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"Wir brauchen Medizinstudenten, die dann auch als Ärzte arbeiten"

Siebt der Eignungstest für das Medizinstudium falsch aus? An die 40 Prozent der Absolventen ergreifen später nicht den Arztberuf.
Interview mit Ärztekammerpräsident

Im Juli 2015 haben sich 11.400 junge Menschen dem Aufnahmeverfahren zum Medizinstudium an einer der vier öffentlichen Medizinuniversitäten in Österreich gestellt. Nur 1560 haben einen Studienplatz erhalten. 9840 wurden abgewiesen.

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Maximilian Moosmann ist einer davon. Der zwanzigjährige Dornbirner stammt aus einer Medizinerfamilie, aber „ausschlaggebend für meinen Studienwunsch war mein Zivildienst beim roten Kreuz. Ich möchte als Arzt in der Unfallchirurgie oder in der Orthopädie arbeiten“.

Von der Ärzteschwemme zum Ärztemangel

Längst nicht alle Medizinstudenten arbeiten nach ihrem Studium als Ärzte. Die Anzahl der Absolventen, die entweder nie in den Beruf einsteigen oder kurz danach wieder aussteigen steigt von Jahrgang zu Jahrgang. „Heute arbeiten 37 Prozent der Absolventen des Medizinstudiums nicht mehr als Ärzte in Österreich“, sagt Ärztekammerpräsident Michael Jonas. „Vor zehn Jahren betrug die Drop-Out-Quote 17 Prozent.“

Absolventen gehen ins Ausland oder arbeiten als Wissenschafter

Von den Absolventen geht über ein Drittel ins Ausland, zunehmend werden wissenschaftliche Karrieren eingeschlagen, für Hausarztstellen besteht kaum mehr Interesse. Aber gerade Hausärzte und eben solche Ärzte, die in direkten Kontakt den Menschen helfen, werden in Zukunft dringend benötigt werden. Das European Health Forum beziffert die Zahl der fehlenden Ärzte im Jahr 2020 in Europa mit 230.000. Es dürfte immer schwerer werden, Ärzte von außerhalb zu finden, die sich in Vorarlberg niederlassen.

Hunderte junge motivierte Vorarlberger und Vorarlbergerinnen wollen Medizin studieren, doch nur ein relativ geringer Prozentsatz von ihnen schafft pro Jahr die Zulassung zum Medizinstudium.

Laut Ärztekammer-Präsident Michael Jonas sollte der Eignungstest für das Medizinstudium hinterfragt werden. Derzeit liegt der Fokus auf naturwissenschaftlichem Wissen und Abstraktionsvermögen. „Sozialkompetenz kann im Multiple-Choice-Test nicht in Erfahrung gebracht werden“, konstatiert Jonas. In Fachkreisen ist man davon überzeugt, dass gerade die menschliche Komponente den Unterschied macht, ob ein Arzt sich in der Praxis seinen Patienten zuwendet oder die Arbeit als Wissenschafter vorzieht.

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arzt ©Michael Jonas, Präsident der Vorarlberger Ärztekammer

Maximilian Moosmann erzählt vom Test: „Es gibt zwei Teile. Am Vormittag wird Grundwissen in Physik, Chemie, Mathematik und Biologie abgefragt. Man braucht seine volle Energie für die mehr als 100 Fragen. Es ist sehr nervenzehrend.“ Am Nachmittag folgt dann ein kognitiver Test, bei dem räumliches Vorstellungsvermögen getestet wird und aus „Wortkudelmudel“ sinnvolle Paare gebildet werden müssen.

Forderung: Statt Eignungstest mehr Praxis

Ärztekammer-Präsident Jonas fordert statt dem Eignungstest mehr Praxis in der Studieneingangsphase. „So sehen die jungen Menschen, ob die Arbeit im Krankenhaus etwas für sie ist”, sagt Jonas. Außerdem soll die Zahl der Medizinstudienplätze erhöht werden. „Selbst wenn alle Vorarlberger Medizinstudenten später in Vorarlberg als Ärzte zu arbeiten beginnen, steht ihnen eine höhere Zahl an Ärzten, die in Pension gehen, gegenüber.“

Maximilian Moosmann bereitet sich derzeit am ifs Innsbruck in einem zweisemestrigen Kurs auf den Eignungstest vor: „Ein Freund von mir hat das auch gemacht, und es dann geschafft“. Im kommenden Juli wird er gut gewappnet den Eignungstest für das Medizinstudium antreten.

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