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"Wien ist einfach leiwand": Britischer Botschafter geht in Pension

Der britische Botschafter Leigh Turner (63) geht in Pension und bleibt vorerst in Wien.
Der britische Botschafter Leigh Turner (63) geht in Pension und bleibt vorerst in Wien. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Der Brite Leigh Turner, der seit 2016 Botschafter in Wien ist, geht in Pension. Mit den Worten "Servus, ich bin Leigh" stellte sich Turner bei seinem Amtsantritt vor. Der 63-Jährige möchte vorerst in Wien bleiben.
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Leigh Turner gilt als außergewöhnlicher Botschafter: Schon der Einstand des nunmehr scheidenden britischen Diplomaten, der auch als Schriftsteller tätig ist, war von einem ungewöhnlichen Online-Auftritt begleitet. In dem Video "Servus, ich bin Leigh" stellte sich Turner im September 2016 als neuer Botschafter des Vereinigten Königreichs in Österreich und Ständiger Vertreter seines Landes bei den internationalen Organisationen in Wien vor.

Turner zeigte kein Scheu vor Dialekten

Dabei zeigte er auch keine Scheu vor österreichischen Dialekten, wie schon die Begrüßung zeigte: "Guten Tag, hallo, servus, und griaß enk mitanand", sagte er da. Später kommentierte er in einem Blog, dass er in dem Video "einige Wörter in verschiedenen österreichischen Dialekten" massakriere.

Sprachen liegen dem Botschafter

Sprachen liegen dem unter anderem fließend Deutsch sprechenden Briten, der in Nigeria, England, Lesotho und Swaziland aufgewachsen ist und in Cambridge studiert hat, am Herzen. Die Kenntnis der Sprache verändere das Verständnis für ein Land, unterstreicht Turner in einer seiner "Diplomatischen Lehren", die auf der Homepage des britischen Außenministeriums (FCO) nachzulesen sind. Und: "Der Austausch in anderen Sprachen als Englisch gehört zu den Erfahrungen, die mich in den letzten 40 Jahren am tiefsten beeindruckt haben."

Deutschkenntnisse verhalfen zu diplomatischen Posten in Wien

In dem Eintrag beschreibt er auch, wie ihm seine Deutschkenntnisse in den 1980er-Jahren zu seinem ersten diplomatischen Posten in Wien verholfen haben. "Einer meiner Gründe, dem Foreign Office beizutreten, war die Vorstellung, mit einem Jeep - wie in der damaligen kitschigen Zigarettenwerbung - durch wildes Terrain irgendwo in Südamerika oder Afrika zu fahren. An Wien dachte ich eher weniger." Sein Deutsch habe ihm später aber auch geholfen, seine jetzige Stelle in Wien zu bekommen. Dazwischen war Turner unter anderem an den britischen Vertretungen in Moskau und Berlin tätig. Von 2008 bis 2012 war er Botschafter in Kiew, danach bis zu seiner Rückkehr nach Wien Generalkonsul in Istanbul.

Ab 2016 Brexit als bestimmendes Thema

Am 23. Juni 2016 stimmte eine Mehrheit im Vereinigten Königreich für den Austritt aus der Europäischen Union - zwei Monate später trat Turner sein Amt als Botschafter in Österreich an. Das Thema Brexit sollte in den darauffolgenden Jahren für seine Tätigkeit bestimmend sein. Bei vielen Gelegenheiten, als Teilnehmer an Podiumsdiskussionen ebenso wie in Interviews, vermittelte und erläuterte er die Positionen Londons - von den Nachwehen des Referendums über den schwierigen Austrittsprozess bis hin zum Schlusspunkt der Mitgliedschaft seines Landes in der EU.

Turner zeigte sich bei Brexit optimistisch

In Gesprächen mit der APA zeigte er sich stets optimistisch zum bilateralen Verhältnis zwischen Großbritannien und Österreich auch nach dem Brexit. "Es gibt so viel, was wir gemeinsam haben, dass ich zuversichtlich bin, dass unsere Beziehungen weiter gut sein werden", betonte er Ende Jänner 2020, am Tag vor dem britischen EU-Austritt.

Botschafter von Wildschein verfolgt

Schlagzeilen machte der Botschafter freilich auch in einem ganz anderen Zusammenhang, und zwar sowohl in Österreich als auch in seinem Heimatland: Mitte Mai 2017 wurde er im Lainzer Tiergarten von einem Wildschwein verfolgt und rettete sich auf einen Stapel von Baumstämmen. In einem launigen Blogbeitrag mit dem Titel: "Eine Begegnung mit einem Wiener Wildschwein" beschreibt er, wie er sich beim Wandern plötzlich näher bei einer Gruppe der Tiere wiederfand, "als weder ich noch sie sich das gewünscht hätten", und dann "ein riesiges Wildschwein mit gesenktem Kopf" auf sich zustürmen sah. "Ich hatte keine Erfahrung mit Wildschweinattacken und rannte daher einfach los." Beim Versuch, auf die Baumstämme zu klettern, rutschte er aus. Aber: "Alle meine kleinen Verletzungen waren selbst zugefügt - das Wildschwein hat mich nicht erwischt."

63-Jähriger geht in Pension und bleibt in Wien

Ende dieser Woche tritt der 63-Jährige als Botschafter in den Ruhestand. Er sei "mit einer außerordentlich abwechslungsreichen und herausfordernden Karriere gesegnet" gewesen, schreibt er selbst in seinen "Diplomatischen Lehren". Und: "Ich habe (noch) nicht vor, meine Karriere an den Nagel zu hängen; lieber möchte ich meinen Hut in einen neuen Ring werfen und meiner schriftstellerischen Arbeit nachgehen." Vorerst bleibt Turner in Wien. Schon in seinem Begrüßungsvideo vor fünf Jahren hatte er festgehalten: "Wien ist einfach leiwand."

(APA/Red)

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