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"Wollte unbedingt überleben"

Thomas Straub war vor vier Wochen beim Wandern in Sibratsgfäll abgestürzt und verletzte sich schwer. Tagelang wurde nach ihm gesucht. Im "VN"-Exklusiv-Interview spricht Thomas Straub über die dramatischen Tage.

VN: Herr Straub, wie geht es Ihnen drei Wochen nach der Rettung?
Straub: Ich fühle mich sehr gut und bin optimistisch. Das Krankenhauspersonal ist sehr freundlich und ich bin hier in Feldkirch gut aufgehoben. Meine Familie und Bekannten besuchen mich oft.

VN: Wissen Sie schon, wann Sie wieder zu Hause in Hergensweiler sein werden?
Straub: Das kann noch einige Monate dauern. Am Nachmittag werde ich noch einmal operiert, am rechten Fuß. Durch die Kälte im Wald habe ich Erfrierungen erlitten. Krankengymnastinnen machen jeden Tag Übungen mit mir, damit meine Muskulatur wieder gekräftigt wird. Nach der Entlassung aus dem LKH werde ich dann in einer Rehaklinik in Tirol behandelt und ich hoffe, dass ich im Herbst wieder daheim bin. Darauf freue ich mich.

VN: Haben Sie, als Sie verletzt im Wald lagen, gewusst wie schlimm es um Sie steht?
Straub: Nein, ich habe meine Verletzungen weit weniger dramatisch eingeschätzt als sie tatsächlich waren. Erst die Ärzte haben mir erklärt, in welch lebensbedrohlichem Zustand ich mich befunden habe.

VN: Wie kam es dazu, dass Sie abgestürzt sind?
Straub: Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht mehr. An den Sturz selbst kann ich mich nicht genau erinnern. Ich war eigentlich geschäftlich Richtung Hittisau unterwegs und hatte mittags die Idee, zwei Stunden bei Sibratsgfäll wandern zu gehen. Leider habe ich niemandem Bescheid gesagt, deshalb war die Suche ja auch so schwierig. Ich weiß nur, dass ich gestolpert bin und dann über einen Felsvorsprung gefallen bin. Dann war ich bewusstlos, kam irgendwann wieder zu mir und habe begriffen, was passiert ist.

VN: Was haben Sie unternommen, um auf sich aufmerksam zu machen?
Straub: Das war schwierig, weil der Akku meines Handys leer war, ich konnte also niemanden anrufen. Ständig habe ich Hubschrauber am Himmel gesehen, die nach mir suchten, habe laut geschrien, aber niemand hat mich gehört. Irgendwann war meine Stimme weg und ich konnte nicht mehr rufen.

VN: Welche Gedanken hatten Sie während der sechs Tage des Wartens auf Rettung?
Straub: Ich habe gedacht, dass ich unbedingt überleben will, ans Aufgeben habe ich nie gedacht. Die ganze Zeit habe ich gehofft, dass man mich finden wird. Während der sechs Tage bin ich immer wieder bewusstlos geworden und kann mich zum Beispiel an eine Nacht gar nicht erinnern, da habe ich einen absoluten Filmriss.

VN: Haben Sie versucht, sich zu bewegen und sich selbst aus der Gefahr zu befreien?
Straub: Ja, aber das ging nicht, weil ich zu schwer verletzt war, mein Bein war gebrochen. Ich konnte nur ein kleines Stück ins Freigelände kriechen und habe mich unter eine Fichte gelegt, um Schutz zu suchen vor der Witterung. Ich war sehr schwach, weil ich die ganzen sechs Tage nichts getrunken habe. Der Proviant war in meinem Rucksack und der ist beim Sturz verloren gegangen, er lag 100 Meter über mir.

VN: Wie haben Sie den Moment der Rettung erlebt?
Straub: Das war ein glücklicher Zufall, ich hatte gerade wieder etwas Stimme und habe laut gerufen. Rettungskräfte in der Nähe haben mich gehört, darunter mein Vater, der bei der Suche dabei war.

VN: Wie geht es jetzt privat für sie weiter?
Straub: Meine Arbeit als Hausmeister in einer Schule möchte ich gerne wieder aufnehmen. Zur Zeit sind zwei Kollegen für mich eingesprungen. Am linken Bein bekomme ich eine Prothese, weil der Unterschenkel amputiert wurde, aber mit der Prothese werde ich gut laufen können und bald wieder richtig fit sein. Ich bin froh, dass ich überlebt habe.

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