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Wirbel in Bregenz: NEOS orten Postenschacher, SPÖ schießt scharf gegen ÖVP

Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
Nach dem VOL.AT-Bericht über die Postenvergabe der Musikschulleitung gehen die Wogen hoch. Dr. Annette Fritsch (SPÖ Bregenz) ortet eine Schmutzkübelkampagne der ÖVP. Die Bregenzer NEOS kritisieren die Bestellung.
Neubesetzung in der Musikschule Bregenz

Die Bregenzer Stadtpolitik kommt weiter nicht zur Ruhe. Der "Bürgermeister für alle" Michael Ritsch spürt rauen Gegenwind von allen Seiten. Sein politischer Slogan "Gemeinsam für Bregenz" verkommt immer mehr zur Randnotiz, hagelt es doch nach der Bestellung von MMag. Bettina Wechselberger, Partnerin von Ritsch-Freund und Parteikollege Reinhold Einwallner, Kritik aus allen Lagern.

Vonseiten der SPÖ Bregenz sah man sich deswegen zu einer scharfen Wortmeldung veranlasst, Fraktionsvorsitzende Dr. Annette Fritsch fand deutliche Worte in Richtung ÖVP. Hier die Aussendung im Wortlaut:

"ÖVP Lügenkonstrukt wird immer absurder!"

ÖVP-Marte und ihre Hetzkampagne gegen den Bürgermeister

Was über die Methoden der türkisen ÖVP in der Bundespolitik, nicht erst seit dem TV-Beitrag von Jan Böhmermann, immer offensichtlicher wird, scheint nun auch in der Bregenzer Stadtpolitik angekommen zu sein. Vergangene Woche entgleiste die ÖVP-Stadträtin Veronika Marte bei einem Redebeitrag auf der Stadtvertretungssitzung komplett und plauderte minutenlang ungeniert über persönliche Details von Mitarbeiter/-innen der Landeshauptstadt Bregenz und erzählt wissentlich die Unwahrheit über vertrauliche Gespräche mit Bürgermeister Michael Ritsch.

Nun lässt die ÖVP-Chefin erneut in den Medien aufhorchen. Wieder sind es die Mitarbeiter/-innen der Stadt, die sie zum Thema macht. So behauptet Marte nun, die Bestellung der neuen Musikschuldirektorin wäre ein parteipolitischer Akt gewesen, den Bürgermeister Ritsch im Alleingang durchgesetzt hätte. Und das, obwohl der ÖVP-Stadtrat Michael Rauth im Bewerbungsgremium selbst dabei war und laut eigener Aussage der Anstellung der neuen Musikschuldirektorin aufgrund ihrer hohen Qualifikationen zugestimmt hat.

"Veronika Marte und die ÖVP verstricken sich mit ihrer Hetzkampagne gegen den Bürgermeister in peinliche Widersprüche. Ein Lügenkonstrukt, das immer absurder wird. Dass solche Methoden, die gerade den Mitarbeiter/-innen der Verwaltung gegenüber, respektlos und ungerecht sind, nun auch in der Stadtpolitik angelangt sind, überrascht mich tatsächlich wenig. Marte ist doch eine enge Vertraute von Kurz, gegen den gerade jetzt eben wegen Falschaussage ermittelt wird. Sechs Monate nach dem Amtsantritt von Bürgermeister Michael Ritsch hat die ÖVP also offenbar noch immer nicht ihre Wahlniederlage überwunden. Würde sie auch nur halb so viel Energie in die Arbeit für Bregenz stecken, wie sie sie in ihre Schmutzkübelkampagne steckt, könnten sie endlich damit beginnen, sich gemeinsam mit uns um die echten Probleme der Bregenzer/-innen und Bregenzer zu kümmern", findet die Fraktionsvorsitzende des Team Bregenz, Annette Fritsch, klare Worte.

Stadt Bregenz kontert mit
eigener Gegendarstellung

Auch die Kommunikationsabteilung der Landeshauptstadt sah sich zu folgender Gegendarstellung veranlasst:

Angesichts der Medienberichterstattung über die Bestellung der neuen Musikschulleiterin MMag. Bettina Wechselberger stellt die Landeshauptstadt Bregenz die in der Öffentlichkeit erfolgten Darstellungen wie folgt richtig und betont ausdrücklich, dass das Auswahlverfahren den Förderrichtlinien des Landes Vorarlberg in den Statuten des Vorarlberger Musikschulwerkes entspricht.

Für die Neubesetzung gab es eine Ausschreibung mit 18 Bewerbungen. Fünf Personen kamen in die engere Wahl. Mit ihnen erfolgten entsprechende Hearings. Die Kommission bestand aus Bürgermeister Michael Ritsch, MBA, Stadtrat Mag. Michael Rauth, Mag. Judith Reichart (Abteilungsleitung Kulturservice und Veranstaltungen), Prof. Peter Heiler (bisherige Leitung Musikschule), Mag. Michael Seywald (Pädagogischer Direktor des Musikum Salzburg und Landesmusikdirektor von Salzburg) sowie Doris Pfeiffer (Abteilungsleitung Personalservice und Digitalisierung).

MMag. Bettina Wechselberger kam aufgrund ihrer unbestrittenen fachlichen Qualifikation in die engere Auswahl der fünf besten Kandidatinnen und Kandidaten. Von den beiden schulinternen Bewerbungen sah man nach Abwägung aller Für und Wider bereits in der ersten Runde einstimmig ab. Der einstimmig erstgereihte Bewerber schied jedoch nachträglich aufgrund des Fehlens notwendiger formeller Voraussetzungen, die für eine statutenkonforme Anstellung erforderlich sind, aus. Der Nachweis eines akademisch-pädagogischen Abschlusses konnte von ihm nicht erbracht werden.

Somit gab es letztlich zwei Zweitplatzierte ex aequo. In dieser Situation traf Bürgermeister Michael Ritsch im oben genannten Gremium die Entscheidung für die weibliche Bewerberin.

Neos orten Postenschacher

Auf wenig Gegenliebe stößt das politische Tauziehen bei den Bregenzer Neos, die ebenfalls auf die von VOL.AT ins Rollen gebrachte Kritik an der Postenbesetzung reagieren. In einer Presseaussendung schießen sie sich ebenfalls auf den SPÖ-Bürgermeister ein:

"Die unaufhaltsame Postenschacherei in Bregenz muss aufhören"

Verwundert reagiert NEOS plus Stadtvertreter Alexander Moosbrugger auf den VOL.AT-Bericht zur Besetzung in der Musikschule. "Beim monatlichen Jour-Fixe mit dem Bürgermeister hat Michael Ritsch uns NEOS Stadtvertretern gänzlich andere Informationen mitgeteilt, wie jetzt in den Medien berichtet werden. Diese haarsträubende Postenschacherei muss aufhören! Seit dem Amtsantritt von Michael Ritsch gab es bei neun obersten Führungsfunktionen der Landeshauptstadt sechs Neubesetzungen! Auch unter den Mitarbeiter:innen aus den weiteren Reihen herrscht eine nie dagewesene Fluktuation. Dieser ‚Braindrain‘ des Humankapitals muss ein Ende haben. Diese sogenannte Strukturreform hat keinen Mehrwert für die Bürger:innen, die diese Abgänge am Ende teuer bezahlen", ärgert sich Moosbrugger.

Alexander Moosbrugger, Neos Bregenz.

"Oberflächliche, langatmige Parolen und eine SPÖ-Postenschacher-Strukturreform, die diesen Namen nicht verdient", fasst Moosbrugger die letzten Monate zusammen. "Es wurden Organigramme hin und hergeschoben, neue Abteilungen geschaffen und Führungskräfte mit immensen Ablösesummen verabschiedet. Mit einer service-orientierten Strukturreform hat das alles nichts zu tun. Es werden SPÖ-nahe Freunde und Vertraute von Weggefährten des Bürgermeisters auf neue Posten gehievt, anstatt sich um die wirklich wichtigen Themen zu kümmern. So zum Beispiel die massiven Schulden, welche auf Bregenz aufgrund der Corona-Situation zukommen. Oder das Jahrhundertprojekt 'Bregenz Mitte', das keinerlei Führung vonseiten der Stadt oder des Bürgermeisters hat. Wir NEOS wollen, dass die Bregenzer Stadtpolitik endlich von den oberflächlichen Parolen und inhaltsleeren Aussagen wegkommt. Die Politik des Bürgermeisters Ritsch beschäftigt sich leider hauptsächlich mit dem Glattbügeln der regelmäßigen Skandale in Bregenz", ärgert sich der NEOS Stadtmandatar.

Nächster Skandal: "Video-Löschung"

Auch die Löschung des Livestreams der Stadtvertretungssitzung vom vergangenen Donnerstag wird laut Moosbrugger rechtlich überprüft. "Wir werden gegen diese Löschung natürlich vorgehen und diese rechtlich prüfen lassen. Wenn ein mit Kritik konfrontierter Bürgermeister nach Belieben Videos der Stadtvertretung löscht, haben wir ein ernsthaftes Problem. Das schadet dem Ruf und dem Ansehen der Bregenzer Stadtpolitik immens! Die vorgeschobenen, rechtlichen Probleme wurden vonseiten der VP Bregenz bereits verneint, daher sehen wir NEOS keinen Grund, das Video der letzten Stadtvertretungssitzung nicht online zu stellen. Wenn Ritsch sich als Bürgermeister ständig mit dem Wort 'Transparenz' schmückt, kann er nicht einfach im nächsten Atemzug Zensur ausüben. Wir NEOS geben jederzeit gerne Nachhilfe bei wirklich gelebter Transparenz", so Moosbrugger abschließend.

"Rauer Wind wird langsam zum Orkan" – Kurzkommentar

"Beim Dienstantritt nach seinem Wahlsieg über Langzeit-Bürgermeister Markus Linhart war klar, dass es Bürgermeister Michael Ritsch auch aufgrund der fehlenden Mehrheiten nicht einfach haben würde. Sein Slogan 'Du & Ich für Bregenz' hat angesichts der in der Kritik stehenden Personalentscheidungen einen schalen Beigeschmack erhalten. Der fabrikneue Bodenseedampfer MS Ritsch hat Schlagseite, der Wellengang wird härter. Noch hat der Bregenzer Stadtkapitän aber genügend Zeit, dass Ruder herumzureißen und den Kurs zu bestimmmen.

Michael Ritsch trat bei einer lauen Sommerbrise an, ein rauer Wind schlug ihm dann entgegen. Inzwischen muss der SPÖ-Bürgermeister angesichts der vielen Pläne, die er in seiner Amtszeit verwirklichen möchte, aufpassen, dass sich dieser Wind nicht zum Orkan entwickelt."

Joachim Mangard, VOL.AT

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