Insgesamt gehören also 134 der 183 Nationalrats-Abgeordneten den beiden Regierungsparteien an. Das sind weit mehr als die für die Zwei-Drittel-Mehrheit nötigen 122 Mandate.
Damit kann die neue Regierung wieder Verfassungsgesetze beschließen – und somit Gesetze weitgehend der Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) entziehen. Denn die Aufhebung eines Verfassungsgesetzes ist nur in Ausnahmefällen möglich, nämlich nur dann, wenn der VfGH die Baugesetze der Bundesverfassung – das demokratische, das bundesstaatliche oder das rechtsstaatliche Prinzip – verletzt sieht.
In Österreich können Gesetzesbeschlüsse auch außerhalb des Bundes-Verfassungsgesetzes Verfassungsrang haben. Rund 1.200 solcher Verfassungsbestimmungen gibt es in Staatsverträgen und einfachen Gesetzen. Die deshalb von vielen verlangte Bereinigung der Verfassung war auch wichtiges Thema im Österreich-Konvent, rund 1.000 Verfassungsbestimmungen wurden dort als streichbar angesehen. In einem wichtigen Bereich, bei den Schulgesetzen, wurde im Jahr 2005 das Zwei-Drittel-Erfordernis per Nationalrats-Beschluss grundsätzlich abgeschafft.
Beschlossen werden konnten die zahlreichen Verfassungsbestimmungen in den langen Jahren der großen Koalition in Österreich. Denn die bisher mehr als 32 Jahre in der Zweiten Republik regierende SPÖ-ÖVP-Koalition stützte sich fast die ganze Zeit über auf eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Nur 1994 verlor sie diese vorübergehend, bis zur vorgezogenen Neuwahl 1995.
Die anderen Regierungen – ÖVP-Alleinregierung, SPÖ-Alleinregierung, SPÖ-FPÖ-Koalition und zuletzt die ÖVP-FPÖ/BZÖ-Koalition – hatten niemals genug Abgeordnete im Nationalrat, um ohne Mitwirkung der Opposition Verfassungsgesetze oder -bestimmungen beschließen oder ändern zu können.
Das Kräfteverhältnis innerhalb der neu aufgelegten großen Koalition ist anders gestaltet als es während der langen SP-VP-Regierungs-Ära von 1987 bis 2000 der Fall war. Denn SPÖ und ÖVP liegen mit nur knapp einem Prozentpunkt Abstand sehr knapp beieinander. Nur in den 50-er Jahren hatte es eine ähnliche Situation gegeben, als bei den Wahlen 1953 und 1959 die ÖVP zwar im Stimmenanteil knapp hinter der SPÖ lag, dank des damaligen Wahlrechts aber jeweils ein Mandat mehr bekam.
Die Zahl der Mandate im Nationalrat betrug bis 1970 165. Eine absolute Mehrheit war mit 83 Mandaten, die Verfassungsmehrheit mit 110 Mandaten gegeben. Mit der Wahlrechtsreform 1971 wurde die Mandatszahl auf 183 angehoben. Seither liegt die absolute Mehrheit bei 92, die Zwei-Drittel-Mehrheit bei 122.
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