Die Telefone bei 1450 laufen dieser Tage auf Hochtouren. Vor der Corona-Krise war die Hotline vielen Österreichern nicht einmal bekannt, sie kümmert sich um medizinische Fragen besorgter Bürger und alarmiert im Ernstfall die Rettung. Seit einigen Wochen beschäftigen sich die Mitarbeiter nun auch mit Fragen in Bezug auf das Coronavirus – glaubt man ein Verdachtsfall zu sein, sollte man sich bei 1450 melden. Während im Tagesgeschäft die Ressourcen schon am Limit angelangt waren, zeigen sich nun in der Krise zahlreiche Probleme. Von Seiten einer medizinischen Fachkraft wurden die Schwierigkeiten thematisiert.
Fehlende Kommunikation als Grundproblem
Eines der Grundprobleme ist die fehlende Kommunikation. Dies zieht sich durch zahlreiche Bereiche, beginnend bei fehlenden Updates. So wurden die Mitarbeiter etwa nicht über gesperrte Gebiete informiert. Dies wäre jedoch wichtig – Anrufer aus Wien, die erst vor kurzem einen Urlaub in Tirol gemacht haben, wollten schließlich wissen, wie sie sich nun verhalten sollen. Doch bei 1450 hat darauf auch niemand die Antwort, auch sie hatten nur die Informationen aus den Medien.
Dieser mangelnde Informationsfluss ist nicht nur „extrem frustrierend“, sondern 1450 verliere auch die Glaubwürdigkeit, so eine medizinische Fachkraft.
Neben dem Kommunikationsproblem mit den oberen Instanzen, ist dieses auch im Gespräch mit dem Ärztefunktdienst vorhanden. Oft scheitert es an der Bürokratie. Kinder ohne Sozialversicherungsnummer würden nicht angefahren werden, selbst bei einem Verdachtsfall komme der Ärztefunktdienst bis zu drei Tage lang nicht vorbei. Warum? Das ist für 1450 nicht ersichtlich.
Von Seiten des Ärztefunktdienst kann man die Vorwürfe nicht nachvollziehen. Sie werden als völliger Unsinn und Lüge bezeichnet. Laut Ärztefunktdienst werden alle Personen angefahren, auch jene ohne Sozialversicherung – das betreffe beispielsweise Flüchtlingskinder oder Obdachlose. Auch die Wartezeiten lassen sich von Seiten des Ärztefunktdienstes leicht erklären. Zwar wäre es möglich, alle Verdachtsfälle innerhalb eines halben Tages anzufahren, aufgenommene Proben könnten aber aufgrund der Test-Kapazitäten nicht so schnell durchführt werden. So würden viele Abstriche in der Zwischenzeit unbrauchbar werden. Kommunikationsproblem und Kritik an 1450 gäbe es auch von Seiten des Ärztefunkdienstes, diese wolle man aber insbesondere in der Krisenzeit nicht „medial ausrichten“.
1450: Probleme gab es schon früher
Die Probleme haben jedoch nicht erst mit dem Auftauchen des Coronavirus begonnen, es gab sie bereits früher. Denn auch bei der jährlichen Grippe-Saison wird am Limit gearbeitet und wenige Mitarbeiter müssen für ganz Wien erreichbar sein. Derzeit besteht das Stammpersonal aus 19 Schwestern und Pflegern, sowie einigen Medizinstudenten. Doch Krankenstände verhindern eine volle Besetzung. Ob die Mitarbeiter selbst am Coronavirus erkrankt sind, lässt sich nicht nachvollziehen. Sie fallen nicht unter die Coronavirus-Leitlinien.
Apropos Leitlinien: Diese ändern sich fast täglich. Während vergangene Woche noch ein über 65-Jähriger mit chronischer Erkrankung noch zur Risikogruppe gehörte, reicht das diese Woche schon lange nicht mehr. Mittlerweile sei das Personal aufgestockt worden, doch nicht immer handelt es sich dabei und medizinisches Fachpersonal. Und eine Aufstockung bringt nicht nur Gutes: „Eng-an-eng“ wird die Sitzposition beschrieben, von einem „Social Distancing“ könne nicht die Rede sein.
Auch um die Reinigung des Arbeitsbereichs ist es in Corona-Zeiten bei 1450 schlecht bestellt. Geputzt wird nur von Montag bis Freitag. Am Wochenende kann man sich zwar die Hände waschen, Papiertücher zum Abtrocknen gibt es jedoch keine mehr.
Kritik an FSW und VCC
Kurze Wartezeiten sind auch nicht selbstverständlich und üblich. „Wir führen viele Deeskalationsgespräche“, so heißt es bei den Mitarbeitern. Was verständlich sei, manche Personen würden sich stundenlang in der Warteschleife befinden. Teilweise wird den Mitarbeitern sogar mit dem Umbringen gedroht.
Doch wer ist schuld an dieser prekären Situation? Die Kritik geht einerseits an den Fond Sozialen Wiens und an Vienna Communications. 1450 ist bei Vienna Communications untergebracht, einem Call Center. Diese stellen keine bessere Reinigung zur Verfügung. Der Fond Soziales Wien lässt sich die Bedingungen gefallen – und ist somit Teil des Problems. „1450 gehört nicht in ein Call Center. Wir sind eine wichtige medizinische Einrichtung, wie man jetzt sieht“.
Von Seiten des FSW wird auch hier die Kritik zurückgewiesen. Beim FSW habe man nach dem Ausbruch der Corona-Krise versucht, so schnell wie möglich Strukturen zu erweitern und Personal aufzubauen. Dennoch konnten Wartezeiten am Anfang nicht vermieden werden, die Anzahl der Anrufe waren um das 70-fache gestiegen. Am 24. März hätten es jedoch nur mehr 27 Sekunden gedauert, bis ein Anruf entgegengenommen werden konnte. Die Abwicklung eines Verdachtsfalls dauerte im Durchschnitt 18 Minuten. Außerdem wurde am 19. März ein zweiter Standort in Betrieb genommen, um den Mitarbeitern mehr Platz und Räume zu bieten. Auch der Reinigungsdienst sei verbessert worden, so die Auskunft von Vienna Communications an den FSW.
Ausgelaugte Mitarbeiter mit ständiger Angst konfrontiert
„Wir sind ausgelaugt, absolut ausgelaugt“ – so wird die Situation der medizinischen Fachkräfte bei 1450 beschrieben. Das Stresslevel ist extrem, die Rahmenbedingungen schlecht und: „Wir haben acht Stunden die Angst der Menschen im Ohr“. Letztendlich zeige die aktuelle Situation aber nur, wie schlecht es um 1450 eigentlich wirklich steht.
(Red)
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