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Wiener ThinkTank: Illegale Migration bleibt 2020 gleich

Ex-Vizekanzler Spindelegger ist Direktor des ThinkTanks ICMPD.
Ex-Vizekanzler Spindelegger ist Direktor des ThinkTanks ICMPD. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Der Wiener ThinkTank ICMPD rechnet mit einer gleichbleibenden Migrationbewegung in diesem Jahr. Die Experten rechnen mit einer ähnlich hohen Anzahl von illegalen Grenzübertritten und einen leichten Anstieg an Asylanträgen.

Das Thema Migration wird auch im neuen Jahr eines der Top-Themen für die EU und ihre Mitgliedsstaaten sein. Der Wiener ThinkTank "International Centre for Migration Policy Development" (ICMPD) erwartet für 2020 eine gleichbleibend hohe Zahl von illegalen Grenzübertritten und einen leichten Anstieg der Asylantragszahlen, wie Direktor Michael Spindelegger am Freitag mitteilte.

Mehr Asylanträge aus Südamerika

Die Hotspots sind aus Sicht des ICMPD der Iran, Libyen sowie Venezuela und Kolumbien. Vor allem die Zahl der Asylanträge aus den beiden südamerikanischen Ländern sei im vergangenen Jahr "massiv" angestiegen und würden "fast schon die Größenordnung wie Fluchtbewegung aus Afghanistan nach Europa" erreichen, sagte Spindelegger vor Journalisten. Venezolaner und Kolumbianer können derzeit visafrei nach Spanien einreisen, viele stellen danach einen Antrag auf Asyl. Derzeit bleibe ein Großteil dieser Asylsuchenden noch in Spanien, sobald aber dort die Möglichkeiten etwa am Arbeitsmarkt "erschöpft sind, rechnen wir mit einer Weiterwanderung in den Rest von Europa", so der frühere ÖVP-Vizekanzler.

Angesichts der Unruhen im Iran und den Spannungen zwischen Teheran und Washington müsse auch die Situation dort "besonders im Auge behalten" werden. Fluchtbewegungen, vor allem von den drei Millionen im Iran ansässigen Afghanen über die Türkei Richtung Europa, seien wahrscheinlich.

Lagen in Libyen bleibe schwierig

Auch die Lage in Libyen bleibe schwierig, trotz der kürzlich im Rahmen der Berliner Libyen-Konferenz getroffenen Vereinbarungen für eine Friedenslösung. Denn "wenn Kampfhandlungen fortgesetzt werden und die gewählte, international anerkannte Regierung nicht weiter dafür sorgt, dass es sehr wenig Fluchtbewegungen nach Europa gibt, kann das natürlich die zentrale Mittelmeerroute wieder total beflügeln", warnte Spindelegger. Dann wären vor allem Italien und Malta in der EU wieder besonders betroffen.

Während 2019 über die zentrale Mittelmeerroute ein Rückgang bei den Ankünften von Geflüchteten zu verzeichnen war, kam es im östlichen Mittelmeer zu einem Anstieg von rund 46 Prozent im Vergleich zu 2018. Ein Großteil der Migranten, die insbesondere über die Türkei auf die griechischen Inseln in der Ostägäis kommen, stammt aus Afghanistan (40 Prozent) und Syrien (27 Prozent).

Spindelegger begrüßt neuen Asylpakt

Das Vorhaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, einen neuen EU-Migrations- und Asylpakt zu initiieren, begrüßte Spindelegger. Nach Ansicht des ICMPD braucht es zunächst aber eine "gemeinsame Vision für die nächsten fünf Jahre". In gewisser Weise müsse der gesamte Prozess "ein wenig auf den Kopf gestellt werden", schlug der Direktor der Denkfabrik vor. Anstatt erneut bei den umstrittenen Quoten zur Verteilung zu beginnen, sollten vorher die Ziele der seit Jahren geplanten gemeinsamen Asylpolitik erarbeitet werden.

Zudem müsse die Rückkehrpolitik "auf neue Beine gestellt" werden, wobei die Rücknahmeabkommen mit Herkunftsländern an sogenannte Migrationspartnerschaften geknüpft werden sollten, forderte das Zentrum, dem derzeit 17 Staaten angehören. In diesem Zusammenhang spiele auch die Schaffung legaler Migrationswege eine bedeutende Rolle. Erklärt sich das Herkunftsland bereit, abgelehnte Asylwerber zurückzunehmen, könnte im Gegenzug anderen Migranten ermöglicht werden, legal - etwa für Studium oder Arbeit - ins Land zu kommen. Entscheidend sei die Verbesserung der Zusammenarbeit und Unterstützung von Herkunfts- und Transitländern, betonte Spindelegger.

Für Asylprüfung an den EU-Außengrenzen

Den Vorschlag des deutschen Innenministers Horst Seehofer zur Asylprüfung bereits an den EU-Außengrenzen begrüßte Spindelegger als "sehr diskussionswürdig". Vor allem würde dies die Prozesse beschleunigen, was angesichts der oft langen Verfahrensdauer wünschenswert sei. Jene Migranten, die gute Chancen auf Asyl haben, sollten nach Vorstellung des ICMPD auf EU-Staaten aufgeteilt werden, die sich freiwillig zur Aufnahme bereiterklären.

(APA/red)

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