möglich sein, dass man punktuell im Parlament gemeinsam abstimmt. Aber eine festere Form der Kooperation, in Richtung einer Koalition, ist mit der derzeitigen FPÖ für mich unvorstellbar.

VN: Ihre Wunschkoalition?

Buchinger: Meine Wunschkoalition? Rot-Grün. Ohne Wenn und Aber. Die Gemeinsamkeiten mit Rot-Grün sind in vielen Bereichen stärker ausgeprägt als mit Rot-Schwarz. Noch dazu sind die Erfahrungen mit Rot-Schwarz nicht gerade ermutigend. Aber Voraussetzung ist, dass es sich auch ausgeht. Und nach derzeitigem Stand ginge es sich ja nicht aus.

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